Kölner müssen sich auf schwere Jahre einstellen. Dies gab heute Oberbürgermeister Jürgen Roters bekannt. Zusammen mit allen acht Dezernenten legte er der Öffentlichkeit heute seine Leitlinie für die Finanzplanung der kommenden Jahre vor. Dabei sprach Roters von der „dramatischsten Haltshaltssituation der Nachkriegsgeschichte“. Die Stadt müsse derzeit ein Minus von knapp 464 Millionen Euro verzeichnen. Erst in zehn Jahren könne Köln erstmals wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, prognostizierte Kölns Oberbürgermeister heute. „Wir müssen das Notwenige machen, das Wünschenswerte jedoch zurücksetzen“, so Roters. Einen Entwurf für die Haushaltsplanung 2010/ 2011 will die Stadtverwaltung dem Kölner Rat am 13. Juli 2010 vorlegen.

Weitere 150 bis 200 Millionen müssen gespart werden
Nun müsste daher drastisch gespart werden. Die Stadtverwaltung will dazu ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept vorlegen. Dabei kommen zusätzlich zu den 7,5 bis 12,5 Prozent pauschalen Kürzungen in allen Dezernaten weitere Einsparungen dazu. So sollen die Vorschläge der „Tas Force“ umgesetzt werden, die für 2010 Einsparungen im Haushalt von 31,5 Millionen Euro und 2001 von 64,4 Millionen Euro umgesetzt werden. Doch darüber hinaus müssen 2010 und 2011 sowie in den kommenden Jahren weitere „Einsparungen von 150 bis zu 200 Millionen Euro jährlich erzielt werden. Dazu hat der Stadtvorstand den Kämmerer beauftragt, im Rahmen eines Veränderungsnachweises nach der Sommerpause konkrete Vorschläge vorzulegen. Daran wird sich die politische Diskussion des Haushalts anschließen“, so Roters heute. Möglich wären etwa Maßnahmen wie der Verzicht auf den weiteren Ausbau von U3-Betreuungsplätzen. Möglich sei es auch, hierzu einen Bürgerhaushalt durchzuführen. „Wir haben keine Alternative zu diesem Sparkurs, aber ich bin trotzdem optimistisch“, beteuerte Kölns Oberbürgermeister heute.


Bund und Land sollen zahlen
Schuld an der dramatischen Finanzsituation der Stadt sei nicht nur die Kommune selbst. Zwar räumte Roters ein, dass Köln in den vergangenen Jahren über seine Verhältnisse gelebt hätte, darüber hinaus hätten jedoch auch Bund und Land die Haushaltsklage Kölns zu verantworten. Sie hätten die Kommunen mit immer mehr Aufgaben betraut worden, ohne jedoch finanzielle Unterstützung erhalten zu haben. „Künftig werden wir diese Aufgaben nicht mehr erfüllen, wenn die Finanzierung nicht gesichert ist“, so Roters heute. Eindringlich appellierte er an Land und Bund die Kommunen in ihrer finanziell schwierigen Situation zu unterstützen. Roters forderte, dass Köln für drei Jahre vom so genannten Solidaritätsbeitrag befreit werde und mehr Entlastung bei den Sozialabgaben insbesondere beim SGB II erhalte.

Sollte es der Stadt in den kommenden Jahren nicht gelingen, den städtischen Haushalt wieder auszugleichen, droht Köln der Nothaushalt. Dann könnte die Stadt selbst nicht mehr über ihre Ausgaben verfügen, sondern müsste jede einzelne Ausgabe vom Regierungspräsidenten unterzeichnen lassen, erklärte heute Dr. Norbert Walter-Borjans, Kölns Stadtkämmerer. Vorerst könne ein Defizit zwar noch durch Rücklagen der Stadt ausgeglichen werden. Doch schon jetzt sieht die Finanzsituation der Verwaltung vor, auch auf das Eigenkapital der Stadt zurückzugreifen.


Foto: Kölns Dezernenten gaben heute erste konkrete Kürzungspläne bekannt


Hier soll gespart werden
Exemplarisch gaben die Dezerzenten Kölns heute Einblick in ihre Planungen. Hier eine kurze Übersicht, in welchen Bereichen unter anderem gekürzt werden soll. Abgestimmt werden muss dass allerdings noch mit den Parteien im Kölner Rat.

Kita im dritten Jahr nicht mehr kostenfrei
Agnes Klein, Dezernentin für Bildung, Jugend und Sport, gab heute bekannt, im Bereich der Bildung nur acht Prozent einsparen zu müssen. „Hier investieren wir in die Zukunft unserer Gesellschaft und müssen daher besonders sensibel vorgehen“, so klein. Grundsätzlich wolle sie alle bestehenden Strukturen erhalten, um in besseren Zeiten darauf wieder zurückgreifen zu können. Zudem solle bei sozial schwächeren Gesellschaftsgruppen weniger gespart werden. Kürzungen werde es dagegen etwa für die Träger des Offenen ganztags geben. „Wir haben die Träger dazu angehalten, nicht an der Betreuung, sondern nur am Material zu sparen“, so Kölns Bildungsdezernentin. Darüber hinaus soll der Elternbeitrag in städtischen Kitas im dritten Jahr nicht mehr entfallen und der Ausbau von U3-Betreuungsplätzen auf 35 Prozent begrenzt werden.

Freie Träger erhalten weniger – Gebühren steigen
Marlis Bresehorst, Dezernentin für Soziales, Integration und Umwelt, zeigte sich sichtlich betrübt über die anstehenden Kürzungen. Zwar seien die Einsparungen in ihrem Dezernat absolut gesehen, eine kleine Menge, jedes einzelne Projekt und jeder einzelne Freie Träger bekäme sie jedoch schmerzlich zu spüren, so Bredehorst. Betroffen sind von den Kürzungen insbesondere die freiwilligen Ausgaben der Stadt Köln, da man bei den Pflichtaufgaben nur geringfügig einsapern könne. Bürger müssen sich künftig daher auf „moderate Anhebungen“, so Bredehorst, von verschiedenen Gebühren wie etwa der Straßenreinigung einstellen. Zudem müsse auch in der Seniorenberatung und in der offenen Seniorenarbeit gekürzt werden. Das Projekt „Wir im Quartier“ soll eingestellt werden und die Freien Träger sollen mit 10 bis 12,5 Prozent belastet werden. „Die Kürzungen bedeuten einen großen Einschnitt in die soziale Landschaft Kölns, denn hier werden fast alle soziale Aufgaben von Freien Trägern erledigt“, so Kölns Sozialdezernentin.

Keine neuen Kulturprojekte – Eintrittspreise steigen
Auch das Dezernat für Kunst und Kultur ist von den Kürzungen betroffen. Kulturdezernent Georg Quander kündigte heuet an, dass er in den kommenden Jahren keine neuen Projekte wird fördern können, „egal wie gut sie sind“, so Quander. Zugleich müssten sich die Bürger auf steigende Eintrittspreise in den Museen, im Gürzenich-Orchester und im Puppenspiel einstellen. Die Bühnen seien zumindest im kommenden Jahr davon zunächst ausgenommen. Quander wollte zudem nicht ausschließen, dass einige städtische Kultureinrichtung geschlossen werden müssten und die Förderquote für Projekte insgesamt zurückgehen werde.

Personaleinsparungen in der Verwaltung
Stadtdirektor Guido Kahlen gab Einsparungen im Personal bekannt. Zwar soll es vorerst keine betriebsbedingten Kündigungen geben, jedoch soll die Effizienz der Verwaltung deutlich gesteigert werden. Mit 735 Millionen Euro bilden die Personalkosten den zweitgrößten Ausgabenteil der Stadt Köln. Mehr gibt nur noch das Sozialamt aus.

Stadt will Grundstücke verkaufen
Norbert Walter-Borjans, Dezernent für Wirtschaft und Liegenschaften teilte mit, dass die Stadt Köln in den kommenden Jahren einige Grundstücke verkaufen wird. Fünf Millionen Euro könnten so jährlich eingenommen werden, wobei das Eigenkapital der Stadt daudrch allerdings um den gleichen Betrag schrumpfe. Zudem solle künftig in der Werbung und im Marketing für den Wirtschaftsstandort Köln gespart werden.

Höhere Verwaltungsgebühren
Bernd Streitberger, Dezernent für Planen und Bauen muss nur wenige Kürzungen vornehmen. Im Bereich der Investitionen soll es keine Einsparungen geben. Stattdessen sollen die Verwaltungsgebühren erhöht werden. Zudem sollen etwa der Etat für den Straßen- und Grünenflächenerhalt sowie die Förderung von Projekte wie etwa der „plan“ gekürzt werden. Die plan solle künftig etwa nur alle zwei Jahre durchgeführt werden.

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Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung