Köln | Rund 6.000 Menschen demonstrierten heute weitestgehend friedlich in Köln Bis auf zwei Nickeligkeiten, wie das Zeigen einer Fahne einer rechten türkischen Organisation und Werfen von Wasserflaschen aus Plastik hatte die Kölner Polizei keine Feststellungen. Auf der Abschlusskundgebung warf man Erdogan und der AKP vor einen Angriffskrieg gegen das kurdische Volk zu führen und gegen politisch anders Denkende und Minderheiten wie Kurden oder Aleviten zu hetzen.

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Fotostrecke: Großdemonstration von Kurdinnen, Kurden und ihren Unterstützern in Köln >

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Sevim Dagdelen, MdB

Die Linke spricht von Angriffskrieg

Sevim Dagdelen, MdB, Die Linke sprach von einem Angriffskrieg, den Erdogan gegen das Kurdische Volk führe und von Hetze gegen Oppositionelle, Linke und Minderheiten wie Kurden und Aleviten. Es gehe Erdogan und der AKP nur darum, so Dagdelen, die absolute Macht wieder erringen zu wollen. Darum habe Erdogan und die AKP einseitig den Friedensprozess aufgekündigt. Dagdelen schätzte die Situation in der Türkei als Krieg ein und Erdogan lenke mit den Angriffen auf den IS von seinen eigentlichen Zielen, der absoluten Macht in der Türkei ab. Der Bundesregierung warf Dagdelen vor das Unterdrückungsregime von Erdogan und der AKP zu unterstützen.


Figen Yüksekdağ, Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen Partei HDP

Die AKP nehme Rache an der demokratischen Gesellschaft in der Türkei

Figen Yüksekdağ, Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen Partei HDP und Mitglied des türkischen Parlamentes fand deutliche Worte. Erdogan wollte die Immunität einzelner Abgeordneter des türkischen Parlamentes aufheben lassen, denen er Nähe zu Extremisten der PKK unterstellte. Dazu gehörte auch Figen Yüksekdağ. Yüksekdağ unterstellt der herrschenden AKP nach der verlorenen Parlamentswahl am 7. Mai 2015 Rache an der demokratischen Gesellschaft der Türkei nehmen zu wollen. Neben den Angriffen auf den IS werden auch die kurdischen Gebiete in den Kandil-Bergen angegriffen. Yüksekdağ spricht auch von zivilen Opfern und dass die AKP die Zivilgesellschaft angreife.

Um ihren eigenen Herrschaftsanspruch zu sichern, habe die AKP nach dem 7. Mai 2015 die Tür für eine friedliche und demokratische Gesellschaft geschlossen. Die Angriffe auf die kurdische Bevölkerung soll dazu führen die HDP aus dem Parlament zu bekommen, vor allem vor dem Hintergrund von Neuwahlen. Figen Yüksekdağ: „Die Stimme der Kurden soll erlöschen“. Und dies in einer Situation in der gerade die kurdische Bevölkerung in Syrien und dem Nordirak Widerstand gegen den IS leiste. Die Bundesregierung, so Figen Yüksekdağ, trage eine Mitverantwortung bei der Demokratisierung der Türkei. Sie wünsche sich keine Einmischung der Bundesregierung in die inneren Angelegenheiten der Türkei, sondern den Konflikt werde man gemeinsam mit der Bevölkerung in der Türkei lösen. Aber sie könne die Türkei dazu einladen eine friedliche Lösung in der Kurdenfrage auf einem demokratischen Weg zu finden.

Am 28. Februar 2015, lange vor den Wahlen, sei man in der Türkei nur einen Schritt für friedliche Verhandlungen zur kurdischen Frage entfernt gewesen. Dies habe auch Beobachtungskommission festgestellt. Die regierende AKP habe dies verleugnet und den Frieden für ihren eigenen Wahlerfolg geopfert, analysiert Yüksekdağ. Die westlichen Staaten sollen die Türkei auffordern an diesen Punkt der Verhandlungen zurückzukehren.

Steinmeier: Türkei will an Friedensprozess mit Kurden festhalten

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betont mit Verweis auf Gespräche mit der türkischen Regierung, dass Ankara an dem Friedensprozess mit den Kurden festhalten wolle. „Die türkische Führung hat uns und den europäischen Partnern zugesichert, dass sie am Friedensprozess festhalten will, allerdings auch erwartet, dass die PKK umgehend Angriffe auf türkische Sicherheitskräfte einstellt“, sagte Steinmeier der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). „Es wäre fatal für die Türkei und für die Region, wenn über die regionalen Konflikte des Mittleren Ostens der innerstaatliche Friedensprozess mit den Kurden jetzt gegen die Wand fahren würde. Das darf nicht sein.“ Es sei die jetzige türkische Regierung gewesen, die erstmals die Rechte der Kurden behutsam erweitert und Gespräche mit dem Ziel einer Beilegung dieses langjährigen Konflikts auf den Weg gebracht habe, betonte Steinmeier. „Nur auf dem Verhandlungsweg kann ein Rückfall in die gewaltsamen Auseinandersetzungen der 90er Jahre verhindert werden, der in der jetzigen Krisenlage unabsehbare Folgen für die ganze Region hätte.“

Die Kurden seien eine ernstzunehmende politische Stimme im türkischen Parteienspektrum. „Diese Stimme durch administrative und rechtliche Ausnahmen vom politischen Prozess auszuschließen, hielte ich für unklug.“

Kauder: Angriffe auf Kurden sind „historischer Fehler“

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisiert die Türkei für ihre Kurden-Politik scharf. Der „Welt am Sonntag“ sagte Kauder: „Ich kenne mich in der Region aus und war auch in Kurdistan. Die PKK-Kurden und die kurdischen Peschmerga, die wir unterstützen, sind nicht die gleichen. Aber die Türkei vergibt gerade eine historische Chance, mit den Kurden zu einer Einigung zu kommen.“ Die Bekämpfung der Kurden, die jetzt begonnen habe, werde nicht den Frieden stärken, „sondern nur den Hass vergrößern“.

Autor: Andi Goral, dts