Kaum Erholung in Bauindustrie
„Wir haben noch nicht viel von der konjunkturellen Erholung mitbekommen“, erklärte heute Anton Bausinger, Vorsitzender des Verbandsbezirk Köln im Bauindustrieverband NRW. Allein der Wohnungsbau und der Wirtschaftsbau hätten sich positiv entwickelt und könnten eine Auftragssteigerung von 20 Prozent beziehungsweise 12,5 Prozent aufweisen. Besonders dramatisch sei die Lage jedoch weiterhin im Tief- und Straßenbau. Insgesamt liege der Auftragseingang in Köln gut zwei Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Erst in den vergangenen Monaten hätte eine leichte Beruhigung der Wirtschaftslage stattgefunden. Das wirke sich allerdings noch nicht auf die Beschäftigtenzahlen aus. Wurden die Kräfte in den vergangenen Jahren noch mit Hilfe der Kurzarbeit gehalten, müssten sie nun allmählich entlassen werden, erläuterte Paul-Heinz Wantzen, stellvertretender Vorsitzender des Verbandsbezirk Köln im Bauindustrieverband NRW. Im Verbandsbezirk Köln habe sich die Zahl der Beschäftigten im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent verringert, in der Stadt Köln um 1,2 Prozent.

Mehr Geld für Straßenbau
Der Straßenbau ist weiterhin das Sorgenkind der Branche. Im dritten Quartal 2010 brach der Auftragseingang im Wirtschaftsraum Köln (umfasst die Städte Köln und Leverkusen, Erftkreis, Oberbergischer Kreis und den Rheinisch-Bergischen Kreis) um über 28 Prozent ein. In Köln stünden dem Straßenbau jährlich lediglich zehn Millionen Euro zur Verfügung. „Dabei ist das Fünffache eigentlich nötig“, betonte Wantzen. Auch aus dem Konjunkturpaket II hätte die Stadt Köln nur 4,4 Millionen Euro für den Straßenbau abgerufen. Verwendet wurde das Geld für die Sanierungen der Berliner Straße in Mülheim, der Rheinuferstraße und der Boltensternstraße. Deutlich mehr Geld sei etwa für die Sanierung von Kölner Schulen ausgegeben worden. „Das ist wichtig, aber auch die Straßen brauchen ein Konjunkturpaket“, so Bausinger. Gerade eine Millionenstadt wie Köln, die zudem ein europäisches Nadelöhr sei, brauche eine gute Infrastruktur. Kritik übte die Bauindustrie auch daran, dass auf den Straßen in Köln lediglich die Schlaglöcher geflickt würden. Stattdessen fordern sie eine Grundsanierung der Straßen. Langfristig sei das kurzfristige Flicken zudem für die Stadt teuerer, so Bausinger.

Köln prüft zu viel
Schuld an der schlechten Auftragslage sei vor allem das langwierige Vergabeverfahren. In Köln würden Aufträge im Gegensatz zu vielen anderen Städten gleich zweifach geprüft – durch das Vergabeamt und das Rechnungsprüfungsamt. Dadurch verzögere sich die Vergabe von Aufträgen unnötig. In der Domstadt würde es bis zu sechs Monate dauern, bis ein Auftrag vergeben sei, in Düsseldorf dagegen bräuchte die Verwaltung lediglich zwei bis drei Monate. Hier fordert die Kölner Bauindustrie eine Überprüfung des Vergaberechts landesweit. Problematisch sei nämlich auch, dass die Kommunen gezwungen wären, die Aufträge an das günstigste Angebot zu vergeben. Dabei kämen kleinere regionale Unternehmen oftmals zu kurz, kritisierte Bausinger.

„Politik und Verwaltung werden Strategien entwickeln müssen, wie sie die Akzeptanz für große Infrastrukturvorhaben in Deutschland verbessern wollen“, so Bausinger. Denn der Widerstand gegen Großprojekte sei für den Wirtschaftsstandort schädlich. Positiv bewertete er da den Vorschlag der Kölner SPD, zum Ausbau des Godorfer Hafens einen Bürgerentscheid durchzuführen.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung