Das Pressefoto zeigt den britischen Premierminister Boris Johnson und ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi bei ihrem Treffen in Kiew. Foto: Amyrinfo/Verteidigungsministerium der Ukraine

Köln | Liveblog wird ständig aktualisiert | red, dts | Russland scheint Probleme zu haben seine Verluste in der Ukraine durch neues Personal auszugleichen und die Stärke seiner Truppen aufrecht zu erhalten. Der EU-Beitritt der Ukraine, der Besuch von Boris Johnson, Nord-Stream 2 und mögliche deutsche Waffenlieferungen sind in der Debatte. Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.

Politiker fordern Ukraine-Besuch von Scholz  

19:02 Uhr > Zahlreiche Politiker aus den Reihen der Ampel-Parteien fordern Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, in die Ukraine zu reisen. „Ich erwarte von unserem Bundeskanzler, dass er nach Kiew reist. Dieses Zeichen der Solidarität ist in dieser Situation außerordentlich wichtig“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem „Spiegel“.

In den vergangenen Tagen waren unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der britische Premierminister Boris Johnson und Österreichs Kanzler Karl Nehammer in das vom Krieg betroffene Land gefahren. „Die Ukraine braucht unsere volle Solidarität. Dazu gehört auch, sich vor Ort in Kiew über die aktuelle Lage zu informieren“, sagte Rasmus Andresen, Chef der deutschen Grünen-Gruppe im Europaparlament.

„Es ist mir schleierhaft, warum sich Kanzler Scholz dazu nicht durchringen kann. Die Bundesrepublik hat eine besondere Verantwortung. Scholz wird seiner europäischen Führungsrolle nicht gerecht. Er zaudert zu sehr.“ Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sagte dem „Spiegel“: „Ich bin sicher, dass auch der Bundeskanzler als Besucher in der Ukraine willkommen wäre. Vor allem, wenn er die wiederkehrende Zögerlichkeit bei Waffenlieferungen überwinden würde.“

Auch aus der Opposition werden Forderungen laut. „Es ist höchste Zeit, dass der Bundeskanzler Kiew besucht. Dieses Zeichen ist politisch dringend notwendig“, sagte Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag.

„Es sind wirkmächtige Zeichen, wenn führende europäische Politiker wie Ursula von der Leyen und Boris Johnson nach Kiew reisen“, sagte der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich. „Es ist hingegen völlig unverständlich, wieso noch kein führender Vertreter der Bundesregierung nach Kiew gereist ist. Eine solche Reise ist überfällig. Olaf Scholz sollte sie jetzt antreten.“


Berichte: Österreichs Kanzler plant Treffen mit Putin   

19:00 Uhr > Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer plant offenbar ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Das berichten die „Bild“ sowie die österreichische „Kronen Zeitung“ am Sonntag übereinstimmend. Demnach könnte die Reise bereits am Montag stattfinden.

Erst am Samstag hatte sich Nehammer in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Laut „Bild“ soll Nehammer Selenskyj seine Reise zu Putin angekündigt haben. Auch EU-Kreise seien über die bevorstehende Reise von Nehammer bereits informiert worden, hieß es.

Eine Reise eines EU-Staats- oder Regierungschefs nach Moskau gab es seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine bisher nicht.


Zahl der Ukraine-Flüchtlinge steigt auf 4,5 Millionen   

17:16 Uhr > Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine ist auf mehr als 4,5 Millionen angestiegen. Das teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Sonntag mit. Laut Daten der UN-Organisation kam deutlich mehr als die Hälfte der Flüchtlinge in Polen an.

Dahinter folgen Rumänien, Ungarn und Moldawien. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind aktuell weitere 7,1 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Bei mehr als der Hälfte davon soll es sich um Frauen handeln.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine läuft mittlerweile seit sechseinhalb Wochen. Er hat die größte Flüchtlingsbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst.


