Das Archivbild zeigt einen Informationsstand zum Thema Bürgergeld. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Berlin | Die Kontroverse um das Bürgergeld droht zur Dauerbelastung für die Ampel-Bundesregierung zu werden. Das berichtet die „Welt“.

Nachdem Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Wochenende gesagt hatte, dass eine Kürzung verfassungsrechtlich möglich sei, indem man das entsprechende Gesetz ändere, kam deutlicher Widerspruch aus der Grünen-Bundestagsfraktion. Deren Fraktionsvize Andreas Audretsch verwies in der „Welt“ darauf, dass viele arbeitende Familien in Deutschland aufstockend Bürgergeld bezögen, „weil das Geld mit den Kindern nicht reicht“. Sie fragten sich im Sommer, ob sie ihren Kindern zum Schulstart einen Ranzen, Stifte und Hefte kaufen könnten. „Diese Familien planen mit dem Geld. Wir werden sie nicht der Willkür politischer Debatten der FDP aussetzen. Familien in Deutschland können sich auf uns verlassen“, sagte Audretsch.

Das sagt die FDP

Der sozial- und arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, flankierte den Vorstoß des Justizministers und erläuterte, dass bei der jährlichen Berechnung der Regelsätze die Inflation „vorausschauend berechnet“ werde. „Wenn nun der Fall eintritt, dass die vorausberechneten Preissteigerungen geringer ausfallen als prognostiziert, liegt der Bürgergeld-Regelsatz höher als das eigentlich vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Existenzminimum.“ Beispielsweise sei die angenommene Preissteigerung für Strom um 20 Prozentpunkte höher gewesen als die tatsächlich eingetretene.

Kober ist deshalb der Auffassung, dass der Bestandschutz nach Paragraf 28 a, Absatz 5 im Sozialgesetzbuch XII, aufgegeben werden müsse – und zwar noch in der laufenden Legislaturperiode bis zum Herbst 2025. Es habe von Teilen der Grünen und der SPD immer wieder Versuche gegeben, „das Bürgergeld zum bedingungslosen Grundeinkommen werden zu lassen durch Abbau von Mitwirkungspflichten und Sanktionen“ und den Regelsatz vom Existenzminimum zu entkoppeln. Doch die FDP habe „bisher immer dafür gesorgt, dass das Bürgergeld eine Grundsicherung bleibt und Arbeit der Normalfall für die Existenzgrundlage der Bürger bleibt“. Kober forderte, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) solle „diese Linie mit unterstützen und sich dem Versuch entgegenstellen, das Bürgergeld zum bedingungslosen Grundeinkommen werden zu lassen“.

CDU unterstützt FDP

Unterstützung erhält die FDP dafür aus der Opposition. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke (CSU), kritisierte, „dass die hohe Inflation und der von der Ampel gewählte gesetzliche Anpassungsmechanismus zu unverhältnismäßigen Anpassungen beim Bürgergeld geführt haben und damit die Akzeptanz in der Bevölkerung gefährden“. Künftig müssten „solche Extreme bei der Erhöhung des Bürgergeldes“ verhindert werden. Der Ampel-Streit über die Höhe des Regelsatzes sei jedenfalls „ein weiterer Beleg dafür, dass diese Regierung inhaltlich nichts mehr zusammenhält“.

Wesentlich entscheidender als die Höhe ist nach Ansicht von Stracke, dass das Bürgergeld „falsch konstruiert“ worden sei. „Darin steckt viel zu viel bedingungsloses Grundeinkommen. Die Ampel müsste Arbeitsanreize erhöhen, Sanktionen dort schneller und einfacher ermöglichen, wo sich Menschen einer beruflichen Perspektive verweigern.“ Dafür gewähre das Bundesverfassungsgericht „genug Spielraum“. Die Ampel müsste „diesen Spielraum nur nutzen, anstatt ihn zu verweigern“.