Bergungsarbeiten verzögern sich weiter
925 Regalmeter Archivalien konnten seit dem vergangenen Sommer aus der Baugrube am Waidmarkt geborgen werden, erklärte heute Oberbauleiter Jörg Holzhäuser. Seit einigen Wochen sind dort nun Taucher im Einsatz. Sie zerkleinern die bis zu 40 Tonnen schweren Fundamentstücke und Bodenplatte in der Baugrube. Noch rund zwei Wochen wird das dauern.  Etwa nach Karneval können dann die Bergungsarbeiten der Archivalien fortgesetzt werden. Währenddessen soll schon einmal das Bergungszelt abgebaut werden. Allerdings soll die Suche nach Archivalien nicht abgebrochen werden. „Wir machen weiter, bis keine Archivalien mehr in der Grube sind“, betonte heute Kölns Baudezernent Bernd Streitberger.

Am 9. Februar war der Boden an der Einsturzstelle weggesackt. Die Ursache des Verbruchs wird derzeit geklärt. Vermutlich hatte die Schaumabdichtung, die zwischen dem Bergungsbauwerk und dem Gleiswechselbauwerk eingefügt worden war, rund zwei Meter nachgegeben. Der Hohlraum war hier bewusst nicht mit Beton ausgefüllt worden, um die Untersuchung bezüglich der Ursache des Archiveinsturzes nicht zu behindern, so Streitberger. Um weitere Bodeneinbrüche auszuschließen, sollen nun im Norden und Süden des Bergungsbauwerkes Vereisungen vorgenommen werden. Dies verzögere die Bergungsarbeiten um weitere rund vier bis fünf Wochen, sagte Streitberger heute im Hauptausschuss. Zudem müssten noch einige Arbeiten vorgenommen werden, die der Sachbeauftragte des Gerichtes angefordert habe. So müsste etwa die Schlitzwand in der Baugrube ohne Hindernisse inspiziert werden können. Zudem muss die Grube bis zur Endtiefe von 12 Metern ausgehoben werden. Dazu fehlen laut Holzhäuser noch fünf Meter.

Nord-Süd-Stadtbahn: Südliche Teilstrecke 2014 in Betrieb?
Wie KVB-Vorstandssprecher Jürgen Fenske heute erklärte, würde sich durch die Untersuchungen an der Baugrube auch die Inbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn weiter verzögern. Auf ein genaues Datum wollte sich Fenske nicht festlegen. Es sei jedoch unklar, ob die Bahn wie zuletzt angenommen zum Fahrplanwechsel 2016/ 2017 in Betrieb gehen könne. Es sei durchaus denkbar, dass die neue Linie erst im Jahr 2018 oder auch 2019 die komplette Strecke befahren könnte. „Die Verzögerungen sind nicht eigenbestimmt“, betonte Fenske. Abgewartet werden müsste zunächst einmal, wann die Besichtigung der Baugrube durch den Sachverständigen des Gerichts abgeschlossen werden würde.

Das kann jedoch noch gut eineinhalb Jahre dauern, erklärte Streitberger heute. Denn nach Beendigung der Archivalien-Bergung muss zunächst ein Besichtigungsbauerwerk errichtet werden. Das soll vermutlich außerhalb der Baugrube gebaut werden. Unklar ist jedoch, ob dies ausreicht, um die Ursache des Einsturzes zu ermitteln. Möglich ist auch, dass danach noch innerhalb der Baugrube ein Besichtigungsbauwerk errichtet werden muss. Allein der Bau des äußeren Besichtigungsbauwerks wird vermutlich eineinhalb Jahre dauern. Derzeit plant die KVB daher zum Fahrplanwechsel im September 2014 die Südstrecke der Nord-Süd-Stadtbahn vorab in Betrieb zu nehmen. Das ist jedoch noch nicht entschieden.

Friedrich-Wilhelm-Gymnasium kann 2012 zurück
Auch der Umzug des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in die alten Räumlichkeiten verzögert sich weiter. Das läge vor allem daran, dass man im Fundament eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden hätte. Zudem hätten bei dem Nachkriegsbau spezielle Statik-Überprüfungen vorgenommen werden müssen. Kölns Schuldezernentin Agnes Klein rechnet nun damit, dass die Schule im Juli 2012 oder frühestens im Februar 2012 wieder umziehen kann. Einen Abriss des Schulgebäudes schloss Streitberger heute aus, obwohl er für die Stadt wirtschaftlicher sei. Er würde den Rückzug der Schule jedoch zu sehr hinauszögern. Für die ebenfalls vom Einsturz betroffene Kaiserin-Augusta-Schule will die Verwaltung nun ein Wettbewerbsverfahren für den Umbau beginnen, teilte Klein mit. Beide Schulen hätten bislang trotz der Schwierigkeiten keine gravierenden Rückgänge von Schülerzahlen zu vermelden und wiesen stabile Schülerzahlen auf, betonte Klein.

Kranzniederlegung am 3. März
Am 3. März 2011 jährt sich der Tag des Einsturzes zum zweiten Mal. An diesem Tag ist außerdem Weiberfastnacht und in ganz Köln startet dann der Straßenkarneval. Im vergangenen Jahr hatte die Stadt Köln eine offizielle Gedenkfeier im Rathaus organisiert. Die soll es in diesem Jahr nicht geben. Stattdessen will Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters am 3. März am Unglücksort einen Kranz für die beiden beim Einsturz Verstorbenen niederlegen. Dazu lud er heute im Hauptausschuss auch die Fraktionen ein.

Aktualisiert um 10:10 Uhr
KVB wird Bauherr des Besichtigungsbauwerks
Wie die Stadt Köln gestern der Politik im Hauptausschuss mitteilte, wird die KVB zusammen mit der Stadt die Bauherrschaft über das geplante Besichtigungsbauwerks übernehmen. Die KVB – als 90-prozentige Tochter der Stadtwerke Köln und 10-prozentige Tochter der Stadt Köln – hatte zum Zeitpunkt des Unglückes die Bauaufsicht über den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn. Das Besichtigungsbauwerk soll den Gutachtern der Staatsanwaltschaft Zutritt zu der Baugrube verschaffen und ihnen ermöglichen, die Ursache des Einsturzes zu ermitteln. Das Landgericht Köln hatte Ende Dezember in seinem Beschluss der KVB und der Stadt Köln aufgegeben, dieses Bauwerk nach der Planung des gerichtlich beauftragen Sachverständigen, Prof. Dr. Ing. Hans-Georg Kempfert zu errichten. Daneben wird auch die Staatsanwaltschaft das Bauwerk bzw. Ergebnisse der Beweissicherung für ihre eigenen Ermittlungen nutzen.
Die Kölner Staatsanwaltschaft wollte sich zu der übernommenen Bauherrschaft auf Nachfragen von Report-k.de nicht äußern. Oberstaatsanwalt Günther Feld erklärte jedoch, dass die Gutachter der Staatsanwaltschaft sicherstellen würden, dass das Besichtigungsbauwerk in Ordnung sei.

Über die Details des „außenliegenden Besichtigungsbauwerks“ stimmen sich laut Stadt derzeit die Fachleute von KVB und Stadt Köln mit dem vom Gericht bestellten Gutachter ab. Zwei Ausbau- und Untersuchungsstufen werden derzeit diskutiert. Die Baukosten werden mit knapp vier Millionen Euro, beziehungsweise rund zehn Millionen Euro kalkuliert. Nach Vorliegen der Ergebnisse der ersten Stufe wird entschieden, ob auch die zweite Stufe durchgeführt wird Die Stadt Köln und die KVB beabsichtigen, dass die KVB im Außenverhältnis allein die Bauherrenrolle hinsichtlich Planung, Genehmigung und Errichtung übernimmt, während im Innenverhältnis die Stadt Köln und die KVB alle relevanten Entscheidungen gemeinsam treffen. Mit dem Bau des Besichtigungsbauwerks soll nach Abschluss der Archivalienbergung, der restlichen Trümmerbeseitigung sowie weiterer Bodenerkundungen, voraussichtlich noch im Sommer dieses Jahres, begonnen werden.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung