Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) werde am Freitag in der Länderkammer den Antrag stellen, in einer neuen Verhandlungsrunde einen Kompromiss um die Hartz-Regelsätze, ein Bildungspaket für Kinder aus armen Familien, Mindestlöhne und Gleichbezahlung von Leiharbeitern zu suchen.

Die Union will das nach Angaben aus CDU/CSU-Verhandlungskreisen unterstützen, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, sei in Kontakt mit Beck gewesen, hieß es. Maßgeblich für diesen neuen Versuch sei auch das Interesse vieler Bundesländer, die von der schwarz-gelben Koalition in Aussicht gestellten vier Milliarden Euro Unterstützung für die Kommunen für das Bildungspaket zu erhalten. Diese Chance biete sich nur einmal, darauf könne man kaum verzichten, hieß es.

Ob es in einer neuen Verhandlungsrunde auch zu einer Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes über die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten fünf Euro kommen wird, war zunächst offen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber auch die FDP hat entsprechende Forderungen von SPD und Grünen bislang strikt abgelehnt.

Hartz IV: SPD will auch über Mindestlohn und Gleichbezahlung von Leiharbeitern sprechen

Die SPD hat die schwarz-gelbe Koalition davor gewarnt, in einem neuerlichen Vermittlungsverfahren über die Harz-Reform die Themen Mindestlohn und Gleichbezahlung von Leiharbeitern auszuklammern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, wertete in der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag-Ausgabe) entsprechende Ankündigungen aus der Koalition als Zeichen mangelnder Kompromissbereitschaft von CDU/CSU und FDP.

"Die Grundlage für neue Verhandlungen darf sich Kanzlerin Angela Merkel nicht noch einmal von der Veto-Partei FDP diktieren lassen. Wer schon jetzt über die Inhalte von neuen Gesprächen fabuliert, ist offensichtlich nicht wirklich an einer Einigung interessiert`, sagte Oppermann.

Im ersten Vermittlungsverfahren hatten SPD und Grüne zum Unwillen besonders der FDP durchgesetzt, dass neben den Hartz-Regelsätzen und dem Bildungspaket für Kinder auch über Mindestlohn und Gleichbezahlung verhandelt wird. Wenn die schwarz-gelbe Koalition an diesem Freitag mit ihrem Reformprojekt im Bundesrat scheitert, will sie sofort ein neues Vermittlungsverfahren auf den Weg bringen mit dem Ziel, im Bundesrat am 18. März einen Kompromiss zu erreichen.

FDP-Minister ruft Parteichef Westerwelle zur Aufhebung der Hartz-Gesprächs-Blockade auf

Um die Blockade bei den laufenden Verhandlungen über einen Hartz-IV-Kompromiss zwischen Regierung und Opposition aufzubrechen, erwartet Schleswig-Holsteins FDP-Sozialminister und stellvertretender Ministerpräsident Heiner Garg einen "mutigen Schritt" seines Parteivorsitzenden und Vizekanzlers Guido Westerwelle. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" sagte Garg: "Es wäre ein genialer Schachzug von Guido Westerwelle, wenn er die ritualisierte Verhandlungskonfrontation mit einem mutigen Beitrag zum Konsens aufbrechen." Dabei, so der einzige liberale Sozialminister der Republik, würde er es sehr begrüßen, wenn sich die FDP in den Streitfragen zur Lohnuntergrenze und zur gleichen Bezahlung von Stammbelegschaften und Leih- und Zeitarbeitern (equal pay) "weniger dogmatisch als bisher zeigen würde".

Garg hob hervor, dass es sozial- und gesellschaftspolitisch "richtig" sei, für die Zeitarbeit "eine Lohnuntergrenze" vorzuschreiben. Nur so lasse sich das eigentlich sehr sinnvolle Instrument der Zeitarbeit auch sozialpolitisch auf Dauer rechtfertigen. Angesichts der zunehmenden Tendenz, Stammbelegschaften durch Zeitarbeitskräfte zu verdrängen und das zu schlechteren Lohnbedingungen, warb Garg für eine enge zeitliche Grenze. "Die Ansicht, man könnte das zwölf Monate tolerieren und erst danach eine gleiche Bezahlung von Leih- und Stammarbeitskräften vorschreiben, ist eine Provokation. Ich halte eine Frist von drei Monaten für angebracht", sagte Garg in deutlicher Abgrenzung zur offiziellen FDP-Linie. Um nach dem Scheitern des Hartz-Gesetzes im Bundesrat rasch wieder zu sinnvollen Verhandlungen zwischen Union und FDP auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite zu kommen, regte der FDP-Landesminister zudem an, dass aus dem Konvolut, das jetzt mit der Hartz-Reformdebatte entstanden sei, "drei getrennte politische Vorhaben gemacht werden sollten".

Jeweils in einen Korb sollte das eigentliche Hartz-Paket, das Paket zur Bildungsförderung sowie die Arbeitsmarktregelungen. Auf diese Weise könnten sich Regierung und Opposition besser auf ein gemeinsames Vorgehen bei allen drei Themenbereichen verständigen, zeigte sich der FDP-Politiker überzeugt. "Wenn zu all dem Guido Westerwelle den Anstoß liefern würde, wäre das fantastisch", ermunterte Garg seinen Bundesvorsitzenden zum Verlassen der Deckung.

Landkreistag fordert Zustimmung zur Hartz-Reform

Die Kommunen machen Druck auf die Länder, den Regierungsentwurf zur Hartz-IV-Reform zu akzeptieren. "Ich appelliere an alle Landesregierungen, der Regierungsvorlage im Interesse der Hartz-IV-Empfänger, aber auch im Hinblick auf eine notwendige Entlastung der Kommunen zuzustimmen", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Hans Jörg Dupprè (CDU), der "Saarbrücker Zeitung. Der Bundesrat will an diesem Freitag über die Reform abstimmen. Die vom Bund angebotene Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter sei für die Kommen "sehr verlockend", da es um einen erheblichen Kostenfaktor gehe, so Dupprè.

Unverständnis zeigte der Verbandsfunktionär über die Ansicht der SPD, wonach es sich dabei um ein vergiftetes Angebot handele. "Das kann ich nicht nachvollziehen. Zumal die Bundesregierung neben der Kostenübernahme der Grundsicherung im Alter auch eine verlässliche Finanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets für die Kinder in Hartz-IV-Familien angeboten hat", sagte Dupprè. Unter dem Strich bleibe für die Kommunen ein "echter Gewinn".

[Aktualisierung um 11:16 Uhr]

Zeitung: SPD unternimmt neuen Anlauf zu Hartz IV

Vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat zum umstrittenen Hartz-IV-Paket der Bundesregierung will die SPD offenbar in letzter Minute einen weiteren und letzten Versuch für eine Einigung unternehmen. Nach Informationen des "Tagesspiegels" aus SPD-Parteikreisen wird der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) vor der Bundesratssitzung erneut den Vermittlungsausschuss anrufen.

Die SPD-Führung rechnet mit einer Zustimmung. Zuvor hatte sich nach der Ablehnung der Grünen im Saarland zu einem Ja der Reform im Bundesrat eine Niederlage für die schwarz-gelbe Koalition in der Länderkammer abgezeichnet. Die Haltung des von einer schwarz-gelb- grünen Koalition regierten Saarlandes hätte bei der Abstimmung den Ausschlag geben können.

Bundestag billigt Hartz-IV-Vermittlungsergebnis

Der Bundestag hat am Freitag wie erwartet das Ergebnis des Vermittlungsausschusses zur Hartz-IV-Neuregelung gebilligt. Die Fraktionen der schwarz-gelben Regierungskoalition stimmten für das Paket, die Opposition dagegen. Da Schwarz-Gelb im Bundesrat, der als nächstes über das Gesetz und das Abstimmungsergebnis entscheiden muss, keine Mehrheit hat, droht dort bei einer Abstimmung eine erneute Ablehnung. Um eine Abstimmung zu vermeiden, haben sich Politiker der verschiedenen Parteien in der Länderkammer daher wohl darauf geeinigt, erneut den Vermittlungsausschuss anzurufen.

[Aktualisierung um 16:36 Uhr]

Bundesrat ruft bei Hartz-IV-Reform erneut Vermittlungsausschuss an

Der Bundesrat hat im Streit um die Hartz-IV-Reform erneut den Vermittlungsausschuss angerufen. Die Länderkammer stimmte dabei mit den Stimmen der von Union und SPD regierten Länder für neue Verhandlungsgespräche. Zuvor hatte der Bundestag erwartungsgemäß mit der Mehrheit der schwarz-gelben Regierungsfraktionen das Ergebnis des Vermittlungsausschusses zur Hartz-IV-Neuregelung gebilligt. Die Oppositionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken lehnten das Paket ab.

Mit dem erneuten Anrufen des Vermittlungsausschusses entgeht Schwarz-Gelb einer Niederlage in der Länderkammer, da sich bis zuletzt keine Mehrheit für die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze abgezeichnet hatte. Eine neue Verhandlungsrunde zu den Regelsätzen, dem Bildungspaket und den Mindestlöhnen soll schnell beginnen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hielt eine Einigung "in relativ überschaubarer Zeit" für möglich. Dies müsse nicht bis zur nächsten regulären Sitzung des Bundesrates am 18. März dauern.

Bundestagspräsident Lammert begrüßt Wende im Hartz-IV-Streit

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Wende im Parteienstreit über Hartz IV begrüßt. "Es ist gut, dass es die Einsicht in die Notwendigkeit eines schnellen neuen Vermittlungsverfahrens gibt", sagte Lammert den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Samstagausgabe). Zugleich bedauerte er den Zeitverlust und die Konfrontation der letzten Wochen.

"Noch besser wäre es gewesen, wenn diese Einsicht schon das Scheitern der wochenlangen Verhandlungen verhindert hätte", so Lammert. Der Bundesrat hatte am Freitag erneut den Vermittlungsausschuss angerufen, um ein Scheitern der Reform zu verhindern. Damit soll nun erneut über die Themen Regelsätze, Bildungspaket und Mindestlöhne verhandelt werden.

[dts]