Wolodymyr Selenskyj und Olaf Scholz am 11.10.2024. | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Berlin | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei dessen Besuch in Berlin eine umfangreiche neue Waffenlieferung zugesagt. „Bis zum Jahresende werden wir mit Unterstützung unserer Partner, Belgien und Dänemark und Norwegen, ein weiteres militärisches Unterstützungspaket im Wert von rund 1,4 Milliarden an die Ukraine liefern“, sagte Scholz am Freitagnachmittag bei einem Pressestatement nach Selenskyjs Helikopterlandung im Garten des Kanzleramtes in Berlin. „Darin enthalten sind unter anderem weitere Luftverteidigungssysteme vom Typ IRIS-T und Skynex, Flakpanzer Gebhard, Panzer und Radhaubitzen, Kampfpanzer, geschützte Fahrzeuge, Kampfdrohnen, Radare und Artilleriemunitionen.“

Auch im nächsten Jahr werde man die militärische Unterstützung der Ukraine kraftvoll fortsetzen. „4 Milliarden Euro sind bereits im direkter bilateraler Hilfe im Haushalt vorgesehen“, so Scholz. Dazu komme der 50-Milliarden-Dollar-Kredit der G7. Der Kanzler wiederholte, dass man weiterhin fest an der Seite der Ukraine stehe. „Wir werden keinen Diktatfrieden Russlands akzeptieren.“

Selenskyj kündigte an, Scholz seinen Friedensplan für die Ukraine vorstellen zu wollen. „Die Ukraine möchte wie kein anderes Land der Welt, dass dieser Krieg gerecht zu Ende geht“, sagte Selenskyj. „Wir wollen unseren engsten Freunden unsere Strategie vorstellen, wie wir den Frieden näherbringen.“

Der ukrainische Präsident dankte Deutschland und Scholz persönlich. „Deutschland hilft uns am meistens mit Luftverteidigung“, erklärte er. „Das rettet tausende Leben ukrainische Leben und gibt unseren Städten und Dörfern die Möglichkeit, sich vom russischen Terror zu schützen.“ Man müsse zugleich „schon an das nächste Jahr denken, dass die Unterstützung weiterhin auf diesem Niveau bleibt und uns gestattet, Leben zu retten“.

Bei dem Pressestatement waren Nachfragen durch Journalisten nicht erlaubt. Selenskyj soll am Nachmittag mit dem Bundeskanzler ein Gespräch „unter vier Augen“ führen, wie es hieß. Am späteren Nachmittag soll der ukrainische Präsident auch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue zu Gast sein, bevor er wieder abreist. Vor dem Besuch des ukrainischen Präsidenten in Berlin sind in der Hauptstadt verschärfte Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Unter anderem wurde das Bundeskanzleramt weiträumig abgesperrt.

Ursprünglich war für Selenskyjs Besuch in Deutschland ein Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein geplant. Diese war nach einer Absage von US-Präsident Joe Biden verschoben worden. Biden hatte seinen Deutschland-Besuch wegen des Hurrikans „Milton“ verschoben.

Selenskyj war am Donnerstag in London, Paris und Rom. In London wurde eine Sicherheitsvereinbarung unterzeichnet, wie sie unter anderem auch schon mit Deutschland besteht. Bei seinem Besuch in Rom verkündete die italienische Regierungschefin Giorgia Melonie, dass sie 2025 eine Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine ausrichten möchte. Von Zusagen zu weitreichenderen Waffen konnte Selenskyj bislang die europäischen Partner offenbar nicht überzeugen.

Wagenknecht will Druck auf Selenskyj erhöhen

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat die Bundesregierung dazu aufgefordert, Druck auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auszuüben. „Die Chinesen könnten Putin unter Druck setzen, wir sollten das auch gegenüber Selenskyj tun, damit beide Seiten zu Kompromissen gedrängt werden“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Samstag.

„Es gibt einen guten Friedensplan von Brasilien und China. Ich wünsche mir, dass Deutschland und auch die EU solche Initiativen unterstützen“, so Wagenknecht.

Die „Friedensplan“ genannten sechs Forderungen von Brasilien und China rufen Russland und die Ukraine unter anderem zu einem Waffenstillstand auf, stellen aber keine Forderungen zur territorialen Integrität beider Länder auf. Ohne eine Rückkehr zu den völkerrechtlichen Grenzen beider Länder würde ein dauerhafter Waffenstillstand allerdings zu Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland führen, befürchten Experten.

Wagenknecht spekulierte über einen möglichen russischen Angriff mit Atomwaffen auf die Nato. „Wenn die Nato in der Ukraine zur Kriegspartei wird, dann wird es einen Punkt geben, an dem Russland auch militärische Einrichtungen auf Nato-Gebiet angreift“, sagte sie. „Und dieser Konflikt wird dann sehr schnell nuklear eskalieren, weil das der einzige Bereich ist, in dem Russland der Nato nicht unterlegen ist.“ Deshalb sei es „so wahnsinnig gefährlich, wenn wir uns immer tiefer in diesen Krieg hineinziehen lassen“, so die BSW-Chefin.