Berlin | Die Sicherheitsbehörden sind wegen eines salafistischen Drohvideos in erhöhter Alarmbereitschaft. Es bestehe eine ernsthafte Gefährdungslage in Deutschland, hieß es am Dienstag in Sicherheitskreisen in Berlin. Anlass ist ein über die Internetplattform Youtube verbreiteter Film, in dem der mutmaßlich in Pakistan lebende deutsche Islamist Yassin Ch. alias Abu Ibrahim zu Morden an Pro-NRW-Aktivisten und Journalisten aufruft.

Damit habe die Bedrohung durch den Salafismus eine neue Qualität erreicht, hieß es. Abu Ibrahims Wort habe Gewicht in der Szene. Möglich sei nun „die ganze Bandbreite“ von Reaktionen. Schutzvorkehrungen seien bereits eingeleitet worden. Es könnte durchaus sein, dass der Aufruf „zum Anlass für Anschläge genommen wird“, sagte der Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, der „Bild“-Zeitung.

Rund 24 salafistische Gefährder in Deutschland

Hinweise auf konkrete Anschlagsvorbereitungen gebe es allerdings noch nicht, hieß es weiter aus Kreisen. Insgesamt gibt es nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden derzeit 130 sogenannte Gefährder in Deutschland, denen Anschläge zugetraut werden, 24 davon sind Salafisten. Gefahr könnte sowohl von in der Szene bekannten Islamisten als auch von bisher unentdeckten Einzeltätern ausgehen.

In der siebenminütigen Videobotschaft rät Ch. seinen Anhängern, nicht mehr zu den Pro-NRW-Versammlungen zu gehen, sondern „einzelnen Personen der Pro-NRW“ aufzulauern und „im Schutz der Dunkelheit“ zuzuschlagen: „Ihr sollt die Mitglieder der Pro-NRW alle töten.“ Auch die Medienvertreter hätten sich durch das Abdrucken der Mohammed-Karikaturen mitschuldig gemacht und sollten getötet werden. Das Video ist mit einem Standbild unterlegt. Zu sehen ist Ch., im Hintergrund Bilder der Pro-NRW Proteste, daneben eine Koransure.

Propagandist reiste 2007 aus

Der Bonner Yassin Ch. war 2007 mit seinem Bruder Mounir ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet ausgereist. Als „Abu Ibrahim“ und „Abu Adam“ schlossen sie sich der Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) an und produzierten Drohvideos und islamistische Kampflieder. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit längerem gegen beide wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung.

Die Partei Pro NRW hatte in den vergangenen Wochen in zahlreichen nordrhein-westfälischen Städten Anti-Islam-Kundgebungen veranstaltet und dabei mit Mohammed-Karikaturen provoziert. In Solingen und Bonn kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen radikalislamischen Salafisten und Anhängern der rechten Gruppierung. Allein in Bonn wurden dabei 29 Polizisten verletzt, zwei durch Messerstiche schwer.

Autor: Von Johann Tischewski, dapd
Foto: Die rechtspopulistische Bürgerbewegung Pro NRW zeigte wiederholt Karikaturen. Die Aktionen wurden von zahlreichen Journalisten begleitet, zu Letzt in Köln von über 100 Medienvertretern