Stadtrat spricht sich mehrheitlich gegen Entkoppelung von Kommunal- und Bundestagswahl aus
Oberbürgermeister Fritz Schramma muss in den nächsten Tagen ein weiteres Schriftstück an die Landesregierung überreichen, dem er zuvor in einer Ratssitzung nicht zugestimmt hat. Diesmal handelt es sich um eine Resolution, mit der die Kölner Vertretung der Bürgerschaft ihr Missfallen bekundet, dass die Generalsekretäre von CDU und FDP im Land Nordrhein-Westfalen über eine Entkopplung von Kommunal- und Bundestagswahlen im Jahr 2009 nachgedacht haben. „Ihr von langer Hand geplanter Coup ist nun öffentlich geworden. Die nachträgliche Rechtfertigung grenzt an Volksverdummung“, so der Vorwurf des Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion Martin Börschel. Seine Fraktion kritisiert vor allem die immensen Kosten, die sich nach Informationen des Bundes der Steuerzahler (BdS) auf landesweit rund 42 Millionen Euro summieren sollen. Ein Vorwurf, den der Fraktionsgeschäftsführer der FDP im Stadtrat Ulrich Breite so nicht stehen lassen wollte. So habe sein Parteifreund und Innenminister Dr. Ingo Wolf von Kostenerstattungen an die Kommunen in Höhe von 14 Millionen Euro gesprochen. „Das hätten sie als Mitglied im Landtag wissen müssen“, konterte Breite.

CDU betont Bedeutung der Kommunalwahl
Für die CDU-Fraktion und deren Geschäftsführer Josef Müller steht jedoch bei dieser noch nicht endgültigen Überlegung vor allem die Bedeutung einer Kommunalwahl im Mittelpunkt. „“Die Kommunalwahl würde im Falle einer Kopplung an die Bundestagswahl vollkommen überlagert“, widersprach Müller. Ansonsten werde seine Partei sich ganz auf den Oberbürgermeister und seine erreichten Erfolge konzentrieren. „Sie werden sich wundern über unseren Wahlkampf“, kündigte der erste Bürgermeister an. Überlegungen, die im gleichen Jahr stattfindenden Wahlen zum Europaparlament mit den Kommunalwahlen zu koppeln, wurden wiederum von Kölns SPD-Parteichef Jochen Ott als Gegenargument ins Feld geworfen. Für Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz sind die Argumente der im Land regierenden Koalitionsparteien ebenfalls „völlig unlogisch“. Ihr wäre eine Wahlbeteiligung von 80 Prozent lieber als wenn nur jeder zweite Wahlberechtigte in Köln im Wahllokal seine Stimme abgebe. “Wer hier wahltaktisch vorgeht, fällt ohnehin auf die Nase“, warnte Moritz abschließend.

FDP-Mann Breite wiederum zeigte sich irritiert über das Denkverbot, dass das Kernbündnis mit einer Resolution gegen die regierende Landesregierung aussprechen will. „Wie tief muss man sinken, um der Landesregierung das Nachdenken zu verbieten“, fragte der FDP-Kommunalpolitiker. Ein solches Denkverbot sei „schlicht lächerlich“. Entschieden werde in dieser Frage ohnehin erst Ende 2008. Für den Vorsitzenden der Fraktion Die Linke im Stadtrat Jörg Detjen gehe es vor allem den Christdemokraten mit ihren Äußerungen vor allem darum, die eigene Zerrissenheit zu überspielen. Damit spielte er aber nur auf die spezielle Situation in Köln hin, wo das Kernbündnis bei verschiedenen Entscheidungen dank der Unterstützung seiner Fraktion eine Mehrheit erzielen konnte.

Hafenausbau in Köln-Godorf ist beschlossene Sache
Rund 200 Anwohner und Betroffene trafen sich im Vorfeld der Ratssitzung auf dem Vorplatz, um ihrem Unmut über den geplanten Ausbau des Hafens Luft zu machen. Auch im Stadtrat selbst erhitzte der Tagesordnungspunkt die Gemüter. Oberbürgermeister Fritz Schramma, der sich bereits bei der Vorstellung des Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit positiv zum Hafenausbau geäußert hatte (Köln Nachrichten berichtete), zog die Vorlage der Verwaltung unter Tagesordnungspunkt 9.8. vor und behandelte diesen Punkt direkt nach der Aktuellen Stunde. Und als nach einer persönlichen Erklärung des Ratsmitglieds Carsten Möring und dem Antrag von Grünen-Fraktionsvize Jörg Frank sich noch einmal kurzfristig Spannung aufbaute, konnten die Gegner des Hafenprojekts noch hoffen, auf der Zielgerade den Ausbau zu verhindern. Doch es half alles nichts. Mit einer Mehrheit von 53 der notwendigen 46 Stimmen beschloss der Rat die Vorlage der Verwaltung, die Planungen zum Hafenausbau unter Vorbehalt noch laufender Einsprüche gegen das Planfeststellungsverfahren voranzutreiben. Ein 19 Jahre dauernder Diskussionsprozess und zwischenzeitliche Neukonzeptionierungen scheinen damit nun endgültig ein Ende zu haben.

Befürworter setzen sich durch
Fast wie in einer öffentlichen Anhörung versuchte der Vorsitzende des Vorstandes der städtischen Häfen und Güterverkehr AG (HGK) die Bedenken zu zerstreuen. Die Liste der Vorwürfe vonseiten der Gegner der mit 61,3 Millionen Euro veranschlagten Infrastrukturmaßnahme war lang. Von Zweifeln an der Unabhängigkeit des Gutachtens, den Wachstumsprognosen der Branche Binnenschifffahrt über Bedenken hinsichtlich der Methodik und nicht zuletzt ökologische Vorbehalte, so ziemlich alles, was die Studie untersuchte, wurde in Zweifel gezogen oder schlicht als falsch bezeichnet. Eine Große Koalition aus SPD und CDU setzte sich aber über die Bedenken hinweg. Besonders innerhalb der Christdemokraten verlief die Diskussion durchaus kontrovers. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, erklärte Fraktionschef Winrich Granitzka. „Wir haben erhebliche Zweifel. Das Gutachten gibt erheblichen Anlass zur Kritik, aber im Interesse der Funktionsfähigkeit dieses demokratisch gewählten Gremiums haben wir uns entschlossen, die Entscheidung mitzutragen“, stellte CDU-Ratsherr Möring klar. In seiner persönlichen Erklärung sprach der im Stadtbezirk Rodenkirchen stammende Möring auch für seine Fraktionskollegen Carola Blum, Karl Klipper und Dr. Michael Paul.

Grüne und FDP wiederholen ihre Kritik
Nicht überzeugen ließen sich Grüne und FDP von den Argumenten, die zuletzt vom HGK-Chef selbst vorgebracht wurden. Insbesondere an der Annahme, dass das Wachstum des Containerhandels im Binnenverkehr in den kommenden Jahren deutlich zulegen werde, wollte Bender nicht abrücken. „Die Wasserstraße ist der einzige Verkehrsweg, auf dem es in der Zukunft noch freie Kapazitäten gibt“, erklärte Bender. Zum Beweis verwies der HGK-Vorstandschef auf die derzeit zu beobachtenden Investitionen von Schifffahrtsunternehmen und – unternehmern. Die Fraktionsspitze der Grünen betonte in ihren insgesamt vier Redebeiträgen immer wieder die ihrer Meinung nach nicht nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsrechnung des Baum-Gutachtens. „Die Demonstranten vor dem Rathaus kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie haben früher alle CDU und SPD gewählt“, appellierte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Stadtrat Dr. Barbara Müller an die Befürworter. Fraktionsvize Frank bezeichnete die HGK gar als „Fossil“. Und für die Entscheidung zum Hafenausbau sprechen zudem weitere nicht mit dem Hafengeschäft zusammenhängende Gründe, u.a. Immobilienspekulationen für die vom Umzug vom Deutzer Hafen betroffenen Unternehmen.

Auch FDP-Ratsherr Dietmar Repgen wiederholte die Argumente, die er bereits an früherer Stelle geäußert hatte. „Die Grundannahme, dass der Containerhafen sofort zu 100 Prozent ausgelastet sei, ist unseriös. Und was passiert, wenn der Bund aus seiner Finanzierungszusage aussteigt?“, so Repgen weiter. Die FDP-Fraktion kritisierte ebenfalls die HGK, die ihrer Meinung nach die Entwicklung schlicht verschlafen habe. „Nimmt man diese Voraussetzungen weg, ist die Wirtschaftlichkeit des Hafenausbau so weit weg, wie der 1. FC Köln vom Gewinn der Deutschen Fußball-Meisterschaft“, so Repgen.

Linke in Erklärungsnot
Nicht ganz so einfach hatte es der Vorsitzende der Fraktion Die Linke Jörg Detjen mit der Begründung seiner Ablehnung zum Hafenausbau. Vor allem die im Vorfeld vonseiten der Gewerkschaften geäußerte Befürwortung der Investition machte Detjen zu schaffen. Bei näherer Betrachtung sei aber auch das Argument der zusätzlichen Arbeitsplätze nicht wirklich stimmig. „In den vergangenen Jahren hat die HGK kontinuierlich Arbeitsplätze abgebaut“, kritisierte Detjen. Und Grünen-Fraktionsvize Frank ergänzte, dass der Hafenausbau insgesamt gerade einmal 98 Arbeitsplätze zusätzlich schaffe. Angesichts der Investitionssumme sei dies jedoch „völlig ineffizient“.

Ralph Kruppa [www.koeln-nachrichten.de] für report-k.de / Kölns Internetzeitung