Spitzenpolitiker, hier Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, SPD, bei einem EM-Spiel. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Düsseldorf/Hamburg | Zwei renommierte Strafrechtler kritisieren die Praxis von EM-Freikarten für Vertreter von Bundesregierung und Bundestag scharf. Sie sehen durch die Annahme der kostenlosen Tickets einen „geldwerten Vorteil“, der einen Verdacht auf Korruption beziehungsweise Untreue begründen könnte. Das berichtet das Nachrichtenportal T-Online.

Insgesamt 669 kostenlose Tickets hat der Fußballverband Uefa, Ausrichter der EM, der Bundespolitik im Verlauf des Turniers zur Verfügung gestellt. Auf die Hälfte der Karten konnten Vertreter der Bundesregierung und ihre Stäbe zugreifen, auf die andere Hälfte Vertreter des Bundestags. Das teilte das Bundesinnenministerium (BMI) auf Anfrage von T-Online mit.

„Das hat ein korruptives Geschmäckle“, sagte Till Zimmermann, Professor für Strafrecht an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, T-Online. Amts- und Mandatsträger dürften nur mit „geldwerten Vorteilen“ bedacht werden, wenn es einen gewichtigen Grund gebe. „Ob Repräsentanz als Grund genügt, ist fraglich.“

„Die Uefa hat als Ausrichter eines so großen Turniers schließlich gesteigertes Interesse daran, dass die Entscheidungsträger in Bundesregierung und Parlament ihr gewogen sind“, so der Experte für Korruption und Geldwäsche. Ob das Vorgehen strafrechtlich relevant sei, hänge von mehreren Faktoren ab und müsse im Einzelfall untersucht werden.

Nach Einschätzung des Hamburger Strafrechtlers Gerhard Strate handelt es sich bei der Herausgabe der kostenlosen EM-Karten um einen „vermögenswerten Vorteil“, der den „Verdacht einer Untreue“ begründen könne. Dieser Vorwurf wäre dann gerechtfertigt, so Strate, „wenn mit der Hingabe dieser Ehrenkarten ein generelles Wohlwollen der damit bedachten Amtsträger erkauft wird im Sinne einer `allgemeinen Klimapflege` für die Uefa und ihrem Mitglied, dem DFB“.

Die am häufigsten bei EM-Spielen vertretenen Minister reagierten auf Fragen von T-Online mit teils gleichlautenden und eher allgemeinen Stellungnahmen. Ihre Sprecher verwiesen wie das BMI darauf, dass das „begrenzte Kontingent sogenannter Ehrenkarten“ für Spielbesuche von Repräsentanten des Bundes „aus dienstlichem Anlass“ vorgesehen sei.