Deutlich zu sehen ist, dass die Oberfläche des rheinischen Trachyt-Gesteins angegriffen worden ist. Muschelkalk und Eifeler Basalt dagegen zeigen klare und gerade Oberflächen, auf denen teilweise noch die Spuren der Steinmetze zu sehen sind. Ein Zeichen für den hervorragenden Erhaltungszustand der jüngeren Gesteine.

Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner vergleicht die Gesteine mit Familien in denen sich auch manchmal Geschwister zanken. Was sich zunächst in der Theorie recht harmlos anhört ist, wenn man oben am Dom steht weitaus dramatischer. Über dem Chor etwa sieht man deutlich die Unterschiede. Mitten in Eifeler Basalt, verbaut im 19 Jahrhundert um 1820, ein Trachyt vom Drachenfels aus dem 1300 Jahrhundert. Obwohl der Stein schon zweimal aufgearbeitet wurde ist seine Oberfläche porös, brüchig und nicht mehr vorhanden. Daneben heller Muschelkalk der im letzten Jahrhundert zwischen den Weltkriegen verbaut wurde, also so um 1920. Auch dieser völlig intakt. Die Forscher wollen nun untersuchen, ob die verschiedenen Gesteine nebeneinander einen schlechten Einfluss aufeinander ausüben. Schock-Werner erläutert warum: „Zum einen haben die Steine alle einen unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten. Zudem sind sie unterschiedlich dampfdurchlässig. So nimmt der einen Stein mehr Wasser auf, als der andere. Liegen die Steine nun nebeneinander, dann könnte sich gerade die unterschiedliche Wasserhaltung negativ auf die Verwitterung auswirken und so der eine Stein stärker verwittern als der andere.“ Alles das soll jetzt gründlich untersucht werden, auch um in der Zukunft Bauschäden zu vermeiden.


Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner zeigt die Schäden an der Nordostecke des Nordturmes.

Besonders aufgefallen ist dies nun an der Nordostecke des Nordturmes. Der soll saniert werden, da er auch besonders in Mitleidenschaft gezogen ist. Dieser Teil, der gerade eingerüstet wurde ist noch aus der spätgotischen Zeit, da seine Fertigstellung für die Errichtung des Seitenschiffes unumgänglich war. Daher war dieser zunächst vollständig aus Drachenfels-Trachyt hergestellt. Als man aber zum ersten Mal reparieren musste, konnte man keinen Trachyt mehr einsetzen, da der Abbau am mittlerweile zum Naturschutzgebiet erklärten Drachenfels nicht mehr gestattet war. Dieser Teil des Turmes trägt auch immer noch schwere Kriegsschäden. Daher macht dieser Teil des Turmes der Dombaumeisterin besondere Sorgen. Sie rechnet mit einer Restaurierungszeit der Nordostecke von mindestens drei Jahren. Sollten dann auch noch alle Steine ausgetauscht werden müssen, würden die Kosten steigen und die Zeiten sich verlängern. Trachyt kauft die Dombaumeisterin übrigens jetzt in einem Steinbruch in der Nähe von Padua in Montenerlo. Der ist übrigens auf ganz besondere Art und Weise erprobt, denn mit Trachyt aus Montenerlo ist das Pflaster von Venedig gestaltet.

Wissenschaftlich begleitet wird das Forschungsprojekt von Prof. Siegfried Siegesmund von der Abteilung Strukturgeologie und Geodynamik am Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen, sowie von Prof. Bernhard Middendorf vom Lehrstuhl Werkstoffe des Bauwesens an der Technischen Universität Dortmund. So sollen unter anderem auch wenige Millimeter dicke Scheiben der Steine mit Röntgentechnik untersucht werden. Unterstützt wird die Forschungsarbeit von der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit 125.000 Euro. Die Gesamtkosten der Untersuchung liegen bei rund 280.000 Euro. Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der DBU fördert damit schon das dritte Projekt am Weltkulturerbe Kölner Dom. Die Stiftung DBU komme damit ihrer Verpflichtung nach Kulturgüter vor Umweltzerstörung zu schützen.


An der Nordostecke des Nordturmes sind aufwendige Sanierungsarbeiten nötig. Jetzt wird zunächst die Handschrift der mittelalterlichen Steinmetze studiert, dann die Schäden kartiert, dann die Sanierung geplant und durchgeführt. Aber auch am Dom gilt der Grundsatz der modernen Sanierer möglichst wenig in den Bestand einzugreifen.

Jetzt bleibt zu hoffen, dass sich die schlimmsten Befürchtungen der Dombaumeisterin nicht erfüllen, dass sich die verbauten Steine Trachyt und Obernkirchener Sandstein nicht vertragen. Denn dann müssten noch viel größere Teile des Kölner Doms saniert werden und Steine ausgetauscht werden. Erst vor kurzem wurde im Rahmen der Mittelmeer Biennale die aktuell im Kölner Rathaus stattfindet, die Erhaltung des Domes mit einer Art Sisyphosarbeit verglichen. Ein Vergleich der nicht ganz zu Unrecht fällt.

Wer sich für den Erhalt des Kölner Domes einsetzen will, kann dies übrigens über den zentralen Dombauverein tun. Mit nur 20 Euro Spende im Monat ist man dabei. Mehr Infos zum zentralen Dombauverein erhält man im Netz: www.zdv.de. Der Verein trägt Jahr für Jahr rund die Hälfte der Sanierungskosten.

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