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Ermittlungsbehörden bitten Öffentlichkeit um Mithilfe
Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt bitten um Mithilfe bei der weiteren Aufklärung einer Serie von Schwerverbrechen. Sie veröffentlichten heute Fotos der bislang bekannten Mitglieder der Gruppe. Dabei handelt es sich um den 38-jährigen Uwe Mundlos und den 34-jährigen Uwe Böhnhardt, die sich am 04.11.2011 in Eisenach nach einem Banküberfall in einem Wohnmobil selbst töteten, sowie die 36-jährige Beate Zschäpe, die sich am 08.11.2011 den Polizeibehörden stellte und u. a. wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung in Untersuchungshaft genommen wurde. Die drei Gruppenmitglieder hielten sich bereits seit Anfang 1998 vor den Ermittlungsbehörden verborgen, nutzten verschiedene Namen und Aufenthaltsorte und bewegten sich mit angemieteten Pkw und Wohnmobilen sowie auf Fahrrädern, die sie auch für die Vorbereitung und Durchführung ihrer Straftaten einsetzten.

"NSU" auch für Kölner Anschläge verantwortlich
Die Ermittler versprechen sich Hinweise auf mögliche weitere bislang nicht geklärte Straftaten sowie weitere Helfer und Unterstützer der Zwickauer Terrorzelle. Somit solle das Netzwerk "bis zu den Wurzeln" aufgeklärt werden, erklärte BKA-Chef Ziercke. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit dem 11. November gegen Mitglieder und Unterstützer der rechtsterroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Nach derzeitigen Erkenntnissen ist die rechtsterroristisch ausgerichtete Gruppierung für folgende Taten verantwortlich: Die Serie begann im Jahr 2000 mit einem Mordanschlag in Nürnberg und setzte sich bis zum Jahr 2006 mit Morden an insgesamt acht türkischen/türkischstämmigen und einem griechischen Geschäftsinhaber in Deutschland fort. Im Januar 2001 und im Juni 2004 fanden in Köln Sprengstoffanschläge auf ein Lebensmittelgeschäft bzw. vor einem Friseursalon statt, bei denen über 20 Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Im April 2007 wurde in Heilbronn eine 22-jährige Polizistin erschossen und ihr Kollege lebensgefährlich verletzt. Daneben kam es im gesamten Zeitraum, zuletzt am 04.11.11 in Eisenach, zu einer Reihe von bewaffneten Banküberfällen im Bundesgebiet.

Die Bundesanwlatschaft fragt:

  • Wo sind die Personen, auch im Zusammenhang mit Pkw, Wohnmobil bzw. Fahrrädern auf Parkplätzen, Campingplätzen oder sonst im öffentlichen Verkehrsraum aufgefallen?
  • Wo haben diese Personen, auch bei privaten Anbietern, Fahrzeuge angemietet?
  • Wer kann Hinweise zu ihren Aufenthaltsorten, Wohnsitzen oder Kontaktpersonen seit dem Jahr 1998 geben?

Hinweise bitte an die sachbearbeitende Dienststelle: Bundeskriminalamt Meckenheim. Zentrale kostenfreie Rufnummer der Hinweisaufnahme im BKA: 0800-0130110 oder an alle Landeskriminalämter bzw. jede andere Polizeidienststelle.

13:05 Uhr > Ex-Bundesverfassungsrichter sieht Versäumnisse im Vorfeld eines neuen NPD-Verbotsverfahrens
Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Hans-Joachim Jentsch, hat Bundestag und Bundesrat politische Versäumnisse im Vorfeld eines neuen NPD-Verbotsverfahrens vorgeworfen. "Man hätte das Bundesverfassungsgerichtsgesetz ändern können, bevor man jetzt möglicherweise wieder in die Schlacht zieht", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Das Gesetz sehe nämlich vor, dass eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also sechs von acht Richtern des zuständigen Senats, für das Verbot stimmen und dass diese sechs Richter dem Senat während der gesamten Dauer des Verfahrens angehören müssten. Jentsch betonte: "Eine einfache Mehrheit reicht. Ich würde das Quorum ändern." Wenn man das Gesetz aber jetzt unmittelbar vor Beginn eines womöglich neuen Verbotsverfahrens ändern würde, "dann hätte das ein Geschmäckle". Im Grunde sei es dafür schon zu spät. Das hätte der Gesetzgeber bereits leisten müssen. Für eine Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes wäre eine einfache Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

Jentsch war an dem 2003 gescheiterten NPD-Verfahren beteiligt, lehnte dessen Einstellung allerdings ab. Die von ihm geforderte Korrektur des Gesetzes hatte 2006 bereits der damalige Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), angeregt – jedoch ohne positive Resonanz. Aus dem zuständigen Senat scheidet bis zum März 2014 eine Richterin definitiv aus. Der Ex-Richter erklärte angesichts der aktuellen Nachrichten über Rechtsterrorismus und etwaige Verbindungen zur NPD überdies: "Es sieht so aus, als wäre das ganz erheblich, was man gegen die NPD ins Feld führen kann. Allerdings muss eindeutig sein, dass daran nicht V-Leute mitgewirkt haben. Die Vorwürfe dürfen nicht kontaminiert sein. Davon muss man das Gericht schon überzeugen. Außerdem dürfen zumindest im Bundesvorstand der NPD während des Verfahrens keine V-Leute sitzen." Das Risiko eines Scheiterns sei jedenfalls "beachtlich".

[dts]