Kiew | Die Separatisten in der Ost-Ukraine haben nach eigenen Angaben weite Teile der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe eingenommen. „Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir die Stadt völlig unter Kontrolle“, sagte Separatisten-Sprecher Eduard Bassurin am Dienstag. Die Separatisten wollten die Stadt nun nach weiteren Soldaten der ukrainischen Armee durchkämmen, so der Sprecher weiter.

Bislang seien über 300 Soldaten des ukrainischen Militärs festgenommen worden. Es gebe „viele Tote“, hieß es weiter. Das in Minsk ausgehandelte Friedensabkommen hatte ursprünglich eine Waffenruhe vorgesehen, die abgesehen von den Kämpfen in der Stadt, die als Eisenbahnknotenpunkt fungiert und die beiden von den Separatisten kontrollierten Gebiete um die Städte Luhansk und Donezk verbindet, weitestgehend eingehalten wurde.

CDU-Außenpolitiker warnt vor Massenflucht aus Ost-Ukraine

Der Obmann der Unions-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), befürchtet eine Flüchtlingswelle aus der Ost-Ukraine, die auch Deutschland treffen könnte, sollte der Westen auf die andauernden Kämpfe mit Waffenlieferungen in die Ukraine reagieren. „Eine Bewaffnung der ukrainischen Streitkräfte und Milizen hätte einen Stellvertreterkrieg zur Folge, den Russland wegen seiner Grenznähe und Fokussierung auf militärische Lösungen nach Belieben eskalieren und gestalten könnte – mit unabsehbaren Folgen auch auf die Flüchtlingslage“, sagte Kiesewetter dem „Handelsblatt“ (Online-Ausgabe). „Sollten wegen fortgesetzter Gewalt einige Millionen der derzeit fünf Millionen Betroffenen in der Ost-Ukraine in die EU und davon auch nur einige Hunderttausend Flüchtlinge in die Bundesrepublik fliehen, hätten wir eine problematische innenpolitische Lage mit nicht absehbaren Konsequenzen.“

Kiesewetter warnte daher eindringlich davor, militärisch zu reagieren. „Waffenlieferungen des Westens ohne Rückhalt in der gesamten EU würden zu einer Spaltung in der gemeinsamen Haltung der EU in Sanktionsfragen führen und damit mittelbar Putin in die Hände arbeiten“, sagte er. Denn das strategische Interesse des Kreml-Chefs sei die Schwächung des westlichen Zusammenhalts.

Kiesewetter zeigte sich zugleich offen für eine weitere Verschärfung der Sanktionen, um ein für Putin „schwierigeres innenpolitisches Klima“ in Russland zu schaffen. „Er braucht Einhalt und Widerspruch aus der eigenen Bevölkerung, sollte er kein Interesse daran haben, sämtliche Minsker Beschlüsse durchzusetzen“, sagte der CDU-Politiker. Kiesewetter lobte in diesem Zusammenhang US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihren bisher gemäßigten Umgang mit der Ukraine-Krise.

„Zwischen Merkel und Obama könnte eine neue transatlantische Einigkeit gegen die Falken im Lager Putins aber auch in der US-Administration entstehen“, sagte der CDU-Politiker. „Hier haben wir gemeinsame deutsche und US-amerikanische Interessen der Vernunft und des Maßhaltens in der Krise.“

Autor: dts