Schneider: „Döner-Morde“ ist eine Verniedlichung der Ereignisse
Um kurz vor 17 Uhr des gestrigen Nachmittags versammelten sich Kölner Politiker und der Integrationsminister Nordrhein-Westfalens auf der Keupstraße in Köln-Mülheim, um den ansässigen Anwohnern die Solidarität aller NRW-Bürger zu bekunden. Integrationsminister Schneider versicherte den Menschen, dass die zuständigen Behörden alles tun würden, um die Sicherheit der Anwohner zu garantieren. Zugleich gab er sein Erschütterung nach den Erkenntnissen der letzten Ermittlungen bekannt. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass es Hinweise darauf gibt, dass die terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" den Anschlag in Köln verübt haben könnte. Derzeit ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen drei mutmaßliche Mitglieder sowie einen mutmaßlichen Unterstützer der Organisation. Die mutmaßlichen Täter bezeichnete Schneider als „Mörderbande“. Es sei schlimm, dass die Täter 11 Jahre lang das Land bereisen konnten, ohne politisch aufzufallen. Nun komme es vor allem darauf an, dafür zu sorgen, dass rechtsextreme Ideologien bekämpft würden. Die rechte Gewalt sei über Jahre unterschätzt worden. Die Anschläge als „Döner-Morde“ zu bezeichnen verniedliche zudem die Ereignisse, so der Integrationsminister.

Roters will "Pro Köln"-Demo verbieten
Im Zuge dessen sprach sich Schneider außerdem für ein Verbot der rechtsextremen NPD aus: Es könne nicht sein, dass eine solche Partei durch Steuergelder finanziert wird. „Der Rechtsextremismus ist die größte Gefahr für eine Demokratie“, bekundete der Integrationsminister. Oberbürgermeister Roters gab zu verstehen, dass er nicht daran glaube, dass es sich bei den Ereignissen um eine Einzelgruppe gehandelt habe. Vielmehr stecke ein breites Netz dahinter, das es zu unterbinden gilt. Aus diesem Grund habe er das Polizeipräsidium in Köln beauftragt, ein Verbot für die angekündigten Pro-Köln-Demonstrationen in Köln-Kalk auszusprechen. [Mehr zu der Demo finden Sie hier >>>]


Foto: Solidaritätsbekundung des NRW-Integrationsministers Guntram Schneider an den Besitzer des von der Nagelbombe betroffenen Friseursalons, Yildirim Öczan

Roters verspricht nachträglich finanzielle Unterstützung
Der Weg der Politiker führte am Ende ihres Besuchs in der Keupstraße zu Yildirim Özcan, vor dessen Friseursalon die Nagelbombe explodierte und 22 Menschen verletzte. Özcan Friseurladen sei zum Zeitpunkt der Tat nicht versichert gewesen, erzählte dieser. So habe er die anschließenden Kosten von 43.000 Euro selbst tragen müssen. Sein Geschäft blieb nach dem Anschlag sechs Wochen lang geschlossen. Roters kündigte die Einrichtung eines Fonds an, der Özcan nachträglich für den entstandenen Schaden finanziell unterstützen soll. Jeder Kölner Bürger könne dazu einen kleinen Beitrag leisten.

Lastwagen wehrten Bombe weitestgehend ab
Ali Demir, Ehrenvorsitzender der Interessengemeinschaft Keupstraße, wies auf die systematische Vorgehensweise der Bombenleger hin: so seien die Anschläge zu jener Tageszeit verübt worden, als allgemein reger Verkehr in der Keupstraße herrschte. Als die Nagelbombe hochging, standen zwei Lastkraftwagen vor dem Friseursalon, erzählte Demir. Diese hätten den Anschlag weitestgehend abgewehrt, sodass nicht noch mehr Menschen verletzt worden seien, erklärte der Ehrenvorsitzende.
 
Demir: „Wir hatten immer Hoffnung“
Özcan, dessen Ankunft von der Politikerrunde in seinem Friseursalon erwartet wurde, sagte auf Nachfrage von Minister Schneider, dass er sich nach den Erkenntnissen der letzten Tage erleichtert fühle, da die Täter nun gefasst sein. Auch stehe jetzt fest, dass die Gewalt nicht in der Straße selbst seinen Ursprung hatte. Dieser Meinung schloss sich auch Demir an. „Wir hatten immer Hoffnung, dass das aufgeklärt wird“, sagte dieser. „Es ist gut – jetzt haben wir Ergebnisse.“ Der Interessenvertreter der Keupstraßenanwohner erinnerte außerdem an die zahlreichen Solidaritätsbekundungen in der Zeit nach dem Anschlag. Mitbürger und Politik hätten bereits damals ihr Mitgefühl ausgesprochen.

Politikerbesuch stößt auf gemischte Reaktionen
Die Anwesenheit Schneiders und seiner Kollegen löste bei den Anwohnern indes nicht nur positive Reaktionen aus. Leise waren Stimmen zu vernehmen, die die Solidaritätsbekundungen zu einem „Schaulaufen“ degradierten. Özcans Ehefrau und Mitgeschäftsführerin des Friseursalons fühlte sich zum Teil von der Anwesenheit der Politiker und dem Presseansturm gestört und wartete darauf, dass der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte.

[bb, il]