Köln | 38 Druckgrafiken zeigen im Wallraf-Richartz -Museum die Fabel von Amor und Psyche, wie man sie im 16 und 17 Jahrhundert sah. Psyche bildschön, darf Amor beim Liebesakt nicht ansehen, sie tut es doch, das Drama strebt dem Höhepunkt zu, sie ritzt sich an Amors Pfeil, damit sind beide füreinander bestimmt und selbst der Rat der Götter entscheidet für die Liebe. Psyche wird Göttin.

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So die Fabel im Schnelldurchgang erzählt. Wer die Ausstellung im Wallraf besucht, sollte sich einen Hauch mehr Zeit nehmen für die schwarz-weiß gestalteten Druckwerke. Nur eines ist koloriert. Denn die Ausstellung mit dem Blick aus der heutigen Zeit auf das antike Drama, das bis in die Psychoanalyse eines Freuds hineinwirkte, zeigt neben der Geschichte auch, welche Bilder sich in unseren Köpfen über Jahrhunderte festsetzen. Es ist das Bild einer jungen und zugleich nackten Frau mit idealer Darstellung von Körperlichkeit und dem kleinen Cupido Amor mit seinem Pfeil und Bogen.

Aber das ist nur die halbe Miete der Story. Es sind die für die damalige Zeit wahrscheinlich am stärksten aphrodisierend wirkenden Bilder. Manch einer mag auch Porno des 16. Jahrhunderts dazu sagen. Die Geschichte und das zeigt die Kölner Kabinettausstellung ganz trefflich ist aber deutlich länger und umfangreicher. Auch weit dramatischer. Die Story nimmt in den Metamorphosen des Apuleius am Ende des vierten Buches einen breiten Raum ein. Das Werk wurde etwa 170 n Christus verfasst. Die Geschichte fängt damit an, dass Psyche bildhübsch ist und ihr die Menschen huldigen. Venus, damals Göttin der Schönheit, ist erzürnt und schickt Sohn Armor zur Erde, die Schönere zu töten. Der aber verliebt sich prompt. Die Schönheit wird Psyche aber auch zur Falle, denn obwohl sie alle begehren findet sie keinen Mann. Das Orakel wird befragt die junge Frau soll auf dem Gipfel eines Berges ihrem Schicksal überlassen werden.

Sie wird von Windgott Zephir gerettet und in eine phantastische Landschaft gebracht, wo sie schläft. Psyche lebt fortan in einem Palast, es fehlt an nichts und Nachts kommt ein ihr unbekannter Liebhaber, den sie aber nur im Dunklen sehen darf. Psyche trifft ihre Schwestern, die ihr das Glück und die Schwangerschaft neiden. Sie spinnen eine Intrige, Psyche zündet eine Kerze nach dem Liebesspiel an und erkennt Amor. Sie ritzt sich an dessen Pfeil und damit wird ihr Bund geschlossen. Amor zürnt, Psyche begeht einen Selbstmordversuch. Der Naturgott Pan baut sie psychologisch auf und rät ihr an ihrer Begierde nach Amor festzuhalten. Psyche muss vier durch Juno auferlegte Prüfungen bestehen. Sie schafft es, der Rat der Götter tagt und Psyche und Amor dürfen heiraten.

Wie stark diese Geschichte die bildende Kunst bis heute inspiriert ist an den zahlreichen Arbeiten nur zu erahnen. Selbst Raffael war inspiriert und malte die römische Villa Farnesina mit Szenen aus.

Die Ausstellung im grafischen Kabinett des Wallraf-Richartz Museum ist vom 10. Juli bis 25. Oktober 2015 zu sehen. Zu der Ausstellung ist in der Reihe „Der Ungewisse Blick“ ein kleiner und sehr lesenswerter Katalog erschienen.

Autor: Andi Goral
Foto: Psyche entzündet ein Licht – verstößt gegen die Regeln und betrachtet ihren nächtlichen Liebhaber: Amor