Köln/Münster | Es gibt keinen Anspruch auf Befreiung vom Verhüllungsverbot beim Führen eines Kraftfahrzeugs. Das entschied haute das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW).

Eine Frau aus Neuss wollte beim Führen eines Kraftfahrzeugs ihr Gesicht bis auf den Sehschlitz verhüllen. Also mit einem Gesichtsschleier, einem sogenannten Niqab. Darauf habe die Frau keinen Anspruch, so das OVG NRW. Der 8. Senat des OVG NRW beruft sich in seiner Entscheidung auf die 2017 in Kraft getretene Regelung, dass wer ein Kraftfahrzeug führt sein Gesicht nicht so verhüllen dürfe, dass er nicht mehr erkennbar sei. Dies entspricht der Verfassung.

Das sorge zum einen für eine gute Rundumsicht für denjenigen, der das Kraftfahrzeug führt und lässt ihn bei automatisierten Verkehrskontrollen erkennen. Das Gericht: „Mit dieser Zielrichtung dient es dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Eigentum) anderer Verkehrsteilnehmer. Ein allgemeiner Vorrang der Religionsfreiheit vor diesen Rechtsgütern besteht nicht. Individuellen Belangen kann mit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung Rechnung getragen werden.“

Die Frau wollte davon ausgenommen werden. Darauf habe sie aber keinen Anspruch, so das Gericht. Aber das Gericht rügte auch die Bezirksregierung Düsseldorf, die die Ausnahmegenehmigung verweigerte. Die Behörde müsse bei ihrer Entscheidung die Religionsfreiheit berücksichtigen, was sie bislang nicht tat. Der Argumentation der Bezirksregierung Düsseldorf, dass ein Niqab nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr unterbinde, folgte das Gericht nicht. Auch die Einschränkung der Rundumsicht sieht das Gericht nicht als Einschränkung, da die Klägerin bewiesen habe, dass diese nicht durch einen Niqab eingeschränkt sei. Nur die Erkennbarkeit müsse sichergestellt sein. Dazu das Gericht: „Zudem hat die Behörde alternative Möglichkeiten, um die Ziele des Verbots jedenfalls annähernd zu erreichen, wie etwa die Sicherstellung der Identifizierbarkeit der Klägerin durch ein Fahrtenbuch, bislang nicht hinreichend erwogen.“

Die Bezirksregierung Düsseldorf muss aber über ihren Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erneut entscheiden. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute entschieden und der Berufung der Klägerin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 01.12.2021 teilweise stattgegeben.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden. Aktenzeichen: 8 A 3194/21 (I. Instanz: VG Düsseldorf 6 K 6386/20)