„400.000 Stimmen in NRW – das ist möglich“
„Gerechtigkeit muss jedem gleichermaßen zugänglich sein“, forderte gestern Haluk Yildiz, Parteivorsitzender des neuen „Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit“ – BIG. Weil das die Parteien bislang nicht umsetzen würden und insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund oftmals keine Gerechtigkeit erfahren würden, gründete er kurz entschlossen zusammen mit einigen Mitstreitern seine eigene Partei. Am vergangenen Dienstag haben sie ihre Unterlagen beim Landesministerium eingereicht und wollen nun bei der Landtagswahl NRW 2010 kandidieren. Um in den Landtag einzuziehen, bräuchten sie fünf Prozent der Stimmen. „Das sind rund 400.000 Stimmen in NRW – das ist möglich“, zeigte sich Amin Thomas Bongartz gestern zuversichtlich. Er ist der Generalsekretär der dazugehörigen neuen Bundespartei BIG. Die hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die weiteren anstehenden Landtagswahlen in Deutschland jeweils Landesparteien zu gründen. Denn die neue Partei will auch bei der nächsten Bundestagswahl im Jahr 2013antreten.

Entstanden ist BIG aus drei regionalen Wählervereinigungen: Die Wählergemeinschaft „Bündnis für Frieden & Fairness“ (BFF) setzt sich nach eigenen Angaben nur aus Muslimen zusammen. Sie hat bei der Kommunalwahl 2009 zwei Plätze im Bonner Stadtrat erhalten. Gleichzeitig hat die Bürgerinitiative Gelsenkirchen (BIG) eine Wählergemeinschaft von Menschen mit Migrationshintergrund an der Kommunalwahl teilgenommen. Als Ergebnis zogen ebenfalls zwei Abgeordnete in das Stadtparlament Gelsenkirchen ein. Eine vergleichbare Wählergemeinschaft aus Köln schaffte den Einzug in den Stadtrat nicht.

Unterstützung für alle Benachteiligten?
Obwohl die ursprünglichen Wählergemeinschaften aus muslimischen Vereinigungen entstanden sind, will die Partei BIG ausdrücklich nicht als islamische Partei verstanden werden, wie Bongartz immer wieder betonte. Ihr Ziel sei es, die Unterstützung für Benachteiligte in Deutschland auszuweiten, damit jeder Mensch die gleichen Chancen etwa auf eine gute Bildung bekommt. Bewusst setzt sich BIG dabei für die Achtung des deutschen Grundgesetzes ein. In ihren mündlichen Erklärungen schien jedoch so mancher Widerspruch aufzukeimen. So fordert BIG zwar die Gleichbehandlung aller Menschen, lehnt eine Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren mit Familien jedoch ab. Auch werfen sie den anderen Parteien vor, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht die Chance bekommen würden, ihre politischen Gestaltungswillen umsetzen zu dürfen.

Die Schwerpunkte der politischen Arbeit
Bildung
BIG betont im politischen Programm: „Die Basis für ein erfolgreiches Leben in Deutschland ist eine vernünftige Schulbildung und Ausbildung für alle Kinder und Jugendlichen.“ Diese könne nur erreicht werden, wenn das Schulsystem umstrukturiert würde und die Trennung der Schüler auf verschiedene Schulformen erst später erfolge. Das „Abschieben von Problemkindern in Hauptschulen“, so das Programm, sei keine Lösung. Zudem fordert BIG eine Ausweitung der sprachlichen Förderung aller Kinder bereits im Vorschulalter.

Integration
BIG will sich dafür einsetzen, dass Menschen mit Migrationshintergrund ihre kulturelle Identität in Deutschland ausleben dürfen. Grundlage für ein Miteinander könne nur ein kenntnisreicher und respektvoller Dialog sein. Der solle dadurch unterstützt werden, dass kulturelle Identitäten Teil des Lehrplan werden sollten.

Wirtschaft
„Deutschland geht es vergleichsweise gut“, betonte Bongartz gestern. Dennoch stünde auch die Bundesrepublik in den kommenden Jahr vor einer wirtschaftlichen Herausforderung. BIG forderte, eine wirtschaftsethische Regelung des Finanzmarktes, um die „schrankenlose Selbstbedienungsmentalität und die unverantwortliche Risikobereitschaft“, so das Programm, zu unterbinden.

Innere Sicherheit
BIG sieht die Notwendigkeit strenger Gesetze zur Stärkung der inneren Sicherheit und fordert deren vorurteilsfreie, konsequente Umsetzung. „Gewalt ist niemals eine Lösung“, erklärte Haluk Yildiz.

Familie
Grundlage der staatlichen Ordnung ist für BIG die Familie als Zusammenschluss von Frau und Mann. Die Partei fordert die Unterstützung von Familien und etwa eine vom Staat zu gewährleistende bedarfsdeckende Versorgung und Betreuung der Kinder.

Politische Partizipation
BIG will sich dafür einsetzen, dass die politischen Prozesse für alle Bürger transparenter werden, um einer zunehmenden Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. „Wir müssen die Politik der Ausgrenzung umkehren“, forderte Bongartz gestern. Ein erster Schritt in diese Richtung sollte die Zulassung von einer doppelten Staatsbürgerschaft und ein kommunales Wahlrecht für Ausländer sein.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung