Report-k.de: Herr Evsan, mit Ihrem Unternehmen sind Sie in Köln zu Hause. Wie ist es zur Gründung von sevenload gekommen und warum sind Sie in Köln?
Ibrahim Evsan: Ich lebe bereits seit zwölf Jahren in Köln und fühle mich sehr wohl hier. Da stellte sich gar nicht die Frage, woanders ein Unternehmen zu gründen. Die Idee zu sevenload  kam eigentlich sehr spontan zustande. Ich saß mit meiner Frau zu Hause auf der Couch und zappte von 1-38 durch die Programme, immer wieder und wieder. Das dauerte immer so etwa zwei Minuten. Meine Frau und ich merkten einfach, dass das Programm nicht unseren Nerv traf. Da wurde die Idee zu sevenload geboren.

Ist Köln als Standort eine gute Wahl?
Die Stadt und die Wirtschaftsförderung haben bisher wenig Notiz von uns genommen oder sich um Web 2.0-Unternehmen gekümmert. Wir haben über 50 neue Arbeitsplätze geschaffen, aber ein Lob vom Bürgermeister oder von der Wirtschaftsförderung haben wir dafür nicht bekommen. In anderen Städten ist das ganz anders. Für uns ist diese Haltung sehr enttäuschend. Die Wirtschaftsförderung der Stadt und auch die Industrie- und Handelskammer müssten eindeutig mehr tun, immerhin werden wir von der Deutschen Telekom und Burda unterstützt.

Köln ist also nicht der ideale Standort für Internetunternehmen?
Köln hat unter den deutschen Großstädten die kleinste Internetszene und ist für Web 2.0-Unternehmen nicht der ideale Standort. Hamburg mit „Qype“ oder „Xing“, Berlin mit „StudiVZ“, oder München mit den großen Burda Titeln sind da sehr viel weiter. Unter den Top 100 der bei der AGOF gerankten Titel finden sie nicht viele Kölner Unternehmen. Wir belegen dort immerhin Platz 65. Köln hat die Zukunft der digitalen Medien absolut vernachlässigt. In der Agenturszene sieht es ähnlich aus. An größeren, namhaften Kölner Agenturen fallen mir gerade mal „Denkwerk“ und „Antwerpes“ ein.

Was ist zu tun?
Köln muss digitaler werden, sonst sehe ich schwarz für die Zukunft. Auch die Games-Firmen und die Microsoft Ansiedlung dürfen da nicht drüber hinwegtäuschen. Denn meist sind es nur die Vertriebsorganisationen, die sich in Köln angesiedelt haben oder noch ansiedeln werden. Das ist nicht digital, Köln braucht die Entwickler.

Köln muss die Augen aufmachen und sehen, was in anderen Städten passiert. Dann müssen mehr Stammtische, neuartige Messen und Veranstaltungen initiiert werden, also Kommunikation und Diskussion rund um die digitale Welt. Auch das Medienforum fand ich super enttäuschend und ich bin sehr gespannt, ob die Messe die Veranstaltung im nächsten Jahr noch in dieser Form weiterführen kann. Auch die Kölner Medien berichten lieber jahrelang und in epischer Breite über den Müllskandal bei Trienekens, als über junge Startups.

Das Marktforschungsinstitut Allensbach hat gerade veröffentlicht, dass sich mehr Menschen Informationen im Netz besorgen, als in der guten alten Zeitung. Prof. Schwaderlapp prophezeite für 2009 das gigantische Werbepotential von vier Milliarden Euro. Sehen sie die Entwicklung auch so?
Auf jeden Fall hat Prof. Schwaderlapp völlig Recht. Köln muss umdenken und die Internetunternehmen müssen sich in Köln wohlfühlen. Sie müssen gefördert werden. Köln hat in der ersten Internetdepression 2001 seine guten Unternehmen verloren und ist bis heute aus dieser Krise nicht wieder herausgekommen. Das hat sich auch viral im Netz  herumgesprochen. Heute sagen die Buschtrommeln: “Du musst in Berlin sein“.

Wie sieht es denn mit Nachwuchs und Personal für ein junges Internetunternehmen wie sevenload in Köln aus?
Auch hier wird zu wenig getan. Wir haben die klare Forderung, dass es mehr innovative Schulen geben muss, die den Umgang mit den digitalen Medien fördern. Das gilt auch für Ausbildungsstätten und die Hochschulen. Die KISD (Köln International School of Design) oder die KHM (Kunsthochschule für Medien Köln) reichen da nicht aus. In anderen Städten werden permanent neue erfolgreiche Privatschulen gegründet.

Unsere Personalsituation in Köln ist sehr schwierig. Wir finden keine Programmierer in der Stadt, das heißt wir müssen auch immer Umzüge mitfinanzieren. Auch hier erhalten wir keine Hilfe von der Stadt. Ich würde den aktuellen Personalmarkt als wirklich schrecklich bezeichnen.

Gemeinsam mit t-online haben Sie den „active artist fund“ mit einer beträchtlichen Summe an Preisgeldern, immerhin 77.777 Euro, ausgelobt. Warum?
Es gibt unglaublich spannende Sendungen im Netz. Alleine bei sevenload gibt es 400 WebTV-Sendungen in 13 Kanälen, die entweder von Nutzern erstellt oder auch professionell produziert sind. Einen Teil dieser Sendeplätze haben wir den jungen Talenten eingeräumt. Da ist es doch an der Zeit für einen Preis, finden Sie nicht? Wir sind überzeugt davon, dass WebTV die zukünftige Entwicklung des Bewegtbildmediums prägen wird. Und für die Besten muss es einen Preis geben. Wir wollen junge Talente fördern. Zudem wird das Internet schon bald über den Fernseher Einzug in die deutschen Wohnzimmer halten.

Das heißt, auch die zukünftigen Stars kommen eher aus dem Netz?
Ja ich denke mit der fortschreitenden Entwicklung wird der nächste Top-Comedian von der Klasse eines Mario Barth im Netz geboren.

Wo liegen die Stärken der Videos in Zukunft?
Information und Fachwissen werden neben dem reinen Spaßfaktor die Videos prägen. Hier entsteht ein riesiger Markt.

Wie sieht es mit Live-Übertragungen im Netz aus?
Ja, bei der ein oder anderen Veranstaltung mag das sinnvoll sein. Aber mal Hand aufs Herz. Es ist mir eigentlich egal, ob ich eine Serie oder DSDS um 18 Uhr oder um 19 Uhr sehen kann. Wichtig ist mir nur, dass ich sie in meiner gewohnten Umgebung genießen kann und auf meine Community treffe.

Wie schätzen Sie den Markt der mobilen Angebote ein?
Wir müssen den Begriff „mobil“ nur weiter fassen. Dazu gehört auch der Laptop und nicht nur das Handy. Ich glaube dieser Markt befindet sich noch in der Entstehung und ist abhängig von der Frage, wie stark UMTS künftig sein wird.

Im Gespräch ist, dass Netcologne, die das alte C-Netz in Köln gekauft haben, dieses zu flächendeckendem W-Lan umbauen. Was halten Sie von der Idee?
Ich würde mir sofort eine Flatrate besorgen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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INFOBOX: sevenload

sevenload ist Europas führendes Social Media Network für Fotos, Videos und WebTV. Mit über 400 interaktiven Sendungen in 13 Kanälen bietet sevenload das größte Angebot an redaktionellen und nutzergenerierten WebTV-Sendungen. Für werbetreibende Unternehmen und Produktionsfirmen ist sevenload der ideale Anbieter für crossmediales Marketing, moderne Videotechnologie und Branded Entertainment. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Köln-Ehrenfeld.
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Das Gespräch führte Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung
Foto: PR