Neue Vorwürfe gegen Bundespräsident Wulff
Neue Enthüllungen über private Geldgeber in seinem Freundeskreis bringen Bundespräsident Christian Wulff womöglich weiter in Bedrängnis. Wie die "Bild-Zeitung" (Dienstagausgabe) berichtet, wurden Zeitungsanzeigen, mit denen im Herbst 2007 während des niedersächsischen Landtagswahlkampfs für das Christian-Wulff-Buch "Besser die Wahrheit" geworben worden war, nicht wie üblich vom Verlag, sondern in Wahrheit vom niedersächsischen Unternehmer Carsten Maschmeyer bezahlt. Nach Informationen der Zeitung beglich Maschmeyer die Rechnung für die Werbung zu dem Interview-Buch in Höhe von 42.731,71 Euro aus seinem Privatvermögen. Die Anzeigen erschienen am 13. Oktober 2007 in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", am 20. Oktober in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" und der "Braunschweiger Zeitung" sowie am 27. Oktober in der "Nordwest Zeitung". Das Interview-Buch, in dem Wulff sein privates und politisches Leben beschreibt, war ein wichtiges Instrument des damaligen CDU-Landtagswahlkampfes: Die Partei kaufte seinerzeit einige tausend Exemplare und verschenkte sie als Wahlwerbung für den damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff, berichtet "Bild" weiter.

Die Zeitungs-Anzeigen für das Buch seien zunächst vom Verlag "Hoffmann & Campe" bezahlt worden. Am 2. November 2007 habe der Verlag die Rechnungen dann an Wulffs Freund Maschmeyer weitergereicht. Dieser habe den Betrag dann am 19. Februar 2008 beglichen – 23 Tage, nachdem Wulff erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Unternehmer Maschmeyer erklärte gegenüber der Zeitung, er habe "die Anzeigen privat bezahlt", sie jedoch "nicht steuerlich geltend gemacht". Mit dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten habe er darüber "nicht gesprochen". Auch Wulff selbst ließ über seinen Rechtsanwalt Gernot Lehr erklären, ihm sei von den Zahlungen seines Freundes Maschmeyer nichts bekannt gewesen. Bereits im Bundestagswahlkampf 1998 hatte AWD-Gründer Maschmeyer Anzeigen geschaltet. Damals für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD). Text der Anzeige: "Der nächste Kanzler muss ein Niedersache sein."Christian Wulff – damals CDU-Oppositionsführer im Landtag – kritisierte seinerzeit diese Finanzierung der Wahlwerbung. Er sah das Gesetz zur Parteifinanzierung ausgehebelt.

Ältestenrat des niedersächsischen Landtags berät über Wulff
m niedersächsischen Landtag berät der Ältestenrat heute über die Kredit-Affäre von Bundespräsident Christian Wulff. Sie wollen prüfen, ob Wulff mit der Annahme des Kredits gegen das Ministergesetz verstoßen hat. Zugleich sollen seine Verbindungen auch zu anderen Geschäftsleuten durchleuchtet werden, bei denen Wulff als Regierungschef Urlaub gemacht hatte. Indessen gibt es neben dem Immobilien-Kredit neue Enthüllungen um private Geldgeber für den Bundespräsidenten. Wie die "Bild"-Zeitung am Montagabend berichtet, habe der Unternehmer Maschmeyer 2008 die Werbekampagne für das Wulff-Buch "Besser die Wahrheit" mit rund 42.700 Euro finanziert. Unternehmer Maschmeyer erklärte gegenüber der Zeitung, er habe "die Anzeigen privat bezahlt", sie jedoch "nicht steuerlich geltend gemacht". Mit dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten habe er darüber "nicht gesprochen". Auch Wulff selbst ließ über seinen Rechtsanwalt Gernot Lehr erklären, ihm sei von den Zahlungen seines Freundes Maschmeyer nichts bekannt gewesen.

