Um Punkt 00.00 Uhr ging die Plattform des Bürgerhaushaltes 2010 heute online. Seit dem sind bereits über 74 Vorschläge zur Gestaltung des Haushaltes für das kommende Jahr eingegangen. „Gast“ etwa schlägt vor, die gesamte Straßenbeleuchtung in der Stadt durch LED-Leuchten auszutauschen, um dadurch Strom und Reparaturkosten zu sparen. „iworld“ möchte stattdessen, dass die Kölner Verkehrsbetriebe ab sofort Hybridbusse erwirbt, um die Umwelt zu entlasten. Wirtschaftsdezernent und derzeitiger Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans zeigte sich heute Mittag erfreut über das rege Interesse. "Der erste Bürgerhaushalt hat gezeigt, Köln ist eine spannende Stadt", so Walter-Borjans. Er hofft darauf, dass die Bürger nicht nur gute Vorschläge einstellen, wofür der städtische Etat verwendet werden soll, sondern auch wie und wo Geld gespart werden kann. Denn Kölns Städtekämmerer hat gestern Abend bei der Vorstellung des Haushaltsplan-Entwurfes deutlich gemacht, dass im Haushaltsplan 2010 noch mindestens 220 Millionen Euro eingespart werden müssen.

Der Bürgerhaushalt 2010
In diesem Jahr schreibt die Stadt Köln zum zweiten Mal einen Bürgerhaushalt aus. Für den Haushalt 2010 stehen die Themen "Bildung und Schule" sowie "Umweltschutz" im Mittelpunkt. Alle Bürger sind nun dazu aufgerufen, ihre Vorschläge für die Verwendung der städtischen Gelder einzureichen. Die 200 Vorschläge (100 je Thema), die am Ende des Verfahrens, am besten bewertet worden sind, werden anschließend den politischen Gremien und dem Rat vorgelegt. Der Rat entscheidet letztlich, welche der Vorschläge im Haushaltsplan aufgenommen werden. Eine Entscheidung wird voraussichtlich im Mai 2010 gefällt. Der erste Kölner Bürgerhaushalt wurde für das Haushaltsjahr 2008 aufgestellt. Er umfasste die Schwerpunktbereiche "Straßen, Wege und Plätze", "Grünflächen" und "Sport". Mehr als 10.000 Bürger hatten sich daran im Jahre 2007 beteiligt und rund 5.000 Vorschläge eingebracht. Etwa 230 dieser Vorschläge stimmte der Rat der Stadt Köln zu und nahm sie in den Haushaltsplan auf. Insgesamt wurden für die Maßnahmen vom Rat 8,2 Millionen Euro bewilligt.  

Welche dieser 230 beschlossenen Maßnahmen bereits umgesetzt worden sind, kann die Stadt derzeit nicht genau sagen. Denn dazu müsste eine Umfrage in allen Ämtern durchgeführt werden, erklärt Norbert Walter-Borjans. Derzeit erfasst ein Bericht jedes halbe Jahr die Haushaltslage. Das soll sich künftig ändern – auch um noch mehr Bürger zu motivieren, sich am Bürgerhaushalt zu beteiligen. Bereits dieses Mal sollen die Bürger auf der Internetseite des Bürgerhaushaltes den Verlauf ihres Vorschlages verfolgen können. So sollen dort alle Abstimmungsergebnisse von den Ausschüssen und dem Rat, die Bewilligung der Finanzen und die Umsetzung des Vorschlages protokolliert werden.

Auftaktveranstaltung im Kölner Gürzenich
Heute Abend laden Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters und Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans alle Bürger zu einer Auftaktveranstaltung im Kölner Gürzenich ein. Dort informieren sie über die Möglichkeiten, sich an dem Bürgerhaushalt zu beteiligen. Darüber hinaus erläutert Kölns Stadtkämmerer die Haushaltslage der Stadt und die Auswirkungen auf den Bürgerhaushalt. Anschließend haben Bürger die Gelegenheit mit allen im Stadtrat vertretenen Fraktionen über das Thema "Bürgerhaushalt in Zeiten knapper Kassen" zu diskutieren. Auch die als rechtsextrem geltende und vom Verfassungsschutz beobachtete Bürgerbewegung "Pro Köln" wird auf dem Podium vertreten sein. Denn seit der Kommunalwahl 2009 ist sie eine stimmberechtigte Fraktion im Rat.
Mehr zu der Veranstaltung erfahren Sie hier >>>


Das Verfahren
Vorschläge einreichen
Vorschläge und Anregungen für die Verwendung städtischer Gelder, aber auch für Einsparmöglichkeiten können auf drei Wegen eingebracht werden. Auf der Internetseite des Bürgerhaushaltes können die Vorschläge bis zum 11. Dezember eingetragen werden. Dazu müssen sich die Bürger auf der Seite nicht registrieren. Schriftlich können Vorschläge bis zum 8. Dezember (24 Uhr) bei der Kämmerei vorgelegt (Adresse siehe unten) werden. Dazu können entweder die von der Stadt erstellten Vordrucke verwendet werden. Es kann aber auch ein formloser Brief geschrieben werden. Unter der Rufnummer im städtischen Call-Center 0221/221-33330 können auch Vorschläge abgegeben werden. Die schriftlich oder mündlich vorgelegten Vorschläge werden von der Redaktion des Bürgerhaushaltes, die aus 15 Mitarbeitern der Kämmerei und der städtischen Online-Redaktion besteht, auf der Internetseite eingestellt.

Bewertungen abgeben
Bis zum 20. Dezember haben alle Bürger die Möglichkeit, die Vorschläge anderer Bürger im Internet zu kommentieren und bewerten. Dafür müssen sich die Bürger allerdings auf der Plattform registrieren. Denn jeder Bürger darf jeden Vorschlag nur einmal bewerten. Auch schriftlich kann gevotet werden. Dafür muss der von der Stadt erstellte Vordruck verwendet werden, damit sichergestellt wird, dass kein Bürger mehrfach abstimmt. Die Bewertungs-Formulare  liegen in allen Bürgerämtern aus und können seit heute auch telefonisch im Call-Center angefordert werden. Per Telefon kann keine Bewertung abgegeben werden.

Adresse
Stadt Köln, Kämmerei
Laurenzplatz 1-3
50667 Köln

Aktualisiert 22:00 Uhr >
Viele Verwaltungsbeamten und Politiker – wenig Bürger
Bürgerversammlung  im Großen Saal, steht auf dem Schild vor der großen Freitreppe im Kölner Gürzenich. 220 Stühle hat man aufgestellt im Kölner Gürzenich. Seit Wochen plakatiert die Stadt Köln auf Großflächen und auf Citylight-Postern den Bürgerhaushalt. Von den 220 Plätzen waren gerade mal 105 Plätze besetzt, darunter auch viele Kommunalpolitiker. Obwohl man den Großen Saal extra verkleinert hat und im hinteren Teil mit Werbung voll gestellt hat und rund 70 städtische Mitarbeiter aufgeboten hat, nur wenige Bürger kamen zur Bürgerversammlung. Zwei Stunden lang gab es Erklärungen und politische Botschaften. 65 Schüler plus ein Lehrer der Lise-Meitner-Gesamtschule Porz sangen ein Ständchen. Vier ausgewählte Schüler durften der Moderatorin Rede und Antwort stehen. Sie wünschen sich bessere Schultoiletten und redeten Klartext: „Die Toiletten in der Schule sind unter aller Sau“, oder forderten ein kostenloses Mensa-Essen.

Die Fragen der Bürger technisch, wie etwa ob es eine Altersbegrenzung gebe, die verneint wird, bis zur kritischen Aussage. Da wird moniert, das Projekte aus dem letzten Bürgerhaushalt noch nicht umgesetzt sind. Die Politik fordert die Bürger auf in diesem Jahr auch Einsparvorschläge zu machen. Ein Bürger fordert die Beamten aus der Verwaltung und die Politik auf den städtischen Haushalt transparenter zu machen und die Daten endlich auf der städtischen Internetseite als PDF-Dokument zum Download zu hinterlegen. Im Internet sind die Kölnerinnen und Kölner schon dabei die ersten Vorschläge einzustellen. Wer die Auftakt-Veranstaltung in Ehrenfeld und jetzt die von der Stadt titulierte „Bürgerversammlung“ im Gürzenich erlebte, fragt sich ob die Stadt Köln für ein Internetforum wirklich eine solche Auftakt-Veranstaltung braucht? Vielleicht ein Ansatz mit dem Sparen zu beginnen.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung