„Ich bin ihnen dankbar, dass sie unserer Einladung gefolgt sind“, sagte Bürgermeisterin Angela Spizig heute zu den weißrussischen Kriegs-Überlebenden, die zu Gast in Köln sind. Alle der zwanzig Besucher im Alter zwischen 80 und 69 Jahren haben einen Teil ihrer Kindheit in Ghettos oder Konzentrationslagern auf deutschem Boden verbringen müssen. Viele haben hier ihre Familie verloren. „Ich hoffe, dass sie feststellen, dass sie heute ein demokratisches und menschliches Deutschland vorfinden“, so Spizig weiter. Sie erinnerte daran, wie sehr Weißrussland unter den Nationalsozialisten gelitten hat: Das Land sei großflächig zerstört, viele Bewohner als Zwangsarbeiter verschleppt und fast die gesamte jüdische Bevölkerung ermordet worden.

Mit dreizehn Jahren verhaftet
Beispielhaft für die in der Delegation vertretenen Schicksale ist der älteste Mitreisende: Arkadij Konopelko. Der heute 80-Jährige wurde 1943 mit seinen Eltern und seiner drei Jahre jüngeren Schwester Franja zunächst verhaftet und dann ins Lager Majdanek verschleppt. Dort starben seine Eltern. Konopelko und seine Schwester kamen in ein Gefängnis bei Lodz, im Herbst 1944 wurden sie auf deutschen Boden verlagert und voneinander getrennt: Franja kam als Zwangsarbeiterin nach Dessau, Konopelko musste in einem Flugzeugwerk in der Nähe schuften. Rund ein halbes Jahr lang schliff der Vierzehnjährige Metallteile, bis er am 30. April 1945 von den Amerikanern befreit wurde.


Foto oben: Arkadij Konopelko wurde als Dreizehnjähriger verhaftet


Mit 1.000 Kindern in der Eisenbahn zurück nach Weißrussland
Gemeinsam mit 1.000 anderen Kindern fuhr er mit der Eisenbahn in die Stadt Minsk, zurück in sein Heimatland. Dort begann für Konopelko ein zweites Leben – ein Leben ohne Eltern. Er arbeitete in einem metallverarbeitenden Betrieb, reparierte Maschinen. Nebenbei engagierte er sich jahrzehntelang in den Jugendorganisationen der kommunistischen Partei. Stolz trägt er bei seinem Köln-Besuch die Auszeichnungen, die er dafür erhalten hat, am Jackett. Konopelko und seine Schwester leben heute beide in Vitebsk. Konopelko hat drei Töchter, seine Frau ist bereits verstorben. Wie hat Konopelko das Erlebte verarbeitet? „Irgendwie“, sagt er, „Man möchte ja weiterleben.“ In Köln gefalle es ihm gut, er ist schon zum zweiten Mal hier.

Delegationsleiter dankte der Stadt Köln
Beim Empfang im Rathaus dankte Delegationsleiter Wladimir Sawkin der Stadt Köln für die Einladung und sprach von einem schönen und angenehmen Aufenthalt. Im Gegenzug zu den Geschenken der Stadt – für die Herren Krawatten mit Stadtwappen, für die Damen jeweils eine Flasche 4711 – überreichte er Bürgermeisterin Angela Spizig Pralinen und ein Buch, das Delegationsmitglied Gennadij Spak über die Kriegserlebnisse seiner Mutter geschrieben hat.


Foto oben: Die weißrussische Delegation im Hansasaal des Historischen Rathauses


„Versöhnung durch Begegnung“
Den 14-tägigen Aufenthalt der weißrussischen Delegation organisiert das Maximilian-Kolbe-Werk, die Reisekosten werden aus Spenden und Kollekten finanziert, die Betreuung erfolgt ehrenamtlich. Seit der Gründung im Jahr 1973 bemüht sich das Maximilian-Kolbe-Werk unter dem Motto „Versöhnung durch Begegnung“ um Kontakt zwischen Deutschen und NS-Opfern aus Mittel- und Osteuropa. Der Aufenthalt in Köln dient aber nicht nur der Begegnung, sondern auch der Erholung: Auf dem Programm stehen eine Stadtbesichtigung – natürlich mit Besuch des Doms und einer Schiffahrt auf dem Rhein, sowie Museums-Besuche. Außerdem eine Besichtigung der Gedenkstätte Jawne, wo sich bis 1941 die erste und einzige jüdische weiterführende Schule im Rheinland befand. Bereits am vergangenen Freitag hatten interessierte Kölner die Gelegenheit, in einem Café mit Mitgliedern der weißrussischen Delegation ins Gespräch zu kommen. Die Gruppe bleibt noch bis zum Sonntag in Köln.

Alexandra Spürk für report-k.de/Kölns Internetzeitung