Los ging es traditionell mit dem ganz jungen Nachwuchs. Eine Tanzgruppe, eine Rednerin und ein Redner. „Die Pänz us dem ahle Kölle“ machten den Anfang, eine Kindertanzgruppe die ein kluges Motto gewählt hat: „Wir sind Kinder und stellen Kinder dar“. Die Kostüme sind nostalgisch, die Tänze aber pfiffig und um moderne Tanzelemente angereichert, die Hebefiguren geschickt in die gelungene Choreografie integriert. Sehr gelungen ist dies beim Tanz mit dem Titel „Flotte Marie“. Da spürt man auch, dass die Kinder ganz besonders bei der Sache sind. Die Kinder sind zwischen 7 und 16 Jahren jung. Die Gruppe steht unter dem Vorsitz von Oliver Zingsheim.

Die 12 jährige Schülerin Inken Wirths, besucht das Ursulinengymnasium und verkörpert „Et Mariechen us Dellbröck“. Schon im zarten Alter von 8 Jahren stand sie auf der Bühne im Schulkarneval.

Neu in diesem Jahr war Stefan vom Bersch aus der Eifel dabei. Der punktete besonders mit dem Satz „Kennste ene kennste alle, sagt mein Papa“ und mischte damit den Saal auf. Locker, flockig erzählte der junge Mann von Rentnerinnen die im Rursee treiben, jungen Damen mit „Arschgeweih“, was die jungen Leute heutzutage alles für Ausdrücke kennen… Stefan vom Bersch ist 14 Jahre jung und stammt aus Simmerath/Rurberg. Im Jahr 2001 stand Stefan zum ersten Mal auf einer karnevalistischen Bühne.

Elke Breu – Kölscher Volksmusik Pop
Die Musik kam vom Band, aber Elke Breu versteht es eine perfekt auschoreografierte Bühnenshow zu inszenieren. Dazu nutzt sie den gesamten Bühnenraum und beherrscht Nah und Fernwirkung. Elke Breu´s Leider drehen sich um die Liebe und endeten in einem Happy End und sind sicher zum Flirten hervorragend geeignet. Die Texte sind eingängig, spielen sie mit den bekannten Sujets wie „Schuld war nur der Fastelovend“, „Rusenmondag“ und sie sendet aus den USA „dem Dom ne schöne Jross“. Ihre Lieder sind auch für das hochdeutsch sprechende Publikum verständlich, Kölsch sprengselt sie ein.

Ein neuer Redner- Der Präsident
Er ist selbst Präsident in Jülich und spielt auf der Bühne den Präsidenten der One-Man „KG Övverm Bersch e.V.“ Thomas Beys ist 31 Jahre. Er hat sogar einen eigenen karnevalistischen Wellengruß für seine KG entwickelt. Er ist in der Rednerschule der Akadmie des Literarischen Komitees. Für seine neugegründete KG ist der Präsident fleißig auf Werbetour und hat sogar einen eigenen Song entwickelt, den er gekonnt mit dem Publikum einübt und sogar den Saal zum Singen aufteilt. Besonderen Wert legt er dabei auf das beliebte Element: „e.V.“. Zu Beginn der Rede integriert er geschickt aktuelle Themen und verleiht ihr damit Würze. Thomas Beys ist seit Juni 2008 beim Literarischen Komitee des Festkomitees Kölner Karneval.

Us em Levve – kölsch und gemütlich
3,4,7, Nüng so starten „Us em Levve“ in den Vorstellabend. Die Lieder kölschpoppig klassisch, die Texte nicht unbedingt revolutionär, die Balladen intensiver, als die Stimmungssongs. Bei Letzteren wünscht man sich mehr Druck in den Saal, sie zwingen nicht sofort zum Mitklatschen, mitsingen, auch wenn die Texte eingängig sind. Bandleader ist Roland Bublitz. Als Highlight nennt die Band ein Konzert 1998 im Yangtze New World Hotel in Shanghai auf dem „First Shanghai Costume Ball“. Die Band erzählt selbst Erlebtes aus Köln.

Zwischenstopp beendet, Start frei für – Engel Hettwich
Fliegerbrille, Rucksack, Fallschirm und wo sind die Flügel? Die sind ab, seit dieser Session. Himmelsgeschichten mit Praktikanten erzählt Engel Hettwich, bezeichnet sich selbst als „Jumbo-Engel“. Engel Hettwich hat sich verbessert, bringt viel Wortwitz, schweift nur leider ab und an ins zu Anzügliche ab und verwässert so die Nummer. Manchmal ist Engel Hettwich auch schwer zu verstehen, vor allem in den Passagen, wo sie ihre Stimme so überdreht, dass das Headset-Mikro manchmal nicht mehr mitkommt, aber das ist ja nur ein technisches Detail. Engel Hettwich ist seit 2006 beim Literarischen Komitee und war heute zum dritten Mal dabei. Engel Hettwich ist damit flügge geworden und steht auf der Startbahn für die freie Szene der Karnevalsbühnen.

Ne Kaschemmensänger – unglaubliche Stimme
Wer die Stimme hört, weiß dass die Type authentisch und nicht aufgesetzt ist. Günter Missenich ist nichts für den Nobelkarneval, aber wenn er mit seinem blau-weiß gestreiftem Hemd auf der Bühne steht, die Schiebermütze auf dem Kopf und der Quetsch in Händen, dann ist dies ein eindringliches Bild. Auch erzählt er eigene Geschichten, Geschichten die zu seiner Type passen. Sehr gelungen ist das „Arschkaate“-Lied. Das könnte ein echter Hit werden. Auf die Frage von Karl Beckers wie teuer so eine Stimme ist, antwortet Missenich schelmisch: „Ja so eine Stimme muss man pflegen“. Gute Type.

Knubbelefutz & Schmalbedaach – das kürzeste Lied der Session
Ausgereift und eine Ohren- und Augenweide, das sind Knubbelefutz & Schmalbedaach. Auch sie sind zum dritten Mal dabei und scheiden nun aus. Bei Knubbelefutz & Schmalbedaach muss man schreiben „Weniger ist mehr“, was aber nicht bedeutet, dass ihre Musik und Texte einfach sind. Nein sie sind fein und wohltemperiert. Perfektionistisch sogar. Eine Gitarre, gezupfte Akkorde und eine helle klare Stimme sind das Markenzeichen. Dazu ausgefeilte und pointierte Lieder und Dialoge. Eine wundervolle Nummer ist den Beiden zum Kölsch Hänneschen Theater gelungen. Nach „Usambaraveilchen“ und „Minge Papp“ zeigen sie das sie keine Eintagsfliege sind. Standing Ovations gab es vom Saal und man muss den beiden wünschen.das sie nun auch kräftig gebucht werden. Knubbelefutz & Schmalbedaach sind eine Bereicherung für die feine Art kölscher Kultur.

Dä Knubbelisch vum Klingelpötz – Zurück zur Pickelhaube
Uniformwechsel. Letztes Jahr in der Glamouruniform, gibt es jetzt eine Rückbesinnung auf die traditionelle Pickelhauben-Uniform mit Flicken. Der Knubbelisch erzählt Geschichten aus Bad Ossendorf ind Kalkatraz. Ganz nebenbei nimmt er uns dann auch mit auf den Betriebsausflug nach Mallorca. Der Knubbelisch glüht vor und ist noch nicht ganz auf Betriebstemperatur, lieferte aber einen respektablen Auftritt ab. Dä Knubbelisch vum Klingelpötz ist auch im echten Leben Justizvollzugsbeamter. Schon im zarten Alter von 13 Jahren nahm er an Karnevalsumzügen in Köln-Pesch teil.

Kölsche Bengels – Frühsport auf der Bühne
In Turnsachen kommen die Kölschen Bengels auf die Bühne. Nun ja, anders wars irgendwie besser und so richtig frech ist das auch nicht, auch wenn die Begründung später mit einer Reggae Nummer folgt. Trägt man in Jamaika nur Adidas, das hatten wir irgendwie anders in Erinnerung? Die Kölschen Bengels sind im dritten Jahr beim Treffpunkt Nachwuchs. Musikalisch, textlich und mit der Show zeigt man sich mainstreamig, adaptiert viele bekannte Elemente und verändert diese teilweise nur minimal. Damit kommt man schnell beim Publikum an, ist aber auch verwechselbar. Für den Gürzenich ist die Ballonseide nichts.

Achnes Kasulke ist die Zugezogene und zieht weiter zum KKK
Auch für Achnes Kasulke gilt es Abschied zu nehmen und sie durfte ein letztes Mal die Bühne beim Literarischen Komitee blitzblank putzen. Auch sie ist mit ihrer Putzfrauennummer zum dritten Mal dabei. Mit ihrem neuen Programm tingelt sie durch Paarprobleme, macht Skiurlaub in Österreich, widmet sich Sex-Problemen und hat Betthupferlgeschichen im Gepäck. Die Polenwitze, so muss man das leider schreiben sind eher unterirdisch und auch nicht unique. Ob sich Achnes Kasulke damit Freude macht? Schließlich ist ihre Type für Witzebuchwitze schon zu weit ausgereift, da kann sie mehr daraus machen. Und mit dieser Sorte Witz ist sie nicht allein. Da war sie nicht gut beraten. Aber wer viel wischt, produziert ja auch mal einen Ausrutscher und kann ja gut nachwischen…

Neuentdeckung: Tino vom Taxi
Niegelnagelneu auf der Bühne beim Treffpunkt Nachwuchs ist Tino vom Taxi. Der Mann polarisiert, die einen sind superbegeistert, die anderen noch skeptisch abwartend. Man wird sehen. Auf alle Fälle bringt Tino vom Taxi eine frische Art von Rede und Musikparodie auf die Bühne. Mit den parodierten Stimmen von Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg, Udo Jürgens bis Rossinis „Nessun Dorma“ ( ja Paul Potts lässt grüßen) auf den kölschen Klassiker „Ich bin ne Kölsche Jung“ überzeugte Tino vom Taxi. Für eine Klasse Comedy-Nummer, die nicht gerade Kölsch angehaucht ist, aber immerhin in Köln passiert, bekommt Tino Standing Ovations und Zugabe Rufe aus dem Publikum. Tino vom Taxi nimmt die Saalgäste zudem mit auf eine Taxitour quer durch Köln. Tino Selbach ist Tino vom Taxi und ausgebildeter Opernsänger und Comedian.

Duo Schlabber & Lutz – Weltmeister im Missverständnis-Zwiegespräch
Deutschstunde im Saal und eine Lehrstunde rund um den Genitiv. Klassische Rollenverteilung, der eine macht auf abgehobenen Chef und der andere ist der im Leben stehende Mitarbeiter der sich ums Operative kümmert. Da ist doch klar, dass der Dialog rappelvoll mit Missverständnissen ist und das bringen die beiden Comedians aus Alsdorf perfekt austariert auf die Bühne. Laut, leise in der Stimmmodulation und schauspielerisch gelungen.

Narrenrock – Charming young Boys
Bei den jungen Damen kommen die Mönchengladbacher sicher gut an, denn die Jungs der Gruppe sind supersmart und auch ein wenig rebellisch im Outfit. Narrenrock ist frisch und reiht sich in die Gruppe der Kölsch-Popgruppen ein. Ihre Musik ist mainstreamig und auch in ihren eigenen Kompositionen merkt man, dass sie sich aus einer Coverband heraus entwickeln.

Verändert, als in den letzten zwei Jahren präsentierte sich das Literarische Komitee den Treffpunkt Nachwuchs 2008. Waren bisher bei den Newcomern mehr Gruppen aus dem Umfeld von „Loss mer Singe“ vertreten fehlten einige in diesem Jahr. Dafür rückten mainstreamigere Gruppen vor allem bei den Bands nach. Auffällig ist, dass die Nummern der Absolventen der Akademie ausgefeilter und perfektionistischer ausgearbeitet werden. Hier merkt man den Einfluss der Akademie, die aber auch aufpassen muss nicht gleichmacherisch zu arbeiten. Die Aufgabe Trüffelschwein im Kölner Karneval zu sein, leistet aber Akademie und Literarisches Komitee auf hervorragende Art und Weise.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung