In Deutschland gilt die Gurtpflicht. (Symbolbild)

Köln | Wer haftet, wenn bei einem Unfall Mitfahrer:innen nicht angeschnallt sind? Mit dieser Frage beschäftigte sich der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln. Geklagt hatte eine Versicherung.

Der Unfall, der zur Klage führte

Der Unfall, der zunächst vor dem Landgericht in Bonn und jetzt vor dem Oberlandesgericht Köln verhandelt wurde, ereignete sich am 15. September 2018 gegen 22.15 Uhr auf der Landstraße 121 in Höhe der Überquerung der Bundesautobahn A 560 bei Sankt Augustin Biursdorf. Der Unfallverursacher war stark alkoholisiert mit 1,76 Promille und mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Statt erlaubter 70 km/h fuhr der Mann 150 bis 160 km/h. Es kam zu einem Zusammenstoß mit einem Kleinwagen, der mit drei Personen besetzt war. Der Unfallfahrer verstarb. Die drei Insassen des Kleinwagens wurden schwer verletzt.

Die Klage

Geklagt hatte die Versicherung des verstorbenen Unfallverursachers. Sie will mit der Klage erreichen, dass eine der Insassinnen, die auf der Rückbank saß und nicht angeschnallt war, als Mitverursacherin des Unfalls gewertet wird und 70 Prozent der Kosten trägt, die im Fall der geschädigten Beifahrerin entstanden. Es handelt sich um eine sechsstellige Summe.

Die Entscheidung

Das Kölner Gericht entschied grundsätzlich, dass Fahrzeuginsassen, die entgegen der Gurtpflicht gemäß § 21a Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung nicht angeschnallt sind und dadurch andere Mitfahrer verletzen, selbst haftbar gemacht werden können. Bei der gesetzlichen Gurtpflicht handele sich um eine Norm, die auch die anderen Fahrzeuginsassen schützen solle. Aber im konkreten Fall blieb die Klage der Versicherung dennoch erfolglos, da für den Senat des OLG Köln der Gurtpflichtverstoß gegenüber dem erheblichen Verschulden des stark alkoholisierten und die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitenden Versicherungsnehmers der Klägerin vollständig zurücktrete.

So entschied das Kölner OLG nicht, ob bei dem vorliegenden Unfall die Knie der Beklagten in die Rückenlehne des Beifahrersitzes eindrangen und dies zur Wirbelsäulenverletzung der Beifahrerin führte. Da der Unfallverursacher strafwürdig, grob verkehrswidrig und rücksichtslos handelte, trete die Mithaftung zurück.

Damit stellen die Richter fest, dass prinzipiell eine Mithaftung gilt, wenn jemand sich nicht anschnallt. Aber in diesem konkreten Fall die Schuld des Unfallverursachers überwiege.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat Revision nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann die Klägerin, also die Versicherung Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.

Aktenzeichen:

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 27. August 2024 – 3 U 81/23

Landgericht Bonn, Urteil vom 21. Juli 2023 – 1 O 254/22.