Köln | Die Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens müssen nach einem Urteil des NRW-Verfassungsgerichtshofes in Zukunft voraussichtlich weniger für die Lasten der Deutschen Einheit zahlen.

Die Richter erklärten heute in Münster ein Landesgesetz zur Verteilung der Einheitslasten in Teilen für verfassungswidrig, welches 2010 von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung beschlossen wurde. Es sieht vor, dass die Kommunen bis zum Auslaufen des Solidarpakts II im Jahre 2019 40 Prozent der Kosten des Landes tragen müssen. Die Landesregierung habe dabei laut dem Urteil der Richter jedoch falsche Berechnungsgrundlagen angelegt. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die Kommunen über Gebühr gezahlt hätten und weiter zahlen müssten. Nun muss das Gesetz überarbeitet werden, wobei die Entlastungen über den Bund an die Kommunen weitergegeben werden sollen. 91 Städte und Gemeinden des unter Finanznot leidenden Bundeslandes hatten gegen den Beschluss geklagt. Auch Köln hatte sich der Klage angeschlossen.

Stimmen zum Urteil

Kommunalminister Ralf Jäger: „Unser Ziel ist es, eine zukunftsfeste Regelung zu treffen, die bis zum Jahr 2019 trägt. Wir suchen nun gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden nach Wegen für eine faire Abrechnung der Einheitslasten. Dazu wird uns das Urteil des Verfassungsgerichtshofs wichtige Anhaltspunkte liefern. CDU und FDP haben uns ein Gesetz hinterlassen, das den Interessen der Kommunen nicht gerecht wird. Es ist klar: Für diese Klatsche ist die alte schwarz-gelbe Koalition verantwortlich“

Peter Biesenbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion: Innenminister Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hätten sich „dieses Gesetz zu eigen gemacht, indem sie nichts getan haben, an dem Gesetz etwas zu verändern.“

FDP-Fraktionschef Gerhard Papke: „Wenn SPD und Grüne nach dem heutigen Urteilsspruch das Einheitslastenabrechnungsgesetz geißeln, dann ist das reiner Populismus und ein Stück aus dem politischen Tollhaus.“

Martin Börschel, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion Köln: „Das Urteil ist eine nachträgliche Ohrfeige für Schwarz-Gelb. Wieder mal zeigt sich, wie kommunalfeindlich Schwarz-Gelb in den fünf Jahren Regierungsverantwortung wirklich war. Von der neuen Landesregierung erwarten wir jetzt eine faire Lösung zur Aufteilung der Einheitslasten zwischen Land und Kommunen, die der schwierigen Finanzsituation in unseren Kommunen Rechnung trägt. Perspektivisch erwarte ich eine neue Form der Solidarität für unsere Städte und Regionen, unabhängig von Himmelsrichtungen. Die Überwindung von Strukturschwäche und Investitionsstaus ist längst zu einer gesamtdeutschen Aufgabe geworden.“

Robert Stein, Listenkandidat der Piratenpartei NRW und Sprecher des Arbeitskreises Wirtschaft und Finanzen: „Wir begrüßen die Entlastung der Kommunen und verweisen in dem Zusammenhang noch einmal auf unser Wahlprogramm bezüglich der Kommunalfinanzen. Wer bestellt, soll bezahlen. Wir fordern, dass derjenige für die Kosten aufkommt, der sie den Kommunen insbesondere im Sozialbereich auferlegt. Dann gibt es die realistische Möglichkeit, dass die Kommunen ab 2016 ihre Haushalte ausgleichen können.“

Katharina Schwabedissen, Spitzenkandidatin der LINKEN NRW:  „Das Urteil ist eine Klatsche für die Rüttgers-Regierung, aber auch für die SPD/Grüne Landesregierung. Die Regierung Kraft hatte es in der Hand, die Berechnungsmethode bei den Einheitslasten zu ändern. Wir haben das im Landtag verlangt, eine Mehrheit dafür war da. Die Regierung hat es aber vorgezogen, das Gerichtsverfahren auszusitzen.“

Autor: cs | dts | dapd