Oberbürgermeister Roters: „Wir müssen reagieren“
Das Programm zeigt den „Weg, in welche Richtung unsere Erziehungs- und Bildungssystem sich entwickeln soll“, erklärte heute Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters. In den vergangenen Jahren sei viel über die Zukunft der Schulbildung diskutiert worden, da sei es umso wichtiger, eine Orientierung für Bildungsträger, Politik und Eltern festzulegen. Bestimmt sei der Plan vor allem dadurch, dass auch in Köln Bildungserfolge von der sozialen Herkunft abhängig sind. „Darauf müssen wir reagieren“, betonte Roters und versprach: „Die Planung wird nicht in Schubladen landen, sondern sie wird Basis unseres künftigen Handelns.“

Rat soll im Oktober entscheiden
Mit dem knapp 290 Seiten starken Konzept betritt die Stadt Köln Neuland. Denn in der Planung werden erstmals Jugendhilfe und Schulentwicklung gemeinsam betrachtet. Anders als in den Jahren zuvor untersucht das Konzept zudem nicht einzelne Schulen, sondern verschiedene räumliche Gebiete in Köln. Die neue Betrachtungsweise hängt mit einem geänderten Verständnis von Bildung zusammen, erläuterte heute Kölns Schul- und Jugenddezernentin Agnes Klein. In modernen Ansätzen dürfe man Bildung, Betreuung und Erziehung nicht mehr getrennt voneinander behandeln. Heute wurde das Konzept in einer Sondersitzung dem Jugendhilfe-Aussschuss und dem Ausschuss für Schule und Weiterbildung vorgestellt. In den kommenden Monaten soll über die Planungen in den Bezirksvertretungen und schulischen Regionalkonferenzen beraten werden, bevor der Kölner Stadtrat voraussichtlich im Oktober 2011 das Konzept beschließen wird.

“Eine Momentaufnahme mit Zukunftsperspektive“
 „Der Plan ist eine Momentaufnahme mit Zukunftsperspektive“, so Klein. So gibt das Konzept eine Rahmenplanung vor, formuliert erste Ziele, Herausforderungen und Lösungsansätze für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Besondere Schwerpunkte legt das Konzept dabei etwa auf den Ausbau von Kitaplätzen von Unterdreijährigen. So sollen mit umfangreichen Baumaßnahmen die Versorgung für Betreuungsplätze auf 40 Prozent ausgebaut werden. Denn Studien hätten gezeigt, dass eine frühkindliche Bildung den späteren Bildungserfolg begünstigen könnte. Dazu sollen weitere Projekte folgen, die verstärkt auch Kinder aus sozialschwächeren Familien oder aus Familien mit Migrationshintergrund frühzeitig in das Bildungssystem integrierten. Hilfreich seien hier etwa Mutter-Kind-Kurse oder auch Schnupperangebote an Kitas. Daneben sollen die Schulen besser mit Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe vernetzt werden – insbesondere durch konkrete Kooperationen. Dazu würde derzeit auch ein Kinder- und Jugendförderplan von der Verwaltung erstellt, so Klein.

Förderung von Sozialräumen
Ausgebaut werden sollen zudem Konzepte wie die Bildungslandschaften und das Projekt „Lebenswerte Veedel“, das die Lebensbedingungen in 11 ausgewählten Sozialraumgebieten verbessern will. Diese Programme sollen dazu führen, dass Kinder mit derzeit geringeren Chancen auf eine gute Bildung einen erhöhte Bildungsbeteiligung auch außerhalb der Schulen erhalten. Nach einer Sozialraumanalyse besteht derzeit insbesondere in Teilen Ehrenfelds, Mülheim, Kalk und Chorweiler ein erhöhter Bedarf an Kinder- und Jugendhilfe.

Finanzierung ungewiss
Das Konzept sieht außerdem die Weiterentwicklung des Ganztages und den Ausbau von Schulen für die Sekundarstufe I und II vor. Gefragt seien dabei insbesondere die Erweiterung von Gymnasien und Gemeinschaftsschulen oder Gesamtschulen. Dazu gehöre auch, dass mehr Schulen einen inklusiven Unterricht anbieten sollten. Dazu sei es jedoch wichtig, dass auch die Landesregierung eine entsprechende gesetzliche Regelung treffe. Die Stadt Köln rechnet damit, dass in den nächsten zehn Jahren weitere Schulplätze benötigt werden – insbesondere in Ehrenfeld, Lindenthal, im Kölner Süden und in Nippes. Wo genau neue Räume für weitere Schulen entstehen könnten, sei jedoch schwierig, betonte Klein. Denn der Platz in Köln sei begrenzt. Daher versuche man Investoren in Neubaugebieten davon zu überzeugen, Raum für Schulen und Kindertagesstätten mit einzubeziehen.

Ungewiss ist oftmals auch die Finanzierung der Handlungsziele. Gerade in der Jugendhilfe bleibt die Stadt dabei oftmals auf sich gestellt. Hier muss es Köln gelingen, mit verschiedenen Projekten Landes- und Bundesmittel zu akquirieren. „Wir müssen kreativ sein“, erklärte Frank Pfeuffer, Strategische Jugendhilfeplanung.

21 Handlungsziele im Wortlaut
Kindertagesbetreuung – Bedarfsgerechter Ausbau für unter 3-Jährige, Gewährleistung des Rechtsanspruchs für Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt und qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege

Ganztag – Bedarfsgerechter Ausbau und qualitative Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten an Schulen

Schulbildung – Verbesserung der schulischen Bildungserfolge: Weniger Abgängerinnen und Abgänger ohne Abschluss, mehr Abgängerinnen und Abgänger mit höheren Abschlüssen

Schulstruktur – Bedarfsgerechtes Angebot an Schulformen und Weiterentwicklung der Schulstruktur in Richtung „Länger gemeinsam Lernen“

Übergänge – Systematisierung und Weiterentwicklung des Übergangsmanagements von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule, von der Grundschule in die Sekundarstufe I, von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II und von der Schule in den Beruf

Weiterbildung – Weiterentwicklung von nachschulischer und berufsbegleitender Qualifizierung, Unterstützung des Erwerbs non-formaler Bildungskompetenzen und Ausweitung der Altersbildung

Sprachförderung – Förderung der Internationalität und Mehrsprachigkeit der Bildungsbereiche, Ausbau und qualitative
Weiterentwicklung der Sprachförderung

Non-formale Bildung – Unterstützung non-formaler Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen (Persönlichkeitsbildung, Engagementförderung), Weiterentwicklung außerschulischer Bildungs- und Entwicklungsangebote

Modernes Bauen – Entwicklung und Umsetzung von modernen Baukonzepten vorschulischer, schulischer und außerschulischer Bildungs- und Entwicklungsangebote

Familienfreundlichkeit – Stärkung der Position der Familien in der Stadtgesellschaft durch verstärkte Beratung, Bildung, Förderung und Unterstützung von Eltern und Familien – Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern

Erziehung – Bedarfsgerechte Hilfen zur Erziehung, Vermeidung von Kindeswohlgefährdung und effektiver Kinder- und Jugendschutz

KidS – Entwicklung zur Bildungseinrichtung – Verbesserung der Bildungs- und Entwicklungschancen der Kinder und Jugendlichen bei den Kinder- und jugendpädagogischen Einrichtungen der Stadt Köln (Ki d S)

Integration – Erhöhung der Bildungsbeteiligung (in Kindertageseinrichtungen, in Offenen Ganztagsschulen im Primarbereich) und Verbesserung der schulischen Bildungserfolge von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen

Gesundheitsbildung und Gesundheitsförderung – Bedarfsgerechte Weiterentwicklung gesundheitsfördernder Angebote insbesondere in den Settings Kindertageseinrichtung, Schule, Jugendeinrichtung

Freizeit, Spiel – Bedarfsgerechte Weiterentwicklung und Attraktivierung von Freizeit-, Spiel-, Sport- und Bewegungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum (in Kooperation mit Bildungsinstitutionen und Vereinen)

Sport – Förderung des Vereins- und Breitensports, Ausbau von Sportangeboten für Senioren und Menschen mit Behinderung, Unterstützung des Leistungssports und Stärkung des Profils der Sportstadt Köln

Kulturelle Bildung – Transparenz über und Weiterentwicklung der kulturellen Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche

Partizipation – Frühzeitige Beteiligung von Kindern, Jugendlichen, Eltern, Bildungsträgern, Initiativen und Vereinen an der Gestaltung von Bildungsprozessen und –angeboten beziehungsweise von Kindern und Jugendlichen an der Stadtplanung

Inklusion – Selbstverständliche Teilhabe aller Kinder an Bildung, insbesondere verbesserte Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen und Regelschulen

Vernetzung/ Sozialraumorientierung – Verbesserung der Kooperation und Vernetzung von Bildungsakteuren und -institutionen auf teilräumlicher Ebene; weitere Umsetzung sozialraumorientierten Planens und Handelns (Bildungsnetzwerke, Bildungslandschaften, Sozialraumgebiete)

Bildungsmanagement – Entwicklung eines gesamtstädtischen Bildungsmanagements mit dem Ziel, in einem transparenten System gelingende Bildungsbiographien ohne Brüche zu ermöglichen

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
[Zeichnung: dido-ob/ www.pixelio.de]