"Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei", sagte Wulff in seiner Rede vor dem türkischen Parlament und spielte damit auf seine Einheitsrede an, in welcher er den Islam als Teil von Deutschland bezeichnet hatte. Die Christen in islamischen Ländern sollten laut Wulff die gleichen Rechte haben, ihren Glauben öffentlich zu leben und theologischen Nachwuchs auszubilden. Die Religionsfreiheit sei "Teil unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft", bestärkte Wulff. In der Türkei sind in den vergangenen Jahren mehrere Reformen zugunsten der Christen angegangen worden, die allerdings noch nicht komplett umgesetzt sind. Zudem gibt es Widerstände in der türkischen Bevölkerung gegen mehr Religionsfreiheit. Wulff, der sich besonders in Integrationsfragen engagiert, wies jedoch auch auf positive Entwicklungen hin: "Ich höre mit großer Begeisterung, dass in der Türkei Stimmen zu hören sind, die mehr Kirchen für Gottesdienste öffnen wollen. Zu dieser Entwicklung möchte ich Sie nachhaltig ermutigen." Der Bundespräsident, der sich seit Montag auf fünftägiger Türkei-Reise befindet, hat als erstes deutsches Staatsoberhaupt vor der türkischen Nationalversammlung gesprochen. Im Laufe der Woche ist noch die Teilnahme an einem ökumenischen Gottesdienst im südtürkischen Tarsus geplant.

Wullfs Rede stößt bei Muslimen in Deutschland auf Zustimmung
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat positiv auf die Rede von Bundespräsident Christian Wulff vor dem türkischen Parlament in Ankara reagiert. Wie die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (Mittwochausgabe) berichtet, lobte der Vorsitzende Aiman Mazyek die Worte Wulffs als "klug gewählt". Mazyek verglich die Integrationsdebatte in Deutschland mit der um religiöse Minderheiten in der Türkei: "Genau so, wie in der Türkei Christen von Ultra-Nationalisten als Gefahr für die Einheit des Landes betrachtet werden, sehen Rechte in Deutschland hinter jedem Muslim den Untergang des christlichen Abendlandes." Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, Haci Halil Uslucan, lobte, dass Wulff Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Türken betone, statt "unnötige Distanzen zwischen Mehrheit und Minderheit entstehen zu lassen".


[dts]