Grünen-Politiker Beck wirft Union "moralische Selbstinszenierungen" vor
In der Debatte um den Privatkredit und um Urlaubsreisen von Bundespräsident Christian Wulff haben die Grünen die Union scharf angegriffen. Unabhängig von der Aufklärung sollten "die Konservativen eine Lehre aus dem Vorgang ziehen", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, "Handelsblatt-Online". "Etwas weniger Gerede von der Vorbildlichkeit des Politikers würde der politischen Debatte gut tun." Scheinheiligkeit erhöhe nur die moralische Fallhöhe. Politiker seien aber keine besseren Menschen. Gleichwohl betonten Konservative gerne die Vorbildfunktion von Politikern, kritisierte Beck. "Moralische Selbstinszenierungen" seien Ausdruck davon. "Das Werben mit heiler Familienwelt gehört immer wieder zum Beweis des vorbildlichen Lebenswandels", sagte der Grünen-Politiker. Mit Blick auf die Vorwürfe gegen Wulff sagte Beck, der Bundespräsident habe eine "Bringschuld" bei der Aufklärung: Ob der Kredit gegen das Ministergesetz verstoßen habe, werde der niedersächsische Landtag zu klären haben. "Erklärungsbedürftig ist meines Erachtens insbesondere: Warum nahm Christian Wulff seinen Freund Egon Geerkens dreimal mit auf Auslandsreisen?", fragte Beck. Und: "Was hat ein eremitierter Unternehmer in einer Wirtschaftsdelegation eines Ministerpräsidenten verloren? War das ein Freundschaftsdienst oder gibt es einen sachlichen Grund hierfür?"

Umfrage: 70 Prozent der Deutschen wollen Wulff als Bundespräsident behalten
Mehr als zwei Drittel der Deutschen sind gegen einen Rücktritt von Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten. In einem "ARD-DeutschlandTrend Extra" sprechen sich 70 Prozent der Bundesbürger dafür aus, dass Christan Wulff weiter im Amt bleiben sollte. Nur 26 Prozent finden, Wulff sollte aufgrund des umstrittenen Privatkredits und enger Beziehungen zu Unternehmern vom Amt des Bundespräsidenten zurücktreten. Eine knappe Mehrheit der Bundesbürger von 51 Prozent hält Christian Wulff für glaubwürdig. Dies sind 23 Punkte weniger im Vergleich zum Juli 2010. 44 Prozent halten ihn für nicht glaubwürdig. Dass Wulff ehrlich ist, glauben nur 41 Prozent der Deutschen. 47 Prozent halten ihn für nicht ehrlich. 49 Prozent der Deutschen finden es in Ordnung, wenn ein Ministerpräsident von einem befreundeten Unternehmer einen privaten Kredit annimmt. 47 Prozent finden das nicht in Ordnung. Nicht in Ordnung ist aus Sicht einer Mehrheit von 54 Prozent, dass ein Ministerpräsident sich von befreundeten Unternehmern zu Urlauben einladen lässt. 42 Prozent finden das in Ordnung.

Muslime mahnen zu schonendem Umgang
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hat zu einem schonenden Umgang mit Bundespräsident Christian Wulff aufgerufen. "Europa steht zumindest wirtschaftlich vor dem Abgrund und der Rassismus droht – durch den Naziterror deutlich geworden – sich in unsere Gesellschaft hinein zu fressen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Wir brauchen jetzt mehr denn je ein stabiles politisches Berlin, damit unserer Gesellschaft nicht weiter auseinander driftet. Angesichts dieser riesigen Herausforderungen sind jetzt alle – Politik, Medien und Verbände – gefordert, verhältnismässig und angemessen zu agieren." Wulff genießt bei den islamischen Verbänden besonderen Rückhalt, weil er zu Beginn seiner Amtszeit erklärte hatte, der Islam gehöre zu Deutschland. Auch seine Solidarität mit den Hinterbliebenen der Opfer des Rechtsterrorismus wird dort sehr gewürdigt.

[dts]