Chemische Industrie warnt vor Gas-Lieferstopp  

15:23 Uhr > Der Vizepräsident des Chemieverbandes VCI, Bayer-Chef Werner Baumann, hat vor einem Boykott der Gasimporte aus Russland gewarnt. „Ein Gas-Lieferstopp hätte katastrophale Folgen für die Industrie in Deutschland und die Menschen in unserem Land“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Egal, ob es um Medikamente, Pflanzenschutz, Lebensmittelverpackungen, die Fertigung von Autos oder den Bau von Häusern gehe: „Die Produkte der chemischen Industrie finden sich in praktisch allen Warengruppen.“

Deutschland würde mit einem Gas-Stopp deshalb „eine Welle der Arbeitslosigkeit drohen, wie wir sie seit vielen Jahren nicht gesehen haben“. In der Industrie drohten zudem irreparable Schäden, weil manche Produktionswerke nicht einfach heruntergefahren werden könnten, so Baumann. Hochöfen in der Stahlindustrie etwa oder Glas-Werke sind darauf ausgelegt, jahrelang ununterbrochen zu produzieren. Bei einem Gas-Lieferstopp könnten die Anlagen unbrauchbar werden.


Scholz telefoniert mit Selenskyj   

15:22 Uhr > Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Sonntag erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Dabei habe er sich über die aktuelle Lage und zum Verhandlungsprozess zwischen der Ukraine und Russland informiert, teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann mit. Unter anderem sei es um Kriegsverbrechen des russischen Militärs in Butscha und in anderen Orten in der Ukraine gegangen.

Scholz habe den Menschen vor Ort die „Solidarität und volle Unterstützung“ Deutschlands ausgesprochen, so Hoffmann. Die Bundesregierung werde zusammen mit ihren internationalen Partnern alles daransetzen, dass die Verbrechen „schonungslos aufgeklärt“ und die Täter identifiziert werden, damit sie vor nationalen und internationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden. Der Bundeskanzler und der ukrainische Präsident hätten sich darüber hinaus über „Möglichkeiten der weiteren Unterstützung“ der Ukraine ausgetauscht, fügte Hoffmann hinzu.

Strack-Zimmermann verlangt mehr Führung von Scholz in Ukraine-Krise   

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu mehr Führungsstärke in der Ukraine-Krise aufgefordert. Der Kanzler sollte anfangen, „seine Richtlinienkompetenz zu nutzen und zu führen“, sagte sie dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). „Die Sicherheit der Bundesrepublik kann man nicht Zufällen überlassen. Deutschland und Europa wartet darauf.“ Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hatte zuvor Scholz aufgefordert, nach Kiew zu reisen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Deutschland sollte seine so wichtige Scharnierfunktion in Europa ausfüllen, sagte Kiesewetter der Zeitung.

Geboten sei, bei der Unterstützung der Ukraine, der Bewältigung der Krise und dem erforderlichen Erlassen von Maßnahmen, die hoffentlich zum Kriegsende führten, voranzugehen. Strack-Zimmermann sagte dazu: „Ob überhaupt und wenn, ab wann der Bundeskanzler in die Ukraine reist, muss ihm allein überlassen bleiben. Ihn an dieser Stelle aus dem Warmen heraus diesbezüglich zu treiben, finde ich deplatziert.“


Sicherheitsexperte erwartet „Abnutzungskrieg“ in Ostukraine   

15:21 Uhr > Der Sicherheitsexperte Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations (ECFR) rechnet mit einer baldigen Großoffensive der russischen Truppen im Osten der Ukraine. „Russland wird versuchen, die ukrainische Armee im Osten in einen Abnutzungskrieg zu zwingen“, sagte Gressel dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Damit wolle man den Gegner ermatten, bis die organisierte Gegenwehr zusammenbreche.

Dazu sei das Terrain im Donbass besser geeignet als die Gegend um Kiew. „Ich rechne ab nächster Woche mit größeren Offensiven.“ Wenn die Ukraine den Krieg noch gewinnen solle, müssten die Waffenlieferungen intensiviert werden, sagte der Experte, der lange im österreichischen Verteidigungsministerium gearbeitet hat.

„Die deutsche Position, die Ukrainer sind auf westlichem Gerät nicht geschult, deshalb können wir das nicht liefern, ist nicht haltbar“, so Gressel. Viele in Deutschland hätten das Prinzip eines Abnutzungskriegs nicht verstanden. Zwar könne man die ukrainischen Truppen eine Zeit lang mit Material versorgen, das noch aus Sowjetzeiten stamme und mit dem die Soldaten vertraut seien, doch irgendwann würden dafür die Ersatzteile ausgehen.

„Wir können uns also jetzt schon ausrechnen, wann die Ukraine kein Gerät mehr haben wird und wann wir anfangen müssen, auch westliches Gerät zu liefern, damit die ukrainische Armee nicht irgendwann wehrlos dasteht“, sagte der ECFR-Experte.



Militärische Lage – wenig Bewegung

11:53 Uhr > Die russischen Streitkräfte setzten in den letzten 24 Stunden ihre Offensivoperationen in Mariupol, entlang der Achse Izyum-Slowiansk sowie um Rubizhne und Popasna fort, erzielten jedoch nur wenige Erfolge.


Russische Opposition setzt auf Sturz Putins nach internem Streit   

11:46 Uhr > Die russische Opposition um den Kreml-Kritiker Alexei Nawalny setzt auf einen Umsturz in Moskau durch interne Konflikte im inneren Zirkel von Staatspräsident Wladimir Putin. Das sei inzwischen „das wahrscheinlichste Szenario“, sagte der langjährige Stabschef Nawalnys, Leonid Wolkow, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Dagegen warnte er vor westlichem Wunschdenken mit Blick auf Massendemonstrationen in Russland.

Vielen Russen sei nach den jüngsten Strafverschärfungen das Risiko zu groß, in Haft zu kommen und ihren Job zu verlieren. Trotz der von Putin erzwungenen Ruhe auf den Straßen gebe es derzeit aber eine sich verändernde russische Wirklichkeit hinter den Fassaden. Immer mehr Russen bemühten sich um regierungsunabhängige Informationen.

„Die Vorstellung, man könne Putin mal eben durch ein paar große Protestmärsche hinwegfegen, ist naiv“, sagte Wolkow. „Putins Entmachtung wird kommen, aber auf andere Weise.“ In Kreisen der politischen und ökonomischen Elite in Moskau gebe es eine enorme Unruhe.

Putins militärische Pläne hätten sich als irreal entpuppt, zugleich aber erleide Russland realen Schaden durch die Wirtschaftssanktionen. „Diese beiden Faktoren addieren sich zu einem Druck auf Putin, der ihn früher oder später das Amt kosten wird, da bin ich sehr zuversichtlich“, sagte Wolkow. „Wenn Putin weg ist, wird dieses System nicht an irgendjemanden vererbt.“

Es werde zusammenbrechen. In den zu erwartenden Turbulenzen lägen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. „Russland könnte im Idealfall so etwas wie einen kompletten Neustart hinbekommen.“

Auf die Frage, ob Alexei Nawalny im Fall seiner Freilassung nach einem Machtwechsel zur nächsten russischen Präsidentschaftswahl antreten würde, sagte Wolkow: „Natürlich. Ich glaube, er hätte auch sehr gute Chancen.“ Er bringe viele Qualifikationen mit.

„Er kämpft seit Langem gegen die Korruption, er kämpft seit Langem gegen die obszönen Unterschiede zwischen Arm und Reich in Russland. Und sogar als Gefangener Putins hat er den Menschen jahrelang immer wieder seinen Mut, seine Beharrlichkeit und sein Engagement für ein anderes, besseres Russland bewiesen.“ Deshalb sei Nawalny jetzt vor allem in einem Punkt unschlagbar: „Glaubwürdigkeit“.


Dieses Foto mit zerstörtem Kriegsgerät der russischen Streitkräfte veröffentlichte die ukrainische Informationsagentur Amyrinform des ukrainischen Verteidigungsministeriums am 10. April 2022.

Wie stark sind die Truppen des Kreml noch?

11:11 Uhr > Kann der Kreml nach dem Rückzug aus dem Nordosten der Ukraine und einer Neugruppierung seiner Truppen so viel Kampfkraft erlangen, dass es ihm gelingt die Oblaste Donezk und Luhansk einzunehmen? Der Kreml kontrolliert aktuell nicht den Donbass. Zunächst ist festzustellen, dass der Kreml seine Kommandostruktur wohl vereinfachte.

Die Experten des Institute For The Study Of War (ISW) sind der Auffassung, dass es dem Kreml schwer fallen werde eine größere und kampffähige Truppe mechanisierter Einheiten aufzustellen, die im Donass operieren könne. Russland werde zunächst die Einheiten einsetzen, die bereits in der Nordostukraine kämpften und die Verluste erlitten, beschädigt wurden und teilweise wiederhergestellt wurden. Diese könnten in neue Offensivoperationen im Donbass eingebunden werden. Dabei könnten den Russen Geländegewinne gelingen, aber diese seien wahrscheinlich mit hohen Verlusten verbunden.

Russland könnte es durch Zermürben der ukrainischen Einheiten gelingen sich große Teile der Gebiete von Donezk und Luhansk zu sichern. Möglich sei auch, dass sie die ukrainischen Verteidiger in eine Falle locken. Zur Einschätzung: Das US-Verteidigungsministerium schätzte am 8. April, dass die russischen Streitkräfte 15 bis 20 Prozent ihrer „Kampfkraft“ verloren haben könnten. Diese Einschätzung hinterfragen die ISW-Experten und nennen diese pauschale Aussage in der Frage auf ihren Bezug mehrdeutig. Sollten die von Russland zu Beginn des Krieges aufgebrachten Streitkräfte insgesamt 15-20 Prozent an „Kampfkraft“ verloren haben, dann stünde dem russischen Generalstab immer noch eine gewaltige Armee zur Verfügung. Wenn aber alle Einheiten 15-20 Prozent Verluste hätten, dann wäre deren Effektivität stark beeinträchtigt. Aus solchen Überlegungen folgern die Experten des ISW, dass die russischen taktischen Bataillonsgruppen (BTGs), die sich aus dem Kampf um Kiew zurückzogen nur über einen Bruchteil ihrer Kampfkraft verfügten. Einzelne BTGs seien vollständig aufgerieben worden und verfügten nur noch über eine Handvoll Truppen und eine kleine Anzahl an Fahrzeugen. Diese Einheiten seien kampfunfähig. Diese Einheiten müssten vollständig neu aufgebaut werden und dies würde Monate dauern.

Fest machen dies die amerikanischen Militärexperten daran, dass diese Einheiten Soldaten und Material ersetzen und nach intensivem Training wieder zu einem Team geformt werden müssten. Die ISW-Experten: „Selbst gut ausgebildete Berufssoldaten brauchen Zeit, um zu lernen, wie man gemeinsam kämpft, und die russischen Soldaten sind alles andere als gut ausgebildet.“ Dazu kämen psychologische Folgen, wie etwa die Schmach der Niederlage und der Stress und emotionalen Gefühle über die Verluste von Kameraden. Es könne den russischen Streitkräften nicht gelingen die Truppen, die um Kiew kämpften in den nächsten Wochen wieder aufzubauen, sondern sie werden zusammengeflickt mit Soldaten aus anderen beschädigten Einheiten. Daher folgern die Militärexperten, dass die Kampfkraft der Russen eingeschränkt sein werde.

Die ISW-Experten kommen zu einem weiteren interessanten Schluss: Das russische Militär habe keine oder wenn dann nur wenige Einheiten in voller Stärke in Reserve. Sie nennen das russische Mobilisierungssystem fehlerhaft. Zudem haben die russischen Generäle schon zum Einmarsch am 24. Februar mit wenigen Ausnahmen keine ganzen Regimenter oder Brigaden aufgestellt, sondern nur einzelne Bataillone aus vielen verschiedenen Regimentern und Brigaden aus ihrer gesamten Streitmacht zusammengezogen. Diese zusammengestetzten Verbände sind weniger leistungsfähig. Dieser strategisch taktische Fehler wirke sich immer noch aus, da in den russischen Streitkräften keine intakten Regimenter oder Brigaden oder wenn nur Ausnahmen vorhanden seien. Damit sei der russische Generalstab gezwungen weiterhin einzelne Bataillone zusammenzuwürfeln. Bis ganze Regimenter und Brigaden neu aufgebaut seien, dauere dies Jahre.

Die ISW-Experten schätzen die Lage nicht so ein, dass die Einberufung von Wehrpflichtigen oder Reservisten die Kampfkraft der aktuell in der Ukraine kämpfenden Verbände nachhaltig verbessern würde. Daher gehen die Experten nicht davon aus, dass diese in die Kampfverbände eingeschleust werden. Wenn dies dennoch der Fall sein sollte rechnen sie mit unverhältnismäßig hohen Opferzahlen auf Seiten der russischen Streitkräfte.

Am 9. April behauptete Oleksiy Arestovich, der Chefberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, dass es den ukrainischen Truppen gelang 20 BTGs der Russen zerstört und 40 weitere kampfunfähig gemacht zu haben. Die ISW-Experten sagen, dass dies mit ihren Beobachtungen übereinstimme. Russland war mit rund 180 BTGs am 24. Februar in die Ukraine eingerückt. Damit wären ein Drittel von Verlusten betroffen. Zudem häufen sich die Berichte, dass die Moral in der russischen Armee sehr schlecht ist und es sogar in Eliteeinheiten zu Verweigerungen gekommen sei. Diese Berichte stützen sich häufig auf den ukrainischen Geheimdienst.

Der russische Generalstab scheint zu versuchen das Koordinierungsproblem zu lösen, indem sie General Alexander Dwornikow, zum einzigen Oberbefehlshaber der Operationen in der Ukraine machten. Die ISW-Experten treffen die Aussage, dass die fehlende Koordination die Zusammenarbeit der russischen Streitkräfte entlang ihrer verschiedenen Invasionsachsen behinderte. Ob sich damit alle russischen Kommandoprobleme lösen ließen schließen die ISW-Experten zum jetzigen Zeitpunkt allerdings aus.


Russische Truppen in der Sperrzone Tschernobyl

10:15 Uhr > Das ukrainische Unternehmen Energoatom soll die Sperrzone rund um das 1986 havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl auf Kriegsspuren untersucht haben, so das ukrainische Verteidigungsministerium. Dort sollen im sogenannten „Roten Wald“ in dem die Kiefern stehen, die sich nach dem Reaktorunfall braunrot verfärbten und Tonnen radioaktiver Strahlung durch die bei der Explosion freigesetzte Asche aufnahmen, Aktivitäten des russischen Militärs festgestellt worden sein. So sollen die russischen Streitkräfte dort Gräben ausgehoben haben. Jetzt wurden dort ungewöhnlich hohe Strahlungswerte gemessen. Die Messungen der Energoatom-Experten ergaben weit erhöhte Strahlungswerte als normal, vor allem weil die russischen Truppen Tiefen erreichten in denen die damals verstrahlten Fragmente als Asche lagerten. Die Experten gehen davon aus, dass die russischen Soldaten, die fast 30 Tage im „Roten Wald“ stationiert und dort gegraben haben mit einer Strahlenkrankheit unterschiedlicher Schwere konfrontiert sein werden.

Zudem meldete Energoatom unter Bezugnahme auf die Staatliche Agentur der Ukraine für das Sperrzonenmanagement (SACP) in Tschernobyl, dass die russischen Truppen Labore in Tschernobyl plünderten. Dabei soll auch radioaktives Material gestohlen worden sein und Ausrüstung für wissenschaftliche Untersuchungen in Tschernobyl zerstört worden sein. Bei Energoatom mutmassen die Experten, dass die russischen Soldaten „strahlende Souvenirs“ mitnahmen.



