Der Screenshot zeigt die von der Polizei Essen veröffentlichte Karte mit der Sperrzone rund um die Essener Grugahalle. Screenshot am 26. Juni 2024. | Karte: Polizei Essen

Köln | Am Wochenende wird in der Essener Grugahalle der Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) stattfinden. Die Polizei in Essen rechnet mit vielen tausenden Teilnehmer:innen bei den Gegenprotesten und will gewährleisten das alle Versammlungen und der Parteitag stattfinden kann. Allerdings verbot die Polizei das „Camp gegen Rassismus“ und schlug eine weitabgelegene Alternativfläche vor. Die Gewerkschaft Verdi ist empört.

Polizei spricht von größtem Einsatz in der Geschichte

Die Polizei werde mit einer vierstelligen Zahl an Beamten am kommenden Wochenende im Einsatz sein, so die Essener Behörde. Bei den Versammlungen gegen den AfD-Parteitag rechnet die Polizei mit bis zu 100.000 Teilnehmenden. Am gestrigen Dienstag lagen 18 Anmeldungen für Versammlungen vor und eine kam während der Vorstellung der Behörde zu ihrer Strategie dazu. Die Essener Polizei habe ihren Einsatz über Monate geplant und rechnet mit einem der größten Einsätze in ihrer Geschichte.

Es gehe darum 600 Delegierte des AfD Bundesparteitages zu schützen, sowie weitere 600 Gäste und Medienvertreter:innen, die von der AfD akkreditiert wurden. Die Essener Polizei rechnet mit einer dynamischen Versammlungslage sowie einer extremen Belastung der Essener Infrastruktur, etwa bei der Anreise der Teilnehmer:innen zum Parteitag, wie auch den Gegendemonstrationen. Die Delegierten zum Parteitag werden zum Großteil selbst anreisen. Diesen habe man im Vorfeld Verhaltenshinweise gegeben, so die Polizei. Die Polizei will nicht ausschließen, dass von Seiten der Gegendemonstranten einige Gruppierungen bereit wären Gewalt anzuwenden.

Die Polizei rechnet mit Sitzblockaden, Durchbruchversuchen und Versuchen von Demonstrierenden die Anreise von AfD-Delegierten zu verhindern. Daher sei das Sperrkonzept rund um die Grugahalle in Teilen verstärkt worden. Anwohnende könnten Besuch empfangen und das Gelände verlassen und wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Aber sie sollten Zeit und Geduld mitbringen, denn es werde vor Eintritt in die gesperrten Zonen Kontrollen geben. Es gehe darum zu filtern: Rein darf derjenige mit guten Absichten, der mit schlechten Absichten müsse draußen bleiben. Offen blieb, ob alle Medienvertreter und nicht nur die die von der AfD für die Grugahalle akkreditiert wurden den Sperrbereich betreten dürfen.

Auf dem Parkplatz P2 rund 200 Meter von der Grugahalle entfernt rechnet die Essener Polizei mit einer Gegenkundgebung an der 45.000 Menschen teilnehmen könnten. Allerdings ist diese Veranstaltungsfläche so weit von der Grugahalle entfernt und durch eine sechsspurige Stadtstraße Alfredstraße unterbrochen, dass fraglich sein dürfte, ob die Delegierten diese überhaupt wahrnehmen werden. Auf der A52 werden für den AfD Bundesparteitag Ausfahrten gesperrt.

Die Polizei erklärte in Richtung der Gegendemonstranten, dass sie niedrigschwellig eingreifen werde, um Gefahren abzuwenden. Bei Sitzblockaden an Zufahrten zur Grugahalle werde es individuelle Entscheidungen geben. Die Essener Polizei will hier den Faktor Zeit einbeziehen, wann es sich um zivilen Ungehorsam oder um Nötigung handele. Hier wird es abzuwarten bleiben, zu welchen Lagen es kommen wird und ob die juristische Einschätzung der Polizeiführung Essen und vor allem der Faktor Zeit im Einzelfall zutreffend wäre. Zudem wolle die Polizei in der Fläche, also in ganz Essen Präsenz zeigen.

Das „Camp gegen Rassismus“

Am gestrigen 25. Juni 2024 sprach die Essener Polizei davon, dass das „Camp gegen Rassismus“ im Löwental in Essen-Werden noch nicht verboten sei, sondern die Behörde mit den Veranstaltern sich in Kooperationsgesprächen befinde. Allerdings gebe es Sicherheitsbedenken gegen die Fläche und daher habe die Polizei eine andere Fläche vorgeschlagen das Hörsterfeld. Die Polizei wolle abwarten, wie die Anmelderin reagiere. Mittlerweile ist klar: Die Polizei untersagt das „Camp gegen Rassismus“ im Löwental. Dagegen macht sich Protest laut, vor allem über die Kurzfristigkeit der Absage und der Vorwurf steht im Raum, dass die Essener Polizei den Kern des Versammlungsrechtes auf freie Ortswahl nicht verstanden habe. Die Argumentation der Beamten: Die Ruhrwiesen seien für das Camp zu klein, was das Verwaltungsgericht bestätigte. Allerdings soll nun die nächste Instanz also das Oberverwaltungsgericht angerufen werden.

Verdi ist empört über kurzfristiges Verbot des “Camp gegen Rassismus” in Essen-Werden: Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt

Rund um den AfD-Parteitag am Wochenende kommen tausende Menschen nach Essen, um sich einer bunten Protestbewegung anzuschließen. Das “Camp gegen Rassismus” im Löwental in Essen-Werden wird seit Monaten geplant, um einen Ort des demokratischen Austauschs, des kulturellen Programms und des Zusammenkommens zu schaffen, schreibt Verdi. Die Verantwortlichen des Camps hätten versucht, alle Auflagen der Polizei zu erfüllen, um die Sicherheit der Teilnehmenden garantieren zu können. Zu Wochenbeginn (24. Juni 2024) hatte die Polizei das Campen im Löwental jedoch plötzlich untersagt – zwei Tage vor dem Start des Aufbaus.

Gabriele Schmidt, Landesleiterin im ver.di Landesbezirk Nordrhein-Westfalen ist empört über dieses kurzfristige Verbot: “Hier wird das Versammlungsrecht und damit eine Protestbewegung aus der Zivilgesellschaft beschränkt. Arbeitnehmende, Studierende, Familien, Rentnerinnen und Rentner, sie alle haben ein Recht darauf, zusammen zu kommen, sich auszutauschen und einen Platz des Protestes gegen den AfD-Parteitag in Essen zu haben. Dass dieses Recht nun so kurz vor dem Wochenende noch auf dem gerichtlichen Weg durchgesetzt werden muss, ist für die Organisation des Camps ein harter Rückschlag.“ Weiter heißt es in der Mitteilung der Gewerkschaft: Verdi hatte bundesweit zu einer breiten Protestbewegung am Wochenende rund um den AfD-Parteitag aufgerufen. Die Behörden begründeten das Verbot mit der – vor allem feuerwehrtechnischen – Sorge um die Sicherheit, die bei der Vielzahl der Teilnehmenden nicht garantiert werden könne. Dabei wird die Fläche jährlich in Essen für Großveranstaltungen genutzt. Alternativ wurden Flächen weit entfernt vom Löwental vorgeschlagen. Das Camp solle aber ein barrierearmer Ort der Vielfalt sein, in zentraler Lage, mit einer umfassenden Versorgungsinfrastruktur für Anreisende aus dem gesamten Bundesland. Nun müsse das Oberverwaltungsgericht entscheiden, ob das Camp am Wochenende in Essen-Werden durchgeführt werden kann.

“Wenn die AfD ihren Bundesparteitag am Wochenende im Herzen des Ruhrgebietes in Essen durchführen darf und einem breiten Bündnis aus der Zivilgesellschaft der Protest dagegen gerichtlich untersagt wird, dann wäre das eine Einschränkung der Grundrechte im Rahmen der Versammlungsfreiheit, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben. Wir stehen vor einer Zeitenwende, die Demokratie in diesem Land ist in Gefahr. Zu Beginn des Jahres ist die Bevölkerung dagegen aufgestanden und hat massenhaft bundesweit protestiert. Das muss jetzt auch im Löwental stattfinden können“, so Gabriele Schmidt.

Einschränkungen bei der Ruhrbahn

Die Ruhrbahnen haben ihre Fahrpläne wegen des polizeilichen Sperrkonzeptes und des AfD Bundesparteitags sowie des erwarteten Gegenprotests geändert. Aktuelle Anpassungen finden sich auf der Website der Ruhrbahnen: www.ruhrbahn.de/essen/aktuelles/meldung/parteitag-wochenende-der-afd-in-der-grugahalle

Hier die wichtigsten Vorankündigungen der Ruhrbahn:

U-Bahn-Linie U11

Ab Donnerstag, 18.00 Uhr, bis Sonntag, 30. Juni 2024, Betriebsschluss, endet die U-Bahn-Linie U11 von Essen-Hauptbahnhof aus kommend, in Fahrtrichtung Messe, an der Haltestelle Rüttenscheider Stern. Von der Messe aus kommend, in Fahrtrichtung Essen-Hauptbahnhof, ist die (H) Martinstraße die erste Möglichkeit zum Zustieg. Die U11 fährt am Samstag, den 29. Juni, in einem 5-Minuten-Takt in der Zeit von 8.30 Uhr bis etwa 19.30 Uhr.

Buslinien

Im Bereich des Essener Hauptbahnhofes
Die Haltestelle Essen Hbf wird am Samstag, 29. Juni 2024, in der Zeit von 9.00 Uhr bis ca.14.00 Uhr nicht angefahren werden. Die Innenstadt ist dann über die Haltestelle Rathaus Essen erreichbar. Die Buslinien SB 15, SB 16, SB 19, 145, 146, 154, 155, 166, 196 werden zur Haltestelle Rathaus Essen umgeleitet.

Im Bereich des Sperrkorridors der Essener Polizei fallen Buslinien aus oder Haltestellen werden nicht angefahren.

Polizei sperrt Protest weiträumig aus

Die AfD-Delegierten die in der Gruga-Halle tagen dürften von dem Protest nur wenig mitbekommen. Das Sperrkonzept der Essener Polizei deutet daraufhin, dass für die Grugahalle eine Insellage geschaffen wurde. Auch zu hören sein dürfte wenig von den Gegenprotesten, selbst wenn 45.000 auf den Parkplatz 2 kommen. Es dürfte also vor allem ein mediales Ereignis werden. Essen dürfte sich ab Donnerstag in eine Festung verwandeln, ganz besonders der Teil der von der Polizei hermetisch abgeriegelt wird.

Das sagt der Widerstand zu seinen Planungen