Im Depot an der Scheidtweiler Straße rollte heute morgen nichts mehr.

40.000 Flyer mit Warnstreikhinweisen haben die Mitarbeiter der KVB diese Woche verteilt. Die Mehrzahl der Fahrgäste habe mit Verständnis reagiert, so Peter Densborn, der Betriebsratsvorsitzende der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Bestreikt werden alle Betriebsteile der KVB, so Densborn. Neben dem Fahrpersonal für Bahnen und Busse, sind auch die Mitarbeiter in den Werkstätten und der Verwaltung im Ausstand. Der Betriebsrat rechnet damit, dass ab Mittag die Bahnen wieder rollen und der Betrieb wieder aufgenommen wird. Immerhin befördert die KVB im Jahr 245 Millionen Menschen quer durchs Kölner Stadtgebiet, also rein rechnerisch täglich über 650.000 Kölnerinnen und Kölner. Köln ist übrigens nicht allein, die Gewerkschaft ver.di bestreikt in über 30 Städten in NRW die Verkehrsbetriebe.


Kein einziger Zug wird um 5:41 Uhr an der Haltestelle der Linie 13 Ehrenfeldgürtel/Venloer Straße angekündigt.


Die Kölnerinnen und Kölner scheinen gut informiert zu sein, kein Mensch weit und breit auf dem Bahnsteig zu sehen.

Die Stimmung in der Belegschaft steht auf Streik, nachdem man seit 10 Jahren Verluste im Reallohn hinnehmen müsse, erklärt Peter Densborn. Wer genauer hinhört traut bei manchen Punkten seinen Ohren nicht. Da erzählen Mitarbeiter, dass ein Familienvater mit 2 Kindern der bei der KVB im Fahrdienst anfängt, noch Anspruch auf 76 Euro Lohnzusatzleistungen nach dem ALG II (Hartz IV) hat. Dafür – und da kocht die Wut bei den Mitarbeitern auf – nimmt der aber Schichtdienst in Kauf, was bedeuten kann, dass er um 3:00 Uhr morgens aufstehen muss, mit seinem Auto zur Arbeit fahren muss und dann einen stressigen Arbeitstag bewältigen muss. Alleine die Organisation der Arbeit verlangt viel von den Mitarbeitern. Fängt der Fahrer zum Beispiel am Barbarossaplatz sehr früh an, muss er mit dem Auto kommen, denn vorher fährt ja keine Bahn. Dann muss er einen Parkplatz suchen, der tagsüber kostenlos ist und oft endet die Schicht dann an einem ganz anderen Ort in der Stadt. Dann heißt es – die Wegezeit ist unbezahlt – zurück an den Ort des Dienstbeginns fahren und erst dann startet der KVB Fahrer, oder die Fahrerin in den Feierabend. Zudem tragen die Fahrer eine hohe Verantwortung und nicht nur weil sie täglich tausende Menschen befördern. Da laufen ihnen Menschen bei Rot vor die Bahn und zeigen den Fahrern dann noch den Stinkefinger, wenn der eine Vollbremsung hinlegen muss. "Da rutscht ihnen schon ganz schön das Herz in die Hose, wenn Sie denken der Bremsweg reicht nicht mehr aus", erzählt ein Fahrer. Oder die Fahrerinnen und Fahrer werden wüst beschimpft, wenn die Bahn zu spät kommt. "Dabei wollen wir gar nicht zu spät kommen, aber was machen Sie denn, wenn das Gleis in der Richard-Wagner-Straße von einem Wildparker blockiert ist, dann kommen Sie zwangsläufig am Rudolfplatz zu spät an. Dann müssten Sie sich mal die Beschimpfungen der Fahrgäste anhören…", so einer der Fahrer, den es frustriert das ihm immer wieder erzählt werde er habe doch einen simplen Job.

Eines merkt man deutlich, die Belegschaft ist motiviert, will Gutes leisten, will aber dafür auch anständig entlohnt werden und empfindet die Angebote der Arbeitgeber als zutiefst unsittlich. Das aktuelle Angebot der Arbeitgeber in dieser Tarifrunde lautet 5% mehr Lohn, verteilt auf zwei Jahre gekoppelt an eine Arbeitszeitverlängerung. Und das nachdem so ein Mitarbeiter, man in den letzten Jahren ein Reallohnverzicht von 18%, einen Spartentarifvertrag, auf Freizeitausgleich für den Schichtdienst in Kauf nehmen musste und auf eine Entlohnung der Wegezeit zum Arbeitsplatz verzichtet habe.

Aktualisert: 16:27 >>>
Auswirkungen auf Autofahrer und Taxifahrer
In Sachen Straßenverkehr registrierte die Verkehrsleitstelle der Stadt ein insgesamt vermehrtes Aufkommen im Berufsverkehr. Kurz nach acht Uhr morgens meldetet die Stelle zähflüssigen Verkehr auf der Mülheimer Brücke in Richtung Mülheim, auf der Zoobrücke in Richtung Innenstadt, auf dem östlichen Zubringer, auf der Gummersbacher Straße an der Kölnarena sowie auf der Deutz-Mülheimer Straße. Um 09.40 Uhr meldete die Leitstelle noch zähflüssigen Verkehr auf der Severinsbrücke. Ab 10.25 hatte sich die Verkehrssituation in der Stadt wieder normalisiert. „ Das Aufkommen um acht Uhr ist sowohl auf den Streik und die Eröffnung der Messe Rheingolf zurückzuführen“, sagte Rolf Übelhör von der Verkehrsleitstelle. „Insgesamt war aber alles moderat“, so Übelhör.
Die Taxifahrer hatten heute alle Hände zu tun: „Wir hatten heute deutlich mehr Kunden“, sagt Jürgen Heimann, Stellvertretender Geschäftsführer bei Taxi Cologne. „Ab acht Uhr gab es die meisten Gäste, die größtenteils zu ihrer Arbeit mussten“

Aktualisiert: 15:00 Uhr >>>
Start auf die Sekunde genau: Alle Räder rollen wieder

Auf die Sekunde genau, Punkt 12:00 Uhr starteten heute wieder die Busse und Bahnen der KVB um die Kölnerinnen und Kölner wieder an ihre Lieblingsorte zu bringen. Auch alle Fußballfans können aufatmen die Sonderzüge zum Stadion heute Abend werden planmässig rollen. Schließlich spielt der 1. FC Köln gegen den Münchener Kultclub 1860 München vor heimischer Kulisse.  Die Ersten, die wieder voll im Plan fuhren, waren die Busse, so KVB-Sprecher Franz Wolf Ramien. Gegen 13:00 Uhr konnte man in diesem Sektor wieder fahrplanmässig im gesamten Kölner Stadtgebiet nach Auskunft der KVB einsteigen. Bei den Bahnen dauert dies erfahrungsgemäß immer etwas länger – rund 1,5 Stunden – bis alle wieder im Takt des regulären Fahrplans unterwegs sind. Die ersten Linien die, die KVB wieder auf die Schiene schickte waren die 7, 15, 1, 16 und 9. Manche Bahnen erreichen auch schneller ihren Fahrplantakt als andere. Dies hängt mit den unterschiedlichen Streckenlängen zusammen. So braucht die Linie 16 und 18, die ja bis Bonn fahren erfahrungsgemäß länger, denn sie muss zunächst zu Kölner Endhaltestelle und von dort bis zur Bonner Endhaltestelle, bis sie wieder im Takt fährt. Manche Fahrgäste werden sich gewundert haben, denn in den Kölner Tunnels brannte Licht bei der Durchfahrt und die Geschwindigkeit war auf 40 km/h begrenzt. Dies sei eine Vorsichtsmassnahme erklärte KVB-Mann Ramien, denn so fahren die KVB-Fahrerinnen und Fahrer nach Sicht und können so Hindernisse oder Menschen schneller erkennen, die sich unrechtmässig in den Tunnels befinden. Den wirtschaftlichen Schaden kann man noch nicht beziffern, da über 80% der KVB Kunden Abonnements besitzen und und man auch interne Einsparungen gegenrechnen müsse.

Andi Goral und Nadin Hüdaverdi für report-k.de / Kölns Internetzeitung