Hohe Strafen für Männer die die Ukraine verlassen

9:48 Uhr > Ukrainische Männer dürfen derzeit ihr Land nicht verlassen. Wer die Staatsgrenze überschreitet handelt nach Kriegsrecht illegal. Das hat das ukrainische Parlament die Werchowna Rada jetzt mit einem neuen Gesetzentwurf zur ukrainischen Straf- und Strafprozessordnung bestätigt. Der neue Gesetzentwurf soll die Abwanderung ukrainischer Bürger verhindern, die zur Verteidigung ihres Landes verpflichtet sind. Während das Kriegsrecht in der Ukraine gilt müssen, die die illegal ausreisen mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Jahren rechnen.


Russland bemüht sich um Ausgleich von Truppen-Verlusten

9:25 Uhr > Russland intensiviert offenbar seine Bemühungen, die zunehmenden Verluste seiner Invasionstruppen in der Ukraine durch neue Soldaten auszugleichen.

Das teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Lagebericht am Sonntagmorgen mit, der sich auf Geheimdiensterkenntnisse stützt. Demnach versuchen die russischen Streitkräfte, ihre Truppenstärke durch Personal aufzustocken, was seit 2012 aus dem Militärdienst entlassen wurde.

Zu den Bemühungen um mehr Kampfkraft gehört den britischen Angaben zufolge auch der Versuch, Soldaten aus der nicht anerkannten Region Transnistrien in Moldawien zu rekrutieren.


Britischer Premierminister spaziert durch Kiew

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson ist offensichtlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch Kiew spaziert. Das ukrainische Militär verbreitete am Samstag Bilder, auf denen Johnson und Selenskyj umringt von schwerbewaffneten Sicherheitskräften durch die Innenstadt der ukrainischen Hauptstadt laufen.

Unterwegs werden sie scheinbar zufällig von einem Passanten angesprochen, dem Johnson die Hand schüttelt und weitere Unterstützung versichert. Erst wenige Stunden zuvor waren überraschend Bilder der ukrainischen Regierung verbreitet worden, die Johnson in Kiew zeigen. Der Besuch war zuvor nicht öffentlich angekündigt worden.

Der ukrainische Präsident erinnerte Johnson daran, wie wichtig es sei, dass die Ukraine Sicherheitsgarantien der westlichen Staaten erhalte. Beim Besuch des britischen Premiers forderte Selenskyi ein vollständiges Embargo für russische Energie und eine Erhöhung der Waffenlieferung aller westlichen Demokratien. Der britische Premier sprach sich für eine umfassende wirtschaftliche und militärische Unterstützung der Ukraine aus und verurteilte die Gräueltaten von Butscha, Irpin und in anderen ukrainischen Städten. London wolle die Ukraine zudem dabei unterstützen, das Land von Minen zu befreien.


Von der Leyen will zügige Stellungnahme zu EU-Beitritt der Ukraine

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will ein mögliches Beitrittsverfahren der Ukraine drastisch beschleunigen. Die Stellungnahme und die Empfehlung der europäischen Kommission über einen Beitritt würden üblicherweise Jahre dauern, „hier arbeiten wir an Wochen, mit Hochdruck“, sagte von der Leyen am Samstag den ARD-„Tagesthemen“.

In der Debatte um Hilfen für die Ukraine sagte die Präsidentin der EU-Kommission, der ukrainische Präsident hätte ihr bei ihrem gestrigen Besuch gesagt, „es muss mehr sein, ihr müsst mutiger sein“.

Aber es sei wichtig, „Sanktionen zu ergreifen, die Russland mehr schaden als uns“. Es sei nun auch der erste Schritt für die Aufnahme der Ukraine in die EU gemacht worden, „schneller als das üblich ist“. Präsident Selenskyj habe ihr gesagt, „wenn die ukrainischen Soldaten hier sterben, dann möchten sie wenigstens wissen, dass ihre Kinder später frei und in der Europäischen Union sind“. Ihrem Besuch in der Stadt Butscha bezeichnete von der Leyen als „zutiefst beklemmend“.


Bericht: Verteidigungsministerium hielt schweres Kriegsgerät zurück

Das Bundesverteidigungsministerium weiß laut eines Medienberichts seit Kriegsbeginn von der Existenz Hunderter an die Ukraine lieferbarer Panzer – und hat sie womöglich bewusst zurückgehalten.

Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf „Branchenkreise“ schreibt, sei im Haus von Christine Lambrecht (SPD) ebenfalls bekannt, welche Panzer verfügbar sind und welche Kosten die Industrie für die Fahrzeuge veranschlagt. Es handelt sich demnach dabei um Panzer älterer Baureihen: So gebe es Zugriff auf mindestens rund 200 bei der Bundeswehr oder in anderen Armeen nicht mehr eingesetzte Kampfpanzer Leopard 1A5. Zudem stünden bei der Bundeswehr aussortierte Marder-Schützenpanzer und Gepard-Flugabwehrpanzer zur Verfügung.

Sie befänden sich entweder in Depots im Inland oder seien im Ausland geparkt. Das Bundesverteidigungsministerium hatte bereits am 28. Februar in einem Geheimtreffen mit der Rüstungsindustrie um Waffen für die Ukraine gebeten. Die Ukraine erhielt allerdings wochenlang kein offizielles Angebot für Waffen aus der deutschen Industrie.

Stattdessen wurde aus Beständen der Bundeswehr geliefert. Auf dieser Liste sind de facto keine schweren Waffen verzeichnet. Die Bundesregierung hatte zwar aus den von der deutschen Industrie aufgelisteten lieferbaren Waffen eine Angebotsliste erstellt, diese wurde aber unter Verschluss gehalten und der Ukraine erst am 30. März übergeben, also mehr als einen Monat nach Kriegsbeginn.


Bericht: Merkel und Scholz wussten früh von Nord-Stream-2-Stiftung

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr damaliger Finanzminister Olaf Scholz (SPD) waren laut eines Zeitungsberichts vor der Errichtung der umstrittenen „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ in das Vorhaben eingeweiht. Mit der Stiftung wollte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) dafür sorgen, dass der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vollendet werden kann – trotz US-Sanktionen. Die „Welt am Sonntag“ hat nach eigenen Angaben nun rund 960 Seiten an internen Dokumenten aus Schwesigs Staatskanzlei zu den Vorgängen rund um die Stiftung erhalten.

Aus ihnen geht hervor: Die Ministerpräsidentin informierte die damalige Regierungschefin und den Finanzminister vier Tage vor der Gründung am 8. Januar 2021. Bislang hatten Merkel und Scholz es stets vermieden, ihr Wissen einzugestehen, schreibt die Zeitung. Zu der damaligen Unterrichtung befragt, teilte nun eine Sprecherin von Merkel mit: Die hierzu aussagekräftigen Akten zu den damaligen Vorgängen würden im Bundeskanzleramt verwahrt, nicht im Büro der ehemaligen Kanzlerin – und im Bundeskanzleramt habe „die dortige Aktenrecherche keine Unterlagen und Erkenntnisse ergeben, die im Sinne Ihrer Fragen einschlägig wären“. Der amtierende Kanzler Scholz lässt demgegenüber nun ausrichten, er sei in seiner früheren Funktion von Schwerin unterrichtet worden.

„Die Landesregierung hat seinerzeit den Bundesfinanzminister über ihre Planungen informiert“, sagte eine Sprecherin. Für die Fertigstellung der Pipeline wurde innerhalb der mit russischem Geld finanzierten Stiftung ein eigenständiger „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ eingerichtet, dessen Details bis heute geheim gehalten werden. Anfragen von Abgeordneten, Aktivisten und Journalisten zu diesem Teil der Stiftung hat die Landesregierung bislang systematisch abgeblockt.