„Der Gang zum ersten Termin war hart“
Stefan Braun (36) gehört zu den ersten Teilnehmern des Pilotprojektes „leicht erreicht!“. Zusammen mit 16 Kollegen arbeitet er nun seit sechs Monaten daran, sein Übergewicht zu verlieren. Seitdem hat sich in seinem Leben viel verändert. „Ich habe ein ganz neues Lebensgefühl“, berichtete Braun heute Report-k.de. Vor sechs Monaten wog der 1,77 Meter große Mann über 100 Kilogramm. „Der Gang zum ersten Termin war hart“, erinnert sich Braun. Auch die Gruppe musste sich erst aneinander gewöhnen. In den ersten Wochen herrschte eher Konkurrenz-Denken, jeder wollte die meisten Kilos abnehmen. „Inzwischen  ist daraus eine richtige Freundschaft geworden. Wir motivieren uns gegenseitig“, so Braun.

Er selbst hat durch die gemeinsamen Sportstunden nicht nur 25 Kilogramm abgenommsen, sondern vor allem die Freude an der Bewegung wieder entdeckt. „Ich fahre jetzt sogar wieder mit dem Rad zur Arbeit“, erzählt der 36-Jährige. Zum heutigen Treffen brachte er ein Foto von der Zeit vor dem Projekt mit. „Ich musste lange suchen, bis ich ein Foto von mir gefunden hatte. Es gab einfach keine, weil ich mich selber nicht sehen wollte“, so Braun. Heute, sechs Monate später, stellte er sich für Report-k.de gerne vor die Kamera.


Foto: Stefan Braun, Teilnehmer des Pilotprojektes, und Lena Reislo, Diplom-Sportwissenschaftlerin


Wer abnimmt, bekommt sein Geld zurück
Das neue Programm „leicht erreicht!“ ist das Ergebnis einer breiten Zusammenarbeit. Entwickelt wurde es gemeinsam von der Deutschen Sporthochschule Köln, der pronova BKK, Vitaphone GmbH, Weight Watchers und der Ford Freizeit Organisation. Gerade wegen dieser Mischung aus Medizin, Ernährung und Sport glaubt Prof. Dr. Walter Tokarski, Rektor der Sporthochschule, an eine Zukunft des Programms. Vor sechs Monaten startete eine erste Pilotphase von „leicht erreicht!“. An der nehmen seitdem 32 Mitarbeiter von Ford teil, deren so genannter Body-Mass-Index (BMI) zwischen 30 und 40 liegt. Sie treffen sich derzeit einmal in der Woche, um unter Anleitung von Lena Reisloh, Diplom-Sportwissenschaftlerin der Sporthochschule, gemeinsam Sport zu treiben. Dazu werden sie an mehreren Tagen von Weight Wachters angeleitete, wie sie sich gesund ernähren können.

Insgesamt dauert das Projekt ein Jahr. 800 Euro kostete die Ford-Mitarbeiter die Teilnahme. Dennoch sei der Andrang groß gewesen, berichtete heute Braun. Einige seiner Kollegen hätten sogar abgewiesen werden müssen und hofften nun auf eine Verlängerung des Projektes. Als besonderer Anreiz werden den Teilnehmern je nach Erfolg die Kosten hinterher wieder erstattet. Das Pilotprojekt will die pronova BKK künftig auch in anderen Städten anbieten.

Erste Teilnehmer liefen Halbmarathon
Wie Stefan Braun zeigt, lassen sich nach den ersten sechs Monaten bei einigen Teilnehmern bereits große Fortschritte feststellen. 22 von den 32 Teilnehmern haben in dieser Zeit mehr als fünf Prozent ihres Körpergewichtes abnehmen können. Allerdings konnten fünf Teilnehmer keinen wesentlichen Erfolg bislang verbuchen. Ein Mitarbeiter hat sogar in dieser Zeit zugenommen. Dabei konnten jedoch alle Teilnehmer ihre körperliche Fitness deutlich verbessern. Die gesamte Gruppe nahm im Mai 2010 gemeinsam bereits am Firmenlauf in Köln teil. Einige Teilnehmer haben zudem inzwischen ihren ersten Halbmarathon geschafft.

Jeder Zweite ist übergewichtig
Von Übergewicht sprechen Experten bei einem Body-Mass-Index von mehr als 25, ab einem BMI von 30 gelten Menschen als adipös. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts ist jede dritte Frau in Deutschland übergewichtig, fast jede Fünfte ist adipös. Zudem ist jeder zweite Mann in Deutschland übergewichtig, jeder Fünfte hat einen BMI über 30. In keinem anderen Land in Europa sind so viele Männer übergewichtig. Dabei steigt die Zahl der Übergewichtigen alle zehn Jahre um etwa zehn Prozent, schätzt Rektor Tokarski. Die Gefahren bei Übergewicht liegen insbesondere in der Gesundheit. Häufig leiden Menschen mit einem zu hohen BMI an Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes und Skelettproblemen.

OB Roters: „Wir möchten eine gesunde Stadt sein“
„Übergewicht ist ein gesellschaftliches Problem“, betonte heute Hans-Georg Predel, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln. Verantwortlich dafür sei nicht der Einzelne. Denn seit Jahrhunderten sei der menschliche Körper mit den Grundprinzipien „Esse, wenn Essen da ist“ und „Bewege dich so wenig wie möglich“ ausgestattet. Da das Leben heute jedoch kaum noch Bewegung erfordere und Essen im Überfluss vorhanden sei, käme es immer häufiger zu Übergewicht. Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters sieht darum auch die Politik in der Verantwortung. „Zwar ist jeder für sich selbst verantwortlich, aber die Stadt muss Rahmenbedingungen und Anreize schaffen“, betonte Roters heute. „Wir möchten eine gesunde Stadt sein“, erklärte der Oberbürgermeister. Handlungsbedarf sieht er insbesondere auch an den Kindergärten und Schulen. Dort müssten Bedingungen geschaffen werden, dass die eigentlich vorgesehene dritte Sportstunde auch durchgeführt werden könnte.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung