Der offene Brief im Wortlaut


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Köln,
sehr geehrter Mitglieder des Kulturausschusses der Stadt Köln!

In der kommenden Sitzung des Ausschusses für Kunst und Kultur am 11.5. wird es unter anderem um die vom Kämmerer angewiesenen Kürzungen und deren Auswirkungen auf die freie Kunstszene gehen (TOP 13.2). Der Kölner Komment vermisst seit längerem eine erkennbare Haltung der Politik in dieser Frage und nimmt die Sitzung zum Anlass, diesen Appell an die Entscheidungsträger der Stadt zu richten. Er wird zeitgleich an die Vertreter der Medien übermittelt. Die aktuelle Situation ist für die Kölner Kulturschaffenden äußerst unbefriedigend: Obwohl es bislang keinen politischen Beschluss zu Kürzungen im Kulturbereich oder ihrer Höhe gibt, muss die Verwaltung Kürzungen praktizieren, die bereits jetzt insbesondere die freie Szene lähmen und schon in der zweiten Jahreshälfte sowie 2011 zu Programmstreichungen, Schließungen, Wegzug und damit zu gefährlichem Substanzverlust führen. Obwohl Sie alle, nicht zuletzt bei der Veranstaltung des Kölner Komment im Januar 2010 im Kölner Rathaus, Ihre Verantwortung für die Kölner Kultur immer wieder beteuern, muss man den Eindruck gewinnen, dass der Politik diese Situation nicht in ihrem ganzen Ausmaß bekannt ist oder sie sie billigend in Kauf nimmt. Beides wäre unverantwortlich.

Bis zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes gilt „vorläufige Haushaltsführung“. Für die Kölner Kultur bedeutet das derzeit: Die Politik hüllt sich in Schweigen oder schiebt die Verantwortung von sich, die Verwaltung macht – notgedrungen – Politik, was nicht ihre Aufgabe ist. Und Institutionen, Kulturschaffende, Künstler und Bürger werden im Unklaren gelassen bzw. vor vollendete Tatsachen gestellt. Aktuell sind bereits viele freie Projekte bedroht, das gilt für den Zuständigkeitsbereich des Kulturamtes, aber auch für Projekte, die durch andere Dezernate gefördert wurden. Jüngstes Beispiel ist die komplette Streichung des städtischen Zuschusses für das renommierte Forum aktueller Architektur „plan“ (Dezernat Streitberger), durch die „plan“ auch die wesentliche höhere Landesförderung und weitere Sponsorengelder verliert. Wir begrüßen es, dass jetzt auf Intervention des OB doch noch nach einer Lösung gesucht wird, doch zeigt dieser Ablauf symptomatisch das planlose Vorgehen in wichtigen kulturpolitischen Entscheidungen. An die Politik geht somit die Frage: Können und wollen Sie es verantworten, dass der schleichende Kulturabbau in Köln bis zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes im Oktober weitergeht?

Der Kölner Komment fordert schnell eine ehrliche, öffentliche Diskussion und Stellungnahme der Politik zu dieser Situation: Sind der Politik die aktuelle Maßnahmen der Verwaltung und ihre Auswirkungen umfassend bekannt und wie gedenkt sie ihrer politischen Verantwortung für diese Situation gerecht zu werden? Wie soll insbesondere die gefährdete freie Szene gesichert werden? Welche Prioritäten will die Politik für die kommenden Haushaltsverhandlungen setzen, welche Rolle spielt dabei die Kultur? Die Kölner Kulturschaffenden und Bürger möchten wissen, was passiert und mit welcher Begründung – nur dann kann in der Stadtgesellschaft eine angemessene Debatte über einen Weg durch die kommunale Haushaltskrise geführt und die Kultur erhalten und gepflegt werden. Unsere Überzeugung ist es nach wie vor, dass man gerade in der Krise die Kultur antizyklisch unterstützen müsste, um der Stadt Köln ein Profil für die Zukunft zu geben. Die Landtagswahlen sind nun vorbei: Wir erwarten von der Stadt
Köln klare Antworten und politisches Handeln.

Der Kölner Komment

[cs]