Mit den jüdischen Kulturtagen 2011 betreten die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen Neuland. Denn was als kleineres Event vor knapp zehn Jahren in vier nordrhein-westfälischen Städten begann, ist in diesem Jahr zu einem landesweiten Festival heran gewachsen. In 52 Städten werden vom 20. März bis zum 17. April über 500 Veranstaltungen stattfinden. „Damit wird die jüdische Kultur in NRW wieder sichtbar“, freute sich heute Kölns Kulturdezernent Georg Quander. Das Programm sei „abwechslungsreich, reichhaltig und mehr als beeindruckend“, kommentierte Quander. Tatsächlich zeigten sich die jüdischen Gemeinden selbst ein wenig überrascht von der vielen Resonanz. „Das Interesse nicht nur in der Kölner Kulturszene war enorm groß“, berichtete Projektkoordinatorin Ruth Schulhof-Walter. So seien in diesem Jahr alle kulturellen Sparten vertreten – von der Ausstellung über Musik und Tanz bis hin zu Filmen und Begegnungsprojekten.

Jugendliche lassen Purim-Musical aufleben
Dabei hat die jüdische Gemeinde in Köln ein ganz besonderes Projekt entwickelt. Im Januar 2011 trafen sich rund 40 jüdische und nicht-jüdische Jugendliche zwischen 11 und 20 Jahren in der Synagoge in der Roonstraße. Gemeinsam mit Schauspieler, Musikern und Regisseuren aus der ganzen Welt haben sie dort eine Woche lang geprobt. Während der jüdischen Kulturtage werden sie nun das Purim-Musical „Di Megile fun Itik Manger“ wieder aufleben lassen. Dazu haben sie die Texte nicht nur in Deutsch und Jiddisch gelernt, sondern auch das Bühnenbild und die Kostüme entwickelt. „Ein Projekt, in dem wirkliche die Begegnung gelebt wird“, so Schulhof-Walter. Aufgeführt wird „Megille reloaded“ am 24. März im Kölner Schiller-Gymnasium und 27. März im Saal der Synagogen-Gemeinde. Zudem werden die Jugendlichen ihr Stück auch in anderen nordrhein-westfälischen Städten präsentieren.

Klezmer einmal modern
Darüber hinaus bieten die jüdischen Kulturtage zahlreiche weitere Highlights. Dazu gehört etwa auch die Uraufführung „Die Mathematik der Nona Gluckstein“ – eine Lesung mit Musik nach dem gleichnamigen Roman von Esther Vilar mit Katja Ebstein und Lucian Plessner. Darin erzählt Vilar die Geschichte der Jüdin Nina Gluckstein, die die mathematische Formel für die glückliche Liebe entdeckt hat. Die Autorin selbst hat angekündigt an der Veranstaltung teilzunehmen. Ein weiterer Höhepunkt ist das Konzert „kind of klezmer“. Vier junge Musiker aus Köln präsentieren dort ihre moderne Art der Klemer-Musik angereichert durch Elemente aus der Elektronik und des Jazz. „Eine ungewöhnliche, aber begeisternde Musik“, betonte Gesamtkoordinatorin Regina Plaßwilm.

„Kultur kann Menschen zusammen führen“
Die jüdischen Kulturtage NRW finden 2011 bereits zum vierten Mal statt. Ziel soll es dabei vor allem sein, Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden  zu ermöglichen, um so Vorurteile abzubauen. Denn „Kultur kann Menschen zusammen führen, die sonst nicht in Frieden zusammen leben“, so Herbert Rubinstein, Vertreter der Jüdischen Gemeindeverbände in NRW. Zudem gäben die Kulturtage der jüdischen Gemeinde selbst die Möglichkeit, sich einmal vorzustellen. „Die jüdische Kulturszene erlebt eine Neugeburt“, erklärte Rubinstein. In den vergangenen zwanzig Jahren hätten sich die Gemeinden in NRW fast vervierfacht. Insbesondere aus der ehemaligen Sowjetunion seien viele neue Mitglieder nach Nordrhein-Westfalen gekommen. Dort hätten sie die jüdische Tradition vor allem in der Kultur ausgelebt. Dies habe auch die hiesige neue jüdische Kultur maßgeblich geprägt.

Sponsoren gesucht
Unterstützt werden die Kulturtage unter anderem von der Landesregierung, den Städten Düsseldorf und Köln sowie verschiedenen Stiftungen, privaten Sponsoren und Veranstaltungsstätten. Insgesamt steht den Kulturtagen ein Budget von 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Für die über 500 Events werden teilweise jedoch noch weitere Sponsoren gesucht. Einen Überblick über das gesamte Programm bietet ein Programmheftchen, das am 15. März 2011 erscheinen wird. Für die Veranstaltungen in Köln liegt bereits ein Programm heft vor.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung