Politischen Entscheider für Moscheebau zuständig
Zu dem Moschee-Bau, den die Stadt Köln kürzlich beschloss, erklärt Kardinal Meisner: „Ich sage das, was ich die ganze Zeit betont habe: Die Kirche setzt sich in unserem Land ebenso wie überall für Religionsfreiheit ein. Wir haben hier ein hohes Gut in der Hand. Es bedeutet, dass gläubige Menschen Gotteshäuser errichten und sich in diesen zum Beten und Feiern des Gottesdienstes versammeln können.“ Wie und wo die Moschee im Einzelnen entstehen solle, sei indessen nicht von der Kirche oder vom Kölner Erzbischof zu entscheiden. Dazu der Kardinal wörtlich: „Dafür — das habe ich immer wieder gesagt — sind die Planer und politischen Entscheider zuständig.“

Wir müssen auf Austausch und Dialog setzen, wie es bei Paulus nachzulesen ist“
Die Gegner des Moschee-Baus, insbesondere die Organisatoren des so genannten Anti-Islamisierungskongresses am kommenden Wochenende in Köln, weist Kardinal Meisner mit Blick auf das derzeitige, weltweite Paulusjahr der katholischen Kirche gezielt auf das Vorbild des Apostels hin: „Vom Apostel Paulus, den wir in diesem Jahr besonders intensiv betrachten, haben wir das Wort, dass wir allen um der Menschen willen alles sein sollen. Zweifellos ein schwieriger Auftrag, aber Paulus hat sich damit als ein durch und durch weltoffener Mensch bekannt und ein bleibendes Beispiel gegeben. Ich weiß, dass Frauen und Männer, die sich als Christinnen und Christen bekennen, es mit diesem Vorbild bisweilen schwer haben. Dabei will ich mich selbst keineswegs ausschließen. Gerade bei der derzeit zu beobachtenden Zunahme großer Moschee-Bauten hier zu Lande zeigt sich aber, dass sich Grundsätze, wie wir sie bei Paulus finden, immer wieder aufs Neue bewähren müssen.“ Kardinal Meisner betont daher ausdrücklich, die Lösung könne „nicht darin bestehen, Ängste bewusst auszunutzen oder gezielt zu schüren, sondern wir müssen unseren eigenen Glauben zur Geltung bringen und unsere Solidarität deutlich machen, und wir müssen auf Austausch und Dialog setzen, wie es bei Paulus nachzulesen ist.“

Kein Musuem, sondern Kirche in Tarsus angestrebt 
Zum aktuellen Stand der maßgeblich von Kardinal Meisner initiierten Verhandlungen für eine christliche Kirche und ein Pilgerhaus in Tarsus, der Geburtstadt des Apostels Paulus, heißt es in dem Interview: „Die türkischen Behörden haben den Christen in Tarsus zugestanden, dass sie während des Paulusjahrs, das noch bis zum nächsten Sommer dauert, die alte Kirche am Ort für Gottesdienste nutzen können und dass sie dafür keinen Eintritt bezahlen müssen. Eigentlich betrachtet der Staat das Gebäude aber nicht als Kirche, sondern als Museum, und das ist unter dem Aspekt der rechtlich garantierten Religionsfreiheit einfach zu wenig. Die Christen in der Türkei und insbesondere Tarsus brauchen dauerhaft und über das Paulusjahr hinaus ein festes Gotteshaus und ein Pilgerzentrum. Das ist unser Ziel.“ Es gehe dabei um dasselbe Grundrecht wie beim Bau einer Moschee. 

" Es muss endlich vorangehen“
Die türkische Seite sei am Zug, so Kardinal Meisner weiter: „Ich habe schon zweimal dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan geschrieben, nachdem er sich laut Pressemitteilungen bei seinem Deutschlandbesuch Anfang das Jahres positiv zu unserem Anliegen geäußert hatte. Eine Antwort habe ich von ihm bisher nicht bekommen. Wir wollen definitiv wissen, mit was die Christen in der Türkei und alle Pilger auf den Spuren des Apostels Paulus rechnen dürfen. Im Moment ist die Rede davon, dass die Christen möglicherweise eine ehemalige Baumwollfabrik im Zentrum von Tarsus für ihre Zwecke nutzen können. Dies hat mir der türkische Kultur- und Tourismusminister Ertugrul Günay vor Wochen geschrieben. Aber auch hier warten wir auf klare Ergebnisse. Es muss endlich vorangehen.“

Ausdrücklich wiederholt der Kardinal, dass es für ihn kein Junktim zwischen dem Moschee-Bau und einem christlichen Gotteshaus gebe. Sehr wohl aber erbitte er von den hiesigen Muslimen, „dass sie Verständnis und Unterstützung zeigen für unsere Wünsche in der Türkei. Die Christen brauchen nicht so viele Kirchen in der Türkei, wie die Muslime hier zu Lande Moscheen wollen. Deswegen ist es auch unsinnig, irgendwelche Gegenrechnungen aufzumachen. Ich weiß nur: Dort, wo Christen wohnen und wo das Christentum schon seit den Anfängen existiert hat wie in Tarsus, müssen sie frei und sicher ihren Glauben leben dürfen. Das ist unser Menschenrecht.“

[nh; Quelle: Erzbistum Köln]