Bei manchem Jecken vor der Tribüne sorgte das leere Stück Weiß für Unverständnis

Dass sie nicht voll ist verwundert nicht, wenn man ein wenig nachfragt. Bei Köln-Tourismus etwa. Die sind für die ausländischen Journalisten zuständig, so Gregor Timmer vom städtischen Presseamt. Dort erfahren wir, dass man in diesem Jahr beim Empfang von Köln Tourismus 10 Journalisten aus der ganzen Welt begrüßen konnte. Das ganze Jahr über sei der Karneval ein Thema und wer von den Journalisten dann besonderes Interesse an diesem Thema zeige, der würde dann auch eingeladen um den Kölner Karneval kennenzulernen und sich etwa den Rosenmontagszug von der Empore von Köln-Tourismus anzusehen. Der Karneval sei zudem ein erklärungsbedürftiges Thema erklärt Köln-Tourismus. Proaktiv eingeladen, also etwa durch größere Mailing-Aktionen werden Journalisten zu Karneval aber nicht.


Das Panorama Kölns von der Fotografen- und Pressetribüne am Rosenmontag 2010

Beim städtischen Presseamt verweist man auf Festkomitee und Köln-Tourismus, denn Karneval sei keine städtische Veranstaltung, bis auf den Empfang zu Rosenmontag im Rathaus. Das Festkomitee Kölner Karneval kümmere sich um die nationalen Journalisten und versorge diese mit Zugangsberechtigungen zum Rosenmontagszug, so Gregor Timmer. Zudem habe die Stadt kein Geld für Werbemaßnahmen für den Karneval und daher werden auch keine Einladungen an Journalisten ausgesprochen. Auch nicht per E-Mail.

Da verwundert es wenig, dass in diesem Jahr Köln vor allem in den Hauptnachrichten eher marginal abgeschnitten hat, sieht man mal von den Negativ-Schlagzeilen rund um KVB, Stadt und Nord-Süd-Stadtbahn ab. Immerhin hat es ein Sender geschafft, die Kölner Banane nach Mainz zu verfrachten und fast alle haben wenigstens den Berlusconi-Wagen gezeigt, ansonsten aber viel Karneval aus Düsseldorf und Mainz.

Warum die Journalistentribüne völlig leer blieb ist damit auch erklärt. In diesem Fall muss man sogar sagen besser so, denn die stand an einer der unschönsten Stellen Kölns, aber immerhin mit Blick auf die Baucontainer der Nord-Süd-Stadtbahn. Nächstes Jahr sollte man sie gar nicht mehr aufbauen, denn dann hätten die Jecken mehr Platz, die zu Recht sich darüber aufgeregt hatten, dass es eine Tribüne für einen Journalisten und einen Wachmann gab. (Der Wahrheit zu Liebe: Ein weiterer Fotograf nutzte zweimal kurz die Tribüne) Schließlich galt ja für Journalisten: “Wer kütt der kütt.”

Kommentar:
Auch wenn man Karneval nicht mag, muss man schon Tomaten auf den Augen haben, um nicht zu erkennen, dass der Karneval das Image Kölns in der Welt positiv färbt. Dieses positive Momentum kann man mit wenig Aufwand via Multiplikatoren, und als solche gelten Journalisten gemeinhin, für kleines Geld in die Welt, Europa oder National transportieren. Das diese Multiplikatoren nicht energisch, mit Nachdruck und proaktiv von der Stadt oder dem städtischen Unternehmen Köln-Tourismus angesprochen werden ist fast nicht zu glauben. Noch dazu in Zeiten des Internets, kostengünstigen Kommunikationsmechanismen wie E-Mail, Newsletter oder PR-Portalen grenzt das schon an Unvermögen. Das man dies nicht von ehrenamtlich tätigen Menschen aus dem Festkomitee verlangen kann, ist selbstverständlich. “Tue Gutes und rede darüber“, noch besser im 21. Jahrhundert “Tue Gutes, zeige es der Welt in Bildern und Videos und rede darüber”, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Dazu muss aber auch die Erkenntnis reifen, dass die in Köln ansässigen Medien nur regionale Wirkung haben und auch der WDR nur ein Lokalsender ist. Schade, aber es ist ja nie zu spät und auch andere Städte haben schöne Feste. Und wenn in Köln viele Menschen feiern, übernachten und sich wohl fühlen, dann füllt das auch das Stadtsäckel. Und wenn alle Beteiligten koordiniert vorgehen, Aufgaben und Kosten verteilen, kann man sich vielleicht mehr leisten und mehr erreichen, als man glaubt und das nicht nur für das wie der Kölsche sagt “Vaterstädtische Fest”, sondern auch darüber hinaus.

[ag]