Report-k.de: Am 10. Juli findet die Bürgerbefragung zum Godorfer Hafen statt. Befürworten Sie das Projekt oder sind Sie dagegen?
Jan Zeese, Pressesprecher der HGK: Köln braucht moderne Häfen. Und Köln braucht einen Ausbau des Godorfer Hafens. Warum? Weil er Arbeitsplätze sichert, weil er wirtschaftlich ist und weil er einen wichtigen Erfolgsfaktor für einen umweltverträglichen Güterverkehr in der Region darstellt. Deshalb gibt es zur Erweiterung des Godorfer Hafens keine vernünftige Alternative.

Mit welcher Beteiligung und welchem Ergebnis rechnen Sie?
Es gibt viele gute Gründe für einen Ausbau des Godorfer Hafens. Wir sind überzeugt, dass eine Mehrheit der Teilnehmer sich bei der Bürgerbefragung für dieses wichtige Projekt ausspricht.

Welches Argument ist das stärkste für einen Ausbau? Welches das stärkste dagegen?
Der Ausbau des Godorfer Hafen ist wirtschaftlich sinnvoll. Er ist umweltschonend, er sichert bestehende und schafft neue Arbeitsplätze. Vor allem aber: Jeden Tag transportieren mehrere hundert Lkw Güter quer durch Köln, Tendenz steigend. Der Hafenausbau führt zu einer Verkehrsentlastung auf Kölner Straßen und Autobahnen. Das bedeutet weniger Staus, eine Verringerung der Umweltbelastung und mehr Lebensqualität durch geringeren Lärm und Schadstoffausstoß. Das spricht für den Ausbau. Dagegen spricht die Notwendigkeit, für den Ausbau eine bisher freie Fläche von etwa 400 mal 500 Meter zu bebauen. Dieser Eingriff wird allerdings wiederum an anderer Stelle ausgeglichen.

In der Diskussion wurde immer wieder ein Logistikkonzept für Köln und die Region gefordert, bevor man die Bürger zum Ausbau befragt. Wie ist Ihre Position dazu und warum?
Die HGK verfügt über ein konkretes Logistikkonzept. Es ist positiv, wenn dieses von einer dritten Stelle ergänzt und aktualisiert wird. Die HGK hat aber wenig Zweifel daran, dass auch das von der Stadt erstellte Konzept die Notwendigkeit eines Ausbaus im Süden bestätigen wird. Falsch wäre aber: Noch ein Gutachten abwarten, noch eine Expertenrunde einberufen und dadurch die gültigen Entscheidungen zu verzögern. Investitionen in Infrastruktur muss man im Vorfeld planen und nicht, wenn schon alles voll ist. Es gibt klare Wachstumsprognosen. Wir müssen jetzt eine klare Antwort auf die Frage finden, wie dieses Wachstum sinnvoll bewältigt werden kann.

Gab es Gespräche mit den Betreibern des Bonner Hafens?
Gespräche mit dem Bonner Hafen über eine mögliche Kooperation sind ohne Ergebnis geblieben. Inzwischen ist der Bonner Hafen mehrheitlich im Besitz einer privaten Spedition. Und: Um eine echte Alternative für den Kölner Süden zu sein, ist der ausschließlich auf Lkw-Verladung fixierte Hafen zudem zu klein und zu weit entfernt.

Ist nach Ihrer Auffassung der Godorfer Hafen derzeit vollständig ausgelastet und warum wird die bestehende Infrastruktur nicht für den Containerverkehr ertüchtigt? Experten sagen, dass dies günstiger und einfach möglich wäre.
Der Godorfer Hafen ist in seiner jetzigen, baulichen Beschaffenheit für einen betriebswirtschaftlich sinnvollen Containerumschlag ungeeignet. Ein Umschlag größerer Mengen Container am Strom und auf der Mole scheitert an der Geographie.

Die Gegner des Ausbaus von Godorf halten immer dagegen, dass es im Hafen Niehl, auch durch den kombinierten Ladeverkehr und ein neues Terminal, im Kölner Norden ausreichende Reserven gibt. Vorhandene Kapazitäten würden nur verschoben. Wie viel Reserven hat Niehl, auch und gerade in Verbindung mit dem Ausbau des kombinierten Ladeverkehrs, LKW, Schiene?
Der Niehler Hafen ist der Logistikknoten Nummer 1 im Norden Kölns. Er nimmt vor allem Verkehre aus dem umliegenden Industriegürtel auf. Die Hafenanlieger schätzen den Standort für seine Nähe zu den Industrie- und Gewerbebetrieben in der Region von Niehl über Merkenich bis Dormagen. Deshalb sind alle Flächen in Niehl vermietet. Diese Flächen und sämtliche zukünftigen Potenziale in Niehl werden benötigt – für Kunden aus Niehl. Deshalb setzen sich auch Industrieunternehmen aus dem Norden wie z.B. die Ford AG für einen Ausbau im Kölner Süden ein.

Rechnet man alle Kölner Kapazitäten, aber auch den Neusser, Leverkusener und den Bonner Hafen dazu, wie viele Jahre und wie viel mehr Container können transportiert werden, bis das System an seine Grenze käme?
Die Frage nach den „Grenzen des Systems“ ist eher eine Frage nach „den Grenzen der Belastbarkeit“. Und die ist möglicherweise bereits erreicht. Umfragen zufolge wünschen sich rund drei Viertel aller Kölner eine Entlastung der Straßen und Autobahnen. 70 Prozent aller Gütertransporte in Deutschland laufen über die Straße. Damit dieser Anteil nicht noch weiter zunimmt, müssen wir die Alternativen stärken. Eine sehr gute Alternative ist das Binnenschiff. Aber: Schiffe brauchen Häfen!

Die Befürworter des Hafenausbaus, malen gerade verkehrstechnisch ein düsteres Bild. Kommt der Hafen nicht, dann sind alle Kölner Straßen mit LKW´s verstopft. Ist das reine Propaganda oder kann das Realität werden?
Der Bundesverkehrsminister sagte auf dem 49. Verkehrsgerichtstag in Goslar, er erwarte eine Zunahme des Güterverkehrs in ganz Deutschland von 70 Prozent bis 2025. Die Prognosen für das Rheinland gehen dagegen noch über den bundesweiten Schnitt hinaus. So erwarten Verkehrsforscher wie das Aachener Verkehrsinstitut IVV eine Zunahme des Lkw-Verkehrs in und um Köln um 93 Prozent bis 2025.

Binnenschiffe dieseln mit teilweise 30 Jahre alten Motoren durch die Kölner Umweltzone, Feinstaub und Stickoxide inklusive. Was ist an Auspuffgasen aus Binnenschiffen ökologischer als an denen von LKW?
Der ökologische Vorteil des Binnenschiff ist: Es verbraucht im Vergleich deutlich weniger Diesel pro bewegter Tonne. Auch die Binnenschiffflotte arbeitet einer noch besseren Ökobilanz. „Grüne Logistik“ ist ein wichtiges Thema der Branche. So wird zurzeit der Schwefelanteil im Treibstoff der Binnenschiffe drastisch reduziert. Spätestens ab Januar 2012 wird der Binnenschiffsdiesel nicht mehr Schwefel enthalten als die im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe. Und: Was wäre die Alternative? Jedes Schiff, das den Rhein entlang fährt, ersetzt im Schnitt 150 Lkw. Deshalb setzen sich Umweltschutzverbände wie der BUND und der NaBu in ihren Grundsatzprogrammen für eine Stärkung der Binnenschifffahrt ein.

Energiewende ist ein viel gebrauchtes Wort in den letzten Monaten und sie ist eingeläutet. Logistik auf Schienen mit elektrischer Stromversorgung ist ein erprobtes Mittel, dass dazu gut passt, schließlich war ja auch das Stromnetz der Deutschen Bahn AG als Transportkanal im Gespräch. Binnenschifffahrt mit Fahrdrähten über dem Rhein können wir uns da nicht so gut vorstellen und atombetriebene oder mit Brennstoffzelle betriebene Schiffe scheinen in weiter Ferne. Ist es vor diesen Fragen und dem anstehenden Wandel sinnvoll über 60 Millionen Euro in eine Entscheidung aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zu investieren?
Pro Tonnenkilometer benötigt das Schiff im Güterfernverkehr 1,3 Liter Diesel. Die Bahn kommt auf 1,7 Liter, ein LKW auf 4,1 Liter. Noch größer sind die Unterschiede der Energieeffizienz: ein Schiffs-PS bewegt 4000 Kilogramm, ein LKW-PS nur 150 Kilogramm. Gerade wegen der steigenden Energiepreise ist eine Stärkung der Binnenschifffahrt nicht nur richtig, sondern auch modern.

Werden die angepeilten 67 Millionen Euro reichen?
Die Erweiterung des Godorfer Hafens ist volks- und betriebswirtschaftlich sinnvoll. Deshalb wird er von Gutachtern empfohlen. Den größten Teil der Investitionen übernimmt die HGK als Unternehmen unter dem Dach des Stadtwerke Konzerns. Fördermittel werden von der EU sowie vom Bundesverkehrsministerium erwartet. Steuermittel der Stadt Köln fließen nicht. Die Gesamtbaukosten sind auf 65 Millionen Euro festgelegt.

Die Befürworter zeigen gerne auch langfristige Szenarien auf und denken in Kategorien bis zu 30 Jahren. Kann man heute verlässlich eine solche Prognose abgeben?
Die Grundanlage des Niehler Hafens wurde in den 1920er-Jahren geplant. Der Godorfer Hafen besteht in seiner heutigen Form im Wesentlichen seit 1960er-Jahren. Das heißt: Häfen planen langfristig. Wir schauen aber auch auf unsere Nachbar-Häfen, vor allem an der See: Der Antwerpener Hafen erwartet eine Zunahme des gesamten Umschlags gegenüber heute um 50 Prozent auf dann 270 Millionen Tonnen im Jahr 2030. Der Containerumschlag könnte sich in dieser Zeit von heute 8,5 Millionen TEU auf 18 Millionen TEU mehr als verdoppeln. Die Erwartungen der Häfen etwa Rotterdam, Hamburg oder Bremen sind ähnlich. Ein anderes Beispiel: 85 Prozent der maritimen Container, welche die deutsch-belgische Grenze passieren, haben Quelle oder Ziel in Deutschland. Rund die Hälfte dieses Aufkommens stammt aus Nordrhein-Westfalen. Dieser Verkehr ist da, Tendenz weiter stark steigend.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Plänen und Visionen für den Deutzer Hafen und den Ausbau des Godorfer Hafens?
Gutachtern zufolge gibt es in den hiesigen Häfen ein absehbares Flächendefizit von circa 170.000 Quadratmetern – selbst wenn die Erweiterung in Godorf kommt und die Eisenbahnterminals im Kölner Norden und in Köln-Eifeltor gebaut bzw. ausgebaut werden. Deshalb setzt sich die HGK für jede Möglichkeit ein, Hafenflächen zu erhalten bzw. zu erweitern.

Wie wird der Godorfer Hafen an die Verkehrsinfrastruktur des Kölner Südens angebunden?
Der Godorfer Hafen wird über die Industriestraße direkt mit der Autobahn A555 verbunden. Die Straßenführung wird umgestaltet, sodass Lkw keine Möglichkeit haben, in Richtung des Sürther Ortskerns zu fahren. Ein Gleisanschluss vom Godorfer Hafen zum Güterbahnhof Godorf und von dort in die deutschen Gleisnetze besteht bereits. Dieses wird verlängert und mit dem neuen Hafen verbunden.

Welche weiteren Investitionen sind dafür nötig?
Die oben genannten Maßnahmen finanziert der Projektträger HGK im Rahmen der Gesamtmaßnahme.

Wie viele Arbeitsplätze werden in Niehl zusätzlich entstehen und wie viele in Godorf?
Die Häfen sind das zentrale Glied einer Kette, die das Rheinland zu einem prosperierenden Wirtschaftsraum macht. Mehr als 25.000 Logistik-Arbeitsplätze in der Region sind mittelbar oder unmittelbar mit den Kölner Häfen verbunden. Viele weitere Branchen profitieren davon, dass Köln der zweitgrößte Binnenhafen in Deutschland ist: Automobilhersteller und -zulieferer, Maschinen- und Anlagenbau, Chemie und Pharmaindustrie, Konsum-, Handels- und andere Unternehmen haben sich für den Standort entschieden, weil es hier zuverlässige und effiziente Verkehrsträger wie die Kölner Häfen gibt.

Der Hafenausbau in Godorf schafft zudem schon während der Ausbauphase neue Arbeitsplätze in der Bauindustrie, dem Anlagenbau, bei Handwerksbetrieben und Dienstleistern. Auch später wirkt sich die Vergrößerung positiv auf die hafenaffine Wirtschaft aus, wie die Automobillogistik, die Energiewirtschaft oder die Grundstoffchemie. Für die Erweiterung betragen die Gesamtbaukosten insgesamt 65 Millionen Euro. Das bringt während der zweijährigen Bauzeit ein Plus von 410 Arbeitsplätzen und während der anschließenden Betriebszeit bis 2025 ein ständiges Plus von über 90 regionalen und 100 überregionalen Arbeitsplätzen. Für jeden in den Ausbau investierten Euro erhalten Köln und die Region 2,5 Euro, so genannten volkswirtschaftlichen Nutzen, zurück.

[ag, cs]