In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" sagte Mißfelder: "Schwarz-Grün hat nachträglich eine Quittung erhalten. Die Art und Weise des Koalitionsbruchs in Hamburg war eine Katastrophe. Aber eines bleibt richtig, vor allem auch mit Blick auf die für die Union wegweisende Testwahl in Baden-Württemberg: Die Grünen bleiben der Hauptgegner der Union", so Mißfelder. "Union und FDP stehen auf der einen Seite, müssen noch enger zusammenrücken, denn uns gegenüber zeigen sich Rot und Grün. Es geht um die Entscheidung, wer die Nase vorn hat", hob der Unions-Politiker hervor. "Bei den nächsten Wahlkämpfen sollte die Union zeigen, dass sie kämpfen will und kann und dass sie sich auch etwas zutraut", sagte Mißfelder.

"Für das Superwahljahr, das noch bevorsteht, heißt das: Die Union muss nach dieser historischen Niederlage zusammenrücken. Es gilt, sich zu berappeln und jetzt erst recht den Erfolg in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz anzupeilen."

SPD-Spitzenkandidat Scholz wird nach Erdrutschsieg neuer Bürgermeister in Hamburg

Nach dem Erdrutschsieg der SPD bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg wