17:15 Uhr > Innenminister Friedrich legt Gesetzentwurf für Neonazidatei vor
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat einen Gesetzentwurf für eine umfassende Neonazi-Datei vorgelegt. Gespeichert werden sollen erstens Personen, die "Verdächtige, Beschuldigte, Täter oder Mittäter einer politisch rechts motivierten Gewalttat mit extremistischem Hintergrund" sind sowie Personen, die als "Anstifter oder Gehilfe einer solchen Tat in Erscheinung getreten sind." Das berichtet die Tageszeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe), der der Gesetzestext vorliegt. Friedrich will zweitens Personen mit "rechtsextremistischer Einstellung, die zur Gewalt aufrufen" erfassen, "die die Anwendung von rechtsextremistisch begründeter Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange bejahen, unterstützen, vorbereiten, oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen oder bei denen Waffen ohne die erforderlichen waffenrechtlichen Berechtigungen oder Explosivstoffe" gefunden werden.

Drittens sollen in die Datei auch Kontaktpersonen von Rechtsextremisten aufgenommen werden, die "nicht nur flüchtig oder in zufälligem Kontakt" mit ihnen in Verbindung stehen. Viertens sollen "rechtsextremistische Gruppierungen, Bankverbindungen, Anschriften, Telekommunikationsanschlüsse, Telekommunikationsendgeräte, Internetseiten oder Adressen für elektronische Post" gespeichert werden. Hierfür müssen "tatsächliche Anhaltspunkte" die Annahme begründen, dass jemand "im Zusammenhang" mit einem Rechtsextremisten steht. Friedrich will im einzelnen "den Familiennamen, die Vornamen, frühere Namen, andere Namen, Aliaspersonalien, abweichende Namensschreibweisen, das Geschlecht, das Geburtsdatum, Geburtsstaat, aktuelle und frühere Staatsangehörigkeiten, gegenwärtige und frühere Anschriften, besondere körperliche Merkmale, Sprachen, Lichtbilder" speichern lassen. Zu den "Grunddaten" gehören Angaben zu Haftbefehlen und zu Identitätspapieren sowie zu Funktionen (Funktionär, Mitglied oder Anhänger) in rechtsextremistischen Vereinen, Organisationen, Netzwerken und sonstigen Gruppierungen. "Erweiterte Grunddaten" sind geplant bei Kontaktpersonen, gegen die tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie von der Planung und Begehung rechtsextremistischer Straftaten Kenntnis haben. Zu diesen Daten zählen beispielsweise Angaben über "besondere Kenntnisse und Fertigkeiten in der Herstellung oder im Umgang mit Sprengstoffen oder Waffen" sowie zur "Gefährlichkeit, insbesondere Waffenbesitz oder zur Gewaltbereitschaft der Person".

17:10 Uhr > Verbindung zwischen "Zwickauer Zelle" und "Blood & Honour"?
Nach Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal21" gibt es Verbindungen zwischen dem Zwickauer Terrornetzwerk und der militanten Neonazi-Organisation "Blood & Honour". Der wegen Unterstützung der Zwickauer Terrorzelle kürzlich Verhaftete soll nachweislich noch im Sommer 2011 Kontakte zu einem früheren Mitglied von "Blood & Honour" haben. Dies will "Frontal21" am heutigen Dienstag, 29. November 2011, 21.00 Uhr, berichten. Das frühere Mitglied gilt in der rechtsextremen Szene als Schlüsselfigur des seit 2001 verbotenen Netzwerkes. Wegen Unterstützung dieser Gruppierung wurde er vom Landgericht Halle 2008 rechtskräftig verurteilt.

15:55 Uhr > Kanzlerin ermahnt Leutheusser-Schnarrenberger
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ermahnt, sich mit Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf die Einrichtung einer zentralen Neonazi-Datei zu verständigen. Das berichtet die Tageszeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise. "Frau Leutheusser soll in dem Telefonat mit der Kanzlerin daraufhin zugesagt haben, dass man sich schon einigen werde", hieß es demnach in Berlin. Das Telefonat mit der Kanzlerin fand am vergangenen Freitag vor einer Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe statt, die sich mit der Datei beschäftigt. Friedrich will sich nach Informationen der Zeitung an diesem Dienstagabend mit Leutheusser-Schnarrenberger treffen, um den Gesetzentwurf für die Neonazi-Datei abschließend zu besprechen. Die Ministerin hatte bisher gegen eine so umfangreiche Datensammlung Bedenken.

14:20 Uhr > Innenminister Friedrich berät mit muslimischen Organisationen
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Präsidenten des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Jörg Ziercke und Heinz Fromm, haben heute Morgen zwei Stunden lang mit Vertretern muslimischer Organisationen über den Rechtsterrorismus gesprochen. Das berichtet die "Mitteldeutsche Zeitung" (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Teilnehmer. Von muslimischer Seite waren der Zentralrat der Muslime, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) dabei. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der Zeitung nach dem Treffen: "Wir haben unsere Sorge und Angst über die rechtsextremistischen Terrorereignisse der letzten zwei Wochen zum Ausdruck gebracht. Dadurch sind die Sicherheitsbehörden und staatlichen Organe in eine Vertrauenskrise geschlittert. Wenn wir etwas schon jetzt gelernt haben, dann das: Man darf sich in Zukunft nicht allein auf den sogenannten Islamismus fokussieren, sondern muss in jedem Fall Islamfeindlichkeit und Rechtsterrorismus in die bereits bestehende Sicherheitspartnerschaft mit einbeziehen. Das eine darf auch nicht gegen das andere ausgespielt werden." Er forderte: "Wir brauchen in allen Bereichen der Extremismus- und Terrorbekämpfung die gleiche Akribie in Ermittlung und Prävention." Dabei müssten nicht aufgeklärte Fälle – also Anschläge auf Moscheen oder türkische Wohnhäuser – neu aufgerollt werden. Das sei zugesichert worden. Der Minister hat Mayzek zufolge "sehr wohl verstanden, dass wir in Zukunft Signale brauchen, denen zufolge Muslime ein Teil unseres Landes sind und dass wir gemeinsam gegen jeglichen Extremismus stehen müssen". Noch am Dienstag werde das Bundesinnenministerium deshalb eine Hotline einrichten, an die sich muslimische Bürger, die sich bedroht fühlten, wenden können. Dies hätten die Muslime begrüßt. Weitere Signale müssen allerdings folgen.

09:50 Uhr > Weiterer mutmaßlicher Unterstützer festgenommen
Die Festnahme wurde von Beamten des Landeskriminalamts Thüringen durchgeführt. Der Beschuldigte ist laut Bundesanwaltschaft dringend verdächtig, Beihilfe zu sechs vollendeten Morden und einem versuchten Mord der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" geleistet zu haben. Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen bildeten zwei am 4. November 2011 verstorbenen Männer gemeinsam mit einer Frau die terroristische Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)". Diese Gruppierung soll für die neun Morde an Mitbürgern türkischer und griechischer Herkunft der Jahre 2000 bis 2006 (sogenannte Ceska-Morde), den Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn vom 25. April 2007 sowie die Sprengsatzanschläge vom 19. Januar 2001 und vom 9. Juni 2004 in Köln verantwortlich sein. Zweck der Vereinigung war es, aus einer fremden- und staatsfeindlichen Gesinnung heraus vor allem Mitbürger ausländischer Herkunft zu töten und Sprengstoffanschläge zu begehen. Zudem sollen ihre Mitglieder Geldinstitute überfallen haben, um ihren Finanzbedarf zu decken.

Nach den bisherigen Erkenntnissen war der 36-Jährige seit 1995 in rechtsextremistischen Kreisen in Thüringen aktiv. Er stand bereits in den 1990er Jahren in enger Verbindung zu den drei Mitgliedern des "NSU" und soll diese bei ihrer Flucht im Jahr 1998 und in der Folge finanziell unterstützt haben. Zudem vermittelte er den Kontakt zwischen den "NSU"-Mitgliedern und einem weiteren Unterstützer, der ihnen Geld und Ausweisdokumente überließ. Aufgrund seiner anhaltenden Verbindung zu der unter falscher Identität lebenden Gruppe wusste er von ihren terroristischen Straftaten. Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, dem "NSU" 2001 oder 2002 eine Schusswaffe nebst Munition verschafft zu haben. Er soll Waffe und Munition einem Kurier übergeben haben, der sie in seinem Auftrag zu den "NSU"-Mitgliedern nach Zwickau brachte. Dabei nahm der Beschuldigte billigend in Kauf, dass die Schusswaffe für rechtsextremistische Morde verwendet werden könnte. Der Beschuldigte soll noch heute dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der ihm den Haftbefehl eröffnen wird.

"Rätselraten" über mögliche Informanten-Tätigkeit von "NSU"-Mitglied
Bei der Aufklärung der Mordspur des Zwickauer Neonazi-Trios gehen die Ermittlungsbehörden einem Medienbericht zufolge weiterhin der Frage nach, ob die einzige Überlebende (36) zeitweilig auch als Informantin der Sicherheitsbehörden gearbeitet hat. Wie die "Leipziger Volkszeitung" weiter schreibt, sei gleichzeitig offen, ob die Landeskriminalämter Aussagegenehmigung seitens der Landesinnenminister für eine Unterrichtung des Bundestags-Innenausschusses Mitte dieser Woche erhalten. Nach Informationen des Blatts gibt es aus der Zeit zwischen 1998 und 2011 einen Hinweis, offenbar des thüringischen Landeskriminalamtes, wonach die Frau staatlicherseits "gedeckt" sei. Dahinter sollen sich Zuträgerleistungen aus der rechten Szene von der Frau unter anderem auch für thüringische Sicherheitsbehörden verbergen. In dieser Zeit soll die 36-Jährige fünf Alias-Namen verwendet haben. 2003 habe es darüber hinaus Kontakte zwischen der Justiz und Vertrauten von der Verdächtigen gegeben, ob und wie sich die Abgetauchte zurück an die Öffentlichkeit begeben könne.

Bei der jüngsten Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses waren Behördenvertreter des Verfassungsschutzes von Ausschussmitgliedern nach einer bezahlten Zuarbeit von der 36-Jährigen gefragt worden. Dies hatten Vorgesetzte ebenso verneint wie die Frage, ob es bei ihr Anwerbeversuche des Verfassungsschutzes gegeben habe. "Diese Antworten sind nicht in Zweifel gezogen worden", sagte Innenausschuss-Vorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) gegenüber dieser Zeitung. Allerdings gab es in den letzten Tagen neue Mutmaßungen über Verbindungen zwischen der einzig Überlebenden des Neonazi-Mordtrios und Behörden. Dabei spielte auch das Landeskriminalamt Thüringen eine Rolle.

Die Vertreter der betroffenen Landeskriminalämter aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen sind für Mitte dieser Woche zur nächsten Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses geladen. Es soll dabei um V-Leute aber auch um das Verhalten von Anklagebehörden zwischen 1998 und 2011 gehen. Es wurde immer nach Einzeltätern und nie nach verdächtigen rechtsterroristischen Strukturen ermittelt. Dabei waren 1991 aus einem Bundeswehr-Depot im thüringischen Großeutersdorf 38 Kilogramm Dynamit verschwunden, wovon ein kleiner Teil 1998 in einer von der 36-Jährigen gemieteten Garage für den Bau von Rohrbomben verwendet und von der Polizei aufgefunden worden war. Der Innenausschuss-Vorsitzende Bosbach warb für eine Aussagegenehmigung der LKA-Vertreter durch die Länderinnenminister, "weil sich der Ausschuss ein möglichst vollständiges Bild machen möchte". Zuvor hatten sich mehrere Länderinnenminister aber, Informationen der Zeitung zufolge, darauf verständigt, die LKA-Vertreter nicht sprechen zu lassen. Der Bund habe keine entsprechende Kompetenz.

Weitere Artikel bei report-k.de:
25.11.: Kölner Politiker auf der Liste der "NSU"

24.11.: Festnahmen nach Neonazi-Mord


23.11.: Parteien diskutieren NPD-Verbot

21.11.: Laut BKA gab es keine konkreten Anschlagspläne

18.11.: Bund und Länder einigen sich auf zentrale Ermittlungs-Datei

17.11.: SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz gibt Fehler in Sicherheitspolitik zu

17.11.: SPD-Chef Gabriel in der Keupstr.

17.11.: NRW-Integrationsminister Schneider zu Gast in Köln

16.11.: Debatte um NPD-Verbot

14.11.: Verübte "NSU" zwei Anschläge in Köln?


12.11.: Nagelbomber Anschlag in der Keupstraße 2004: DVD mit Geständnissen nach SPON aufgetaucht


[cs, ots]