Ehrungsurkunde und Medaille in der Dauerausstellung
Dass Hertha und ihre Tochter Käthedore Olbertz die Judenverfolgung überlebten, verdanken sie sechs Kölnern. Gottfried und Ludwig Bongers, Käthe und Paul Bongers und Bertram und Anni Schallenberg. Trotz Bombenangriffen und drohenden Hausdurchsuchungen von NS-Leuten nahmen die Kölner das Risiko auf sich und versteckten die beiden Frauen in ihrem Haus. Posthum sind die Lebensretter Anfang Oktober von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet worden. Anni und Bertram Schallenbergs Tochter  hat die Ehrungsurkunde und Medaille bei einer Feier in der israelischen Botschaft in Berlin entgegengenommen und stellt sie nun dem NS-Dokumentationszentrum in Köln dauerhaft zur Verfügung. Sie sollen in der Dauerausstellung dort gezeigt werden.

Deportations-Sammellager Fort V in Müngersdorf entgangen
Hertha Olbertz führte mit ihrem Mann eine so genannte Mischehe. 1944 weigerte sich ihr Mann, sich von der Jüdin scheiden zu lassen und wurde daraufhin an den Westwall zwangsversetzt. Sie selbst erheilt die Anweisung, sich im Deportations-Sammellager Fort V in Müngersdorf zu melden, wovon ihr Nachbar Gottfried Bongers abriet. Wusste er doch, dass Juden von dort aus entweder in Konzentrationslager deportiert wurden oder als Zwangsarbeiter arbeiten mussten. Bongers Sohn Ludwig entschied sich dann, die Olbertz-Frauen in seinem Haus in Ehrenfeld zu verstecken.

Olbertz galten als entfernte Verwandte
Da Ludwig war als Mitglied einer Widerstandsgruppe von Hausdurchsuchungen gefährdet. Es folgte eine riskante Flucht in die Nähe des ehemaligen Wohnhauses der Olbertz und von dort aus Schallenbergs Haus in Köln-Brück. „Hertha und Käthedore wurden mir als entfernte Verwandte vorgestellt“, erinnert sich Marlene Dücker, die damals zehn Jahre alt war. Erst nach ihrem Abitur, Ende der 50er Jahre arbeitete die damals junge Frau die Geschichte in Gesprächen mit Eltern und Großeltern auf.

Bei Hausdurchsuchung fast aufgeflogen
Die 1934 Geborene erinnert sich auch an brenzlige Situationen, in der Zeit, in der die Olbertz bei ihren Eltern und den vier Geschwistern versteckt lebten. „Mein Vater war als Ingenieur dauernd unterwegs. Als in der letzten Kriegsphase ein so genannter Gestellungsbefehl für ein eintraf, wodurch er zum Einsatz an der Front verpflichtet wurde, hat ihn meine Mutter einfach unterschlagen. Deshalb kamen NS-Leute zu uns, die ihn suchten.“ Als dann die NS-Leute auch noch das Radiogerät einschalteten, lief zum Schrecken aller der „Feindsender“ BBC. Blitzschnell reagierte ihre Mutter und sagte dann: „Was weiß ich denn, welches Kind am Radio rumgespielt hat.“ In der Zwischenzeit konnte der gewarnte Vater fliehen. Indes fiel die Aufmerksamkeit der NS-Leute auf Hertha Olbertz.“ Das ist eine Verwandte, deren Haus ausgebombt wurde“, erklärte die Mutter und damit gaben sich die NS-Leute glücklicherweise zufrieden. „Meine Großeltern und meine Großeltern wären meiner Ansicht nach sehr erstaunt über diese Ehrung. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, in Kriegszeiten, wo der Tod allgegenwärtig war, leben zu retten.“

„Das zeigt, dass die Verfolgungsmaschinerie nicht zwangsweise ablief, sondern, dass auch etwas hätte dagegen getan werden können“
Nach Kriegsende gelang es der Familie Olbertz nach Braunschweig zu gelangen. „Von da an verlieren sich ihre Spuren“, sagt Manfred Struck von der Projektgruppe „Rettung verfolgter Juden und Jüdinnen 1933-1945“ der Regionalgruppe Mittelrhein des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie.“ Die Gruppe recherchierte seit ihrer Gründung 1993, 17 gerettete Juden in Köln. In 96 Fällen ist die Beweislage noch unklar. Teilweise gibt es nur mündliche Schilderungen über die Rettung. Auf der andern Seite wurden 7.134 Juden aus Köln deportiert. Das Zentrum für Antisemitismusforschung schätzt, dass sich im gesamten Deutschen Reich bis zu 18.000 Juden vor der Nazi-Verfolgung verstecken konnten. Wenn auch nicht immer mit Hilfe von deutschen Nachbarn. „Das zeigt, dass die Verfolgungsmaschinerie nicht zwangsweise ablief, sondern, dass auch etwas hätte dagegen getan werden können“, meint Dr. Werner Jung, Leiter des NS Dokumentationszentrums.

Infobox:
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (EL-DE-Haus)
Appellhofplatz 23-25, 50667 Köln
Haltestelle: Appellhofplatz

Öffnungszeiten:
Di., Mi., Fr.: 10 – 16 Uhr
Do.: 10 – 18 Uhr
Sa., So. und an Feiertagen: 11 – 16 Uhr

Nadin Hüdaverdi für report-k.de/ Kölns Internetzeitung