Köln, (ots), 23.11.2006 > Die Deutschen essen in den letzten Jahren tendenziell mehr Obst und Gemüse. Der Zuckerkonsum stagniert schon seit Jahrzehnten. Wir nehmen weniger Kalorien aus Fett zu uns, und Studien zeigen, dass Schlanke mehr Süßigkeiten und Schokolade essen als Übergewichtige. Und trotzdem gibt es immer mehr dicke Kinder und Erwachsene! Experten und Wissenschaftler sind sich einig, dass Ernährungsaufklärung und Motivation zu mehr Bewegung nicht ausreichen, um Übergewicht vorzubeugen. Das meldet der Bundesverband der Süsswarenindustrie.

"In der sozial schwächsten Gruppe sind im Vergleich zur sozial stärksten Gruppe doppelt so viele Kinder übergewichtig. Und oft stellt der soziale Status auch eine Barriere für Interventionsmaßnahmen dar. Was bei Kindern aus sozial gut gestellten
Familien erfolgreich ist, führt in sozial schwachen Familie eher zum Gegenteil", fasst Professor Manfred J. Müller vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde an der Universität Kiel die Zwischenergebnisse einer Langzeitstudie(Kieler Adipositas Präventionsstudie [Kiel Obesity Prevention Study KOPS]) zusammen.
Seit 1996 untersucht er die Einflussfaktoren auf die Entstehung von Übergewicht an über 11.500 Kieler Kindern.

Fachdisziplinübergreifende Expertengremien sehen derzeit sieben Bereiche, die für die Entstehung von Übergewicht verantwortlich sind und bei denen Maßnahmen und Programme ansetzen bzw. auf die sie Rücksicht nehmen müssen:


Grafik: BDSI/obs

   – soziales Umfeld
   – Bildung
   – Bewegung
   – Lebensstil während der Schwangerschaft
   – Ernährung
   – genetische Veranlagung
   – Geschlecht

Sozialen Faktoren wie der Bildung und auch dem Geschlecht kommt dabei eine wichtigere Rolle zu, als bisher angenommen. Das zeigen sowohl die ersten Ergebnisse der Kieler Studie als auch die des aktuellen Kinder- und Jugendgesundheitssurveys KIGGS.

Professor Müller fordert daher einen gemeinsamen Kraftakt aller gesellschaftlichen Gruppen. Es sei wichtig und richtig, das Ess- und Bewegungsverhalten schon bei Kindern positiv zu beeinflussen – das allein reiche aber nicht aus. Professor Müller weiter: "Jeder Einzelne in seiner Rolle als Verwandter, Partner, Freund, Nachbar,
Bürger, Politiker muss Verantwortung übernehmen und handeln." Ziel der Politik müsse es sein, soziale Unterschiede in der Gesellschaft anzugehen. Dass das ein richtiger Weg ist, zeigt auch der Blick über die Grenzen: In Ländern mit geringeren Unterschieden zwischen den sozialen Gruppen (z. B. in Schweden) gibt es weniger Übergewichtige als in Ländern mit größerem sozialen Gefälle. Darüber hinaus sei
gesellschaftliches Engagement und Teilnahme jedes Einzelnen gefragt, um Kinder in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Selbstachtung zu stärken und ihnen soziale Kompetenzen zu vermitteln.

[ag; Foto: pixelquelle.de]