Aus Bernstein, in Jahrmillionen aus dem zähflüssigen Harz von Bäumen entstanden, schufen Schmuckkünstler bereits im 8. Jahrhundert vor Christus Colliers, Diademe, Gürtel und geschnitzte Amulette. Weder Gold, noch Zinn oder Halbedelsteine, nicht einmal Gewürze faszinierten in der Antike Dichter und Mythenschöpfer so sehr wie Bernstein, erläuterte heute Friederike Naumann-Steckner, stellvertretende Direktorin des Römisch-Germanischen Museums.
Geheimnisse und Legenden begleiten seit mehr als 2000 Jahren seine Geschichte. Die einzigartige Lichtdurchlässigkeit, die durch Reiben erzeugte elektrostatische Wirkung, der harzige Duft beimVerbrennen, die sich warm anfühlende Oberfläche – das alles soll bereits in der Vorgeschichte dazu geführt haben, dem Bernstein magische und Übel abwehrende Kräfte zuzuschreiben. In der Ausstellung ist extra ein Bernstein-Exemplar in der Größe eines Handschmeichlers zum Anfassen bereitgelegt.


Foto: Bronzeschmuck mit Bernsteinen aus dem Chiaramonte-Grab 91, 7. Jahrhundert vor Christus


Tränen für Phaeton
Die Überlieferung, die in der Ausstellung auf Infotafeln dargestellt ist, führt den Ursprung des Bernsteins auf die Gärten der Hesperiden im äußersten Westen zurück. In seinen Metamorphosen erzählt der Dichter Ovid, Phaeton habe mit dem Sonnenwagen seines Vaters Helios den Himmel durchquert und sei dabei der Erdkugel zu nahe gekommen. Damit sie nicht verbrenne, traf ihn ein Blitz des Zeus. Phaeton stürzte in den Fluss Eridanos, den Po. Seine drei Schwestern wuchsen vor Trauer um den Bruder nach und nach am Boden fest und wurden zu Bäumen. Ihre Tränen, so die Erzählung, wurden von der Sonne gehärtet und in Bernstein verwandelt.

In einer Ruhestätte in Chiaramonte beispielsweise fanden sich in einer sehr reichen Bestattung des 7. Jahrhunderts vor Christus ein aufwändiger Brustschmuck und ein Gürtel aus viereckigen, durchbohrten Plättchen, durch mehrere Fäden zusammengeflochten. In einem anderen Grab auf demselben Friedhof wurden Scheiben aus Bernstein ausgegraben, die ein Gewand säumten. Aus Latronico stammt ein Gürtel mit Bernstein-Elementen in Entenform, aus Alianello ein Diadem aus Elfenbein-, Glas- und Bernsteinperlen mit ägyptischen Skarabäus-Anhängern.

In der Ausstellung mit dem Titel „Zauber in Bernstein – Schmuck und Amulette aus der Basilikata“ sind fast 200 Kleinkunstwerke, darunter vollständige Schmuck-Ensembles aus 17 Gräbern der oinotrischen Oberschicht zu sehen. Sie erlauben Einblicke in die Bestattungsriten und die sozialen Strukturen der antiken Basilikata. Außerdem geben sie Zeugnis von der Fantasie und der großen Geschicklichkeit der Bernsteinschnitzer und führen ein in die Geschichte dieser wenig bekannten Region.

Der Eintritt (Kombikarte für Museum und Sonderausstellung) kostet sieben Euro, ermäßigt vier Euro. Öffnungszeiten: täglich außer montags 10 bis 17 Uhr. An Karneval vom 3. bis 8. März 2011 ist geschlossen.

Klaus Pauly für report-k.de | Kölns Internetzeitung