120 Millionen Euro sollen 2010 gespart werden
Rund 540 Millionen Euro wird die Stadt im Jahr 2010 mehr ausgeben, als sie einnimmt. Das rechnete Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans dem Stadtrat bereits im November 2009 vor,. Mit einem strengen Sparprogramm wollte Walter-Borjans dieses Minus ausgleichen. Knapp 400 Millionen Euro sollten die Dezernate nach dem Haushaltsplan-Entwurf vom November 2009 einsparen. Die restlichen gut 150 Millionen Euro wollte Kölns Stadtkämmerer unter Zuhilfenahme der Ausgleichsrücklage* (Anm.d. Red.: Zum Begriff siehe unten) der Stadt ausgleichen. Eine speziell dafür gebildete „Task Force“ meldete Walter-Borjans nun: Die Stadt könne in diesem Jahr wahrscheinlich höchstens etwa 120 Millionen Euro einsparen. Übrig bliebe so ein Haushaltsdefizit von rund 420 Millionen Euro, das aus der Ausgleichsrücklage genommen werden müsste. Die umfasst insgesamt etwa 615 Millionen Euro und kann nicht darüber hinaus in Anspruch genommen werden.

Droht der Stadt der Nothaushalt?
Das Problem tritt nun dadurch auf, dass Köln bereits für das vergangene Jahr 252 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage benötigt und daher für 2010 nur noch rund 360 Millionen Euro zur Verfügung hätte. Die Stadt müsste also in diesem Jahr auf die allgemeine Rücklage zurückgreifen, um die noch fehlenden knapp 60 Millionen Euro auszugleichen. Doch auch für die kommenden Jahre prognostiziert Walter-Borjans ein hohes Haushaltsdefizit, das mit der allgemeinen Rücklage ausgeglichen werden muss. Er geht derzeit davon aus, dass 2011 392 Millionen, 2010 344 Millionen und 2013 264 Millionen Euro aus der allgemeinen Rückklage entnommen werden müssen, um das städtische Haushaltsdefizit ausgleichen zu können.

Damit würde die Stadt jedoch in mehr als zwei Jahren hintereinander mehr als fünf Prozent der allgemeinen Rücklage benötigen. Köln wäre dadurch gezwungen ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Das muss dem Regierungspräsidenten zur Zustimmung vorgelegt werden. Ab da verliert die Stadt in vielen Bereichen der Haushaltplanung ihre Entscheidungsmacht. Beispielsweise müsste sie dann Investitionsvorhaben von der Bezirksregierung zustimmen lassen. Sollte es der Stadt dann nicht innerhalb von drei Jahren  – also bis Ende 2014 – gelingen, den Haushalt ohne Zugriff auf das Eigenkapital auszugleichen, droht der Stadt sogar der Nothaushalt.

Gewerbesteuer – ein Licht am Ende des Tunnels?
Kölns Stadtkämmerer sieht dennoch ein Licht am Ende des Tunnels: In dieser Woche seien die Gewerbesteuereinnahmen wieder gestiegen. Ob dies allerdings ein Zeichen für eine grundlegende Erholung der Wirtschaft oder nur ein kurzes Hoch sei, könne man derzeit noch nicht abschätzen, so Walter-Borjans. Derzeit nimmt die Stadt rund 200 Millionen Euro weniger an Gewerbesteuern ein als noch vor zwei Jahren. Sollten sich diese Einnahmen wieder stabilisieren, könnte ein Haushaltssicherungskonzept vermieden werden, meint Kölns Kämmerer. Walter-Borjans forderte heute dennoch den Rat auf, in diesem Fall ein internes Haushaltssicherungskonzept aufzustellen – ohne jedoch die städtische Entscheidungsmacht abgeben zu müssen. Nur so könne der Haushalt in einigen Jahren wieder ohne Zugriff auf das städtische Eigenkapital ausgeglichen werden.

Ratsentscheid erst im Herbst
Durch die Erkenntnis der neuen Zahlen muss nun ein neuer Entwurf des Haushaltsplanes für 2010 aufgestellt werden. Über den Haushalt sollte der Rat eigentlich in seiner Sitzung im Mai entscheiden. „Dieses Datum wird nicht einzuhalten sein“, kündigte Walter-Borjans heute an. Über den Haushalt könne wohl erst im September entschieden werden – dann solle jedoch eigentlich bereits der Haushaltsplan-Entwurf für 2011 eingereicht werden. Darum plädiert Kölns Stadtkämmerer nun dafür, den Rat im Oktober 2010 über einen Doppelhaushalt 2010/ 2011 abstimmen zu lassen. Köln hatte bereits in den Jahren 2009/2010 einen Doppelhaushalt, begründet wurde dies mit der Kommunalwahl. Wie sich die Verzögerung bei der Neubestellung des Postens des Kämmerers auswirkt ist derzeit noch offen.

Kölns Kämmerer fordert mehr Hilfe von Land und Bund
Im Vergleich zu anderen deutschen Städten stünde Köln trotz des großen Haushaltsdefizits noch relativ gut da, erklärte Norbert Walter-Borjans heute. „Viele Städte haben bereits einen Nothaushalt“, so Kölns Kämmerer. Dennoch müsse nun die gesamte Stadt sparen. „Wir müssen noch besser wirtschaften, auf Leistungen verzichten und versuchen, unsere Einnahmen zu erhöhen“, fasste Walter-Borjans die Lage zusammen. Wo 2010 und in den kommenden Jahren konkret gespart werde, darauf wollte Kölns Kämmerer heute keine Antwort geben. Das müssten die einzelnen Dezernate und die Politik entscheiden. Darüber hinaus forderte er heute eine Neuordnung der Finanzregelungen zwischen den Kommunen und Stadt und Bund. Gemeinsam müssten die Kommunen in diesen finanziell schwierigen Zeiten für mehr Hilfe von Land und Bund kämpfen, betonte Norbert Walter-Borjans.

Land sieht Bund in der Pflicht
Ein Zeichen der Unterstützung versprachen dazu heute Nordrhein-Westfalens Finanzminister Dr. Helmut Linssen und Innenminister Dr. Wolf. „Die Kommunen brauchen planbare und verlässliche Einnahmen. Genauso wichtig ist es aber,  für die drückenden Sozialausgaben Lösungen zu finden“, erklärten die beiden nordrhein-westfälischen Minister bei der ersten Sitzung der Gemeindefinanzkommisson in Berlin. „Die durch Bundesgesetze veranlassten Sozialleistungen der Kommunen für die Kosten der Unterkunft bei Hartz IV, die Grundsicherung im Alter und die Hilfen für Behinderte und zur Pflege sind dramatisch angewachsen“, so Wolf. Der Bund sei hier nun in der Pflicht. „Wir brauchen deshalb eine nachhaltige und auskömmliche Beteiligung des Bundes an den Soziallasten“, forderte NRWs Innenminister.

*Begriffserklärung „Ausgleichsrücklage“
Das städtische Eigenkapital, das in der Bilanz ausgewiesen wird, besteht aus der Ausgleichsrücklage, der allgemeinen Rücklage und sonstigen Rücklagen. Die Ausgleichsrücklage darf von der Kommune in Anspruch genommen werden, um den Haushalt auszugleichen. Wird sie eingesetzt ist die Gemeinde nicht verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Durch ihren Einsatz wird aber städtisches Vermögen verzehrt. Ist die Ausgleichsrücklage aufgebraucht, kommt die allgemeine Rücklage zum Einsatz (derzeit in Köln rund 6 Milliarden Euro). Dies ist dann jedoch genehmigungspflichtig durch die Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung, und stellt einen Eingriff in die kommunale Handlungsfreiheit dar.

Die Ausgleichsrücklage wird nach gesetzlich vorgegebenen Kriterien berechnet und beträgt bei der Stadt Köln rund 615 Millionen Euro. Sie ist nicht in Bargeld vorhanden, ihr stehen vielmehr Vermögenswerte der Bilanz wie Grundstücke, Straßen, Gebäude und dergleichen gegenüber. Gleiches gilt auch für die allgemeine Rücklage. In guten Zeiten kann die Ausgleichsrücklage bis zu ihrem Höchststand durch Überschüsse im Haushalt wieder aufgefüllt werden.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
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