92 Prozent halten sich nicht an die Vorschriften
In jeder dritten Gaststätte des größten deutschen Bundeslandes wird auch heute noch geraucht. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des DKFZ, bei der im Februar 2011 mehr als 2.000 Betriebe in insgesamt 15 Städten überprüft wurden. Während in der Mehrzahl der Restaurants das Rauchen verboten ist, finden sich nur wenige Kneipen und Bars, in denen man rauchfrei ein Bier trinken kann. Verstöße gegen die Bestimmungen des Nichtraucherschutzgesetzes sind laut Studie in der Gastronomie an der Tagesordnung: 92 % der Rauchergaststätten halten sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften. So werden selbst zubereitete Speisen angeboten und die Kennzeichnungspflichten, insbesondere zum Jugendschutz, ignoriert. 81 % der Raucherclubs verzichten auf die obligatorischen Eingangskontrollen. 70 % der Raucherräume entsprechen nicht den Vorgaben des Gesetzgebers. Häufig besteht keine vollständige räumliche Abtrennung zum Nichtraucherraum. „Unter all diesen Missständen leiden nicht nur die Gäste, sondern vor allem die Beschäftigten, die jeden Tag in der mit Tabakrauch kontaminierten Atemluft arbeiten müssen“, so Dr. Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum.

Sonderregelungen müssten weg
Auch in den Diskotheken könne von einem wirksamen Schutz vor Passivrauchen keine Rede sein. Bei den Testbesuchen der Verbraucherzentrale NRW zeigte sich Mitte März, dass lediglich drei von fünfzig Tanzlokalen rauchfrei sind. In 34 Diskotheken gibt es eine Raucherzone, die meist aber nur unzureichend vom Nichtraucherbereich abgetrennt ist. Von den 47 Diskotheken, in denen geraucht wird, haben sich lediglich vier offiziell als Raucherclub deklariert. Besonders bedenklich ist aus gesundheitlicher Sicht, dass in vielen Fällen auch im Bereich der Tanzfläche Zigaretten angezündet werden. Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, zu der Vielzahl der Gesetzesverstöße: „Dass junge Diskogänger – ganz gleich ob sie dem blauen Dunst frönen oder nicht – in einer ihrer bevorzugten Freizeiteinrichtung einem gesundheitsschädlichen Dauerqualm ausgesetzt sind, ist ein ernüchternder Befund. Die logische Konsequenz daraus: Sonderregelungen, die genügend Spielraum für missbräuchliche Nutzung zulassen, müssen in Nordrhein-Westfalen dringend abgeschafft werden.“

Köln: Geraucht wird auch im Kinderkarneval
Finanziell unterstützt wurden die beiden Studien von der Dieter Mennekes-Umweltstiftung aus Kirchhundem. Die Stiftung hat darüber hinaus eine Fotodokumentation zu den Rauchgewohnheiten beim rheinischen Kinderkarneval in Auftrag gegeben. Dabei stellte sich heraus, dass nur vier von vierzehn besuchten Veranstaltungen im Raum Köln-Bonn-Düsseldorf rauchfrei waren. Bei sieben Kinderfeiern herrschte zwar im Festsaal ein Rauchverbot. Da aber im Foyer geraucht wurde und die Türen offen standen, zog der Qualm auch in die anderen Räume. Skandalös waren die Zustände in drei Festzelten: Hier wurde permanent und überall geraucht, sogar im Beisein von Säuglingen und Kleinkindern. „Die Kinder werden hier nicht nur vergiftet. Sie lernen auch von klein auf, dass Rauchen und Geselligkeit scheinbar zusammengehören. Mit dieser toxischen Form des Frohsinns muss endlich Schluss sein“, so der Stiftungsgründer Dieter Mennekes.

Gesundheitsministerin: "kein wirksamer Nichtraucherschutz vorhanden"
Das DKFZ forderte daher heute, dass die Ausnahmeregelungen in der Gastronomie gestrichen werden müssten. Es sei Aufgabe der Landesregierung für die konsequente Umsetzung eines umfassenden Rauchverbotes zu sorgen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung fühlte sich durch die Studie heute bestätigt. „Erstmals wird mit der Studie ein repräsentatives Bild der Situation im Gaststättenbereich gezeigt. Es bestätigt sich, dass vor allem in der getränkeorientierten Gastronomie vielfach noch kein wirksamer Nichtraucherschutz vorhanden ist. Auch für Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen muss es möglich sein, in Kneipen und Bars rauchfrei ein Bier trinken zu können", so die erste Bewertung von Gesundheitsministerin Barbara Steffens. „Ich halte die vorgelegten empirischen Fakten für einen wichtigen Beitrag für die weitere politische Diskussion zur Novellierung der bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz", so Steffens weiter. Am kommenden Mittwoch soll das Thema im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Intergration behandelt werden.

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