Exklusiver Abend in neuem Look & Feel
Auf der Harlekin-Gala kürt die Kölnische auch Ihren Winzer des Jahres, in diesem Jahr ist dies Dr. Herger, dessen korrespondierende Weine das Menu begleiteten. Darunter ein 2008er Heger Riesling oktav Kabinett, oder ein 2007er „Mimus“ Ihringer Winklerberg Dr. Heger Spätburgunder Barrique trocken. Letzter wurde zu Rinderfilet in Rotwein-Jus mit Canneloni vom Winter-Wirsing und Kartoffelgnocchis gereicht. Zur Vorpeise genoß man Origami vom Kabeljaufilet und Noix St. Jacques mit Wasabi Schaum und zur Nachspeise Creme Brulée „After Eight“ mit Beerensüppchen und Marzipan-Grisinis. Dem Raum ab die Kölnische einen völlig neuen Rahmen, nicht der aus Pappe ausgeschnittene Schriftzug „Kölsche Hofburg“, sondern das Kölnpanorama in der blauen Stunde dominierten die Harlekin-Gala.

Gepfeffert und getrüffelt: Die Harlekin-Rede
Gut man muss sie noch geschmeidiger machen und auch die Präsentation könnte ein wenig lockerer sein. Aber der Denkansatz eine kurze und knackige politische Rede in einem solchen Rahmen zu etablieren hat Charme, auch wenn es für den ein oder anderen sicher noch ungewöhnlich ist. Der Harlekin hält sich und der Gesellschaft und Politik den Spiegel vor. Frech, das ein oder andere Mal provokant, weltläufig, bundespolitisch, wie regional. Da wird die SPD als alte Fregatte beschrieben und Kurt Beck kurzerhand zur sprechenden „Biotonne“ erklärt. Münteferings Liebesabenteuer werden bösartigst kommentiert, Angela Merkel wird zur flotten Biene und Guido Westerwelle als dumme Drohne in der Biene-Maja-Koalition. Witzig der Titel für Verteidigungsminister zu Guttenberg als „James Bond der deutschen Politik, der immer wie aus dem Ei gepellt – ein Mann sogar – wenn er nachts noch mal an den Kühlschrank geht – ein Dinnerjacket anzieht“. Der Abriss über Gesundheitsminister Rösler unter Bezugnahme auf seine Herkunft dagegen schießt übers Ziel hinaus und hat ein Geschmäckle der die Rede kleiner macht als sei ist.

Sehr gut gelungen ist dagegen der lokalpolitische Teil, wenn es etwa um die Beraterverträge von EX-Bürgermeister Jupp Müller geht: „Wussten Sie, wie viele Kölner Lokalpolitiker notwendig sind, um eine Glühbirne zu wechseln? – Zwanzig! Einer dreht sie rein, die anderen 19 müssen währenddessen geschmiert werden. Z.B. Jupp Müller kriegt 300.000 für Beraterverträge für die Stadtsparkasse Düsseldorf! Ausgerechnet Düsseldorf! Das ist ja so, als wär Wolfgang Overath an Fanartikel-Verkauf von Borussia Mönchengladbach beteiligt.“ Bietmann wird als Mann der keine Zeugen mag beschrieben (saß übrigens im Saal), die Kosten für die neuen Messehallen wurden mit dem Jahreseinkommen der Höhner verglichen – 1 Milliarde Euro. Da wird der IQ der KVB-Oberen in Frage gestellt, ob der Fragen die die sich alle nicht beim Bau der Nord-Südstadtbahn gestellt haben. Und auch der neue Oberbürgermeister bekommt sein Fett weg: „Doch dafür haben wir ja jetzt in Köln einen neuen Hoffnungsträger: Jürgen Roters, unseren kölschen Obama. Der Obama is jung, dynamisch, tatkräftig un hat Charisma. Der Roters is genau wie der Obama, nur is der Roters nit jung, nit dynamisch, nit tatkräftig un hat auch kein Charisma. Der Roters ist so langweilig. Wenn der im Kino sitzt, schlafen auf der Leinwand die Schauspieler ein.“

"Der Karneval muss wieder frecher werden und den Finger in die Wunde legen"
Zur Harlekin-Gala und der politischen Rede im Kölner Karneval stellte report-k.de dem Präsidenten der Kölnischen Dr. Johannes Kaußen, Fragen.

report-k.de: Die Harlekin Gala, die letztes Jahr Premiere feierte, konnte auf Anhieb überzeugen. Jetzt geht man ins nächste Jahr. Was ist neu und woran hat man bei der Kölnischen in den vergangenen Monaten gefeilt?
Dr. Johannes Kaußen:
Neu ist die Politische Figur es Harlekin, der der Gesellschaft den Spiegel vorhält. Wir haben den Programmablauf und die Deko perfektioniert. Es bleibt beim Konzept der runden Tische mit 4 Gang-Menü, aber auch da haben wir noch optimiert. Dazwischen bieten wir leise Töne aus dem Kölner Karneval.

Neben exquisiten Feiern hat die Gala auch eine politische Note in diesem Jahr erhalten. Unter anderem arbeitet die Kölnische mit Thomas Köller von der Stunksitzung bei der Rede des Harlekin zusammen. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und hat die Kölnische keine Berührungsängste mit dem Alternativen Karneval?
Dr. Johannes Kaußen: Die Zusammenarbeit ist durch Jonathan Briefs vermittelt worden, der den Harlekin spielt und mit dem ich seit meiner Zeit beim Festkomitee Kölner Karneval befreundet bin und der auch Mitglied der Kölnischen ist. Ich glaube, dass die Grenzen zwischen alternativem und traditionellem Karneval längst überholt und aufgehoben sind. Überall gibt es tolle Ideen zu unserem Karneval.

Die politische Rede des Harlekin – wie kommen die Ideen zustande, stimmt man sich im Team ab, oder hat die Kölnische da einen Ideenpool?
Dr. Johannes Kaußen:
Wir haben das ganze Jahr über in einem Team in mehreren Treffen am Inhalt und an der Formgebung der Figur gearbeitet. Die Ideen kommen aus den eigenen Reihen.

Muss der Karneval neben dem Spaß auch wieder mehr die Stimme gesellschaftlich, politisch und kulturpolitisch erheben, den Spiegel sozusagen polieren und der
Kölnischen Stadtgesellschaft schärfer vorhalten?
Dr. Johannes Kaußen:
Da können wir von den Mainzern viel lernen. Selbstverständlich müssen wir, um die Qualität unseres Karnevals anzuheben, auf die Ursprünge zurückkommen, in denen der Karneval der Gesellschaft den Spiegel vorgehalten hat und in der Maske des Harlekins sich kritisch mit den Herrschenden auseinandergesetzt hat. Wichtig ist dabei, dass der Harlekin überparteilich, unvoreingenommen ist, mit der nötigen Distanz zu den Dingen. Deshalb wird er auch von einem Schauspieler gespielt, um klar zu machen, dass es sich nicht um persönliche Angriffe gegen Mitmenschen handelt. Dabei haben wir nicht nur die Lokalpolitik, sondern auch Bundes- und Weltpolitik im Auge. Insgesamt muss der Karneval wieder frecher werden und den Finger in die Wunde legen.

Kann man Formate wie den Harlekin Ihrer Ansicht nach auf allen Veranstaltungen, etwa auch Herrensitzungen oder Kostümsitzungen einsetzen oder ist so etwas nur etwas auf einer Gala, wie die der Kölnischen möglich?
Dr. Johannes Kaußen:
Die Botschaft einer politischen Rede ist sicher in allen Veranstaltungsformaten möglich, wo gewährleistet ist, dass man dem Redner zuhört.
Vielen Dank für das Gespräch

Gut an der politischen Rede ist, dass sie kurz und knackig ist. Sechs Minuten komprimierte Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Gesellschaft und der Politik sind exakt richtig formatiert und sorgen für Gesprächsstoff im Saal aber auch darüber hinaus. Der Ansatz, dass was der alternative Karneval a la Stunksitzung, oder Fatal Banal schon lange richtig erkannt hat auch in den etablierten Sitzungskarneval zu holen, richtig. Am Format, an der Präsentation und am Platz in einer Veranstaltung wie einer Gala muss die Kölnische sicher noch feilen. Nach Präsentation und Ehrung dürfte nicht der richtige Platz sein, aber auch nicht zu nah an den reinen kölschen Büttenrednern, wie etwa des Stand up Redners Marc Metzger, dazu ist sie zu gehaltvoll.

[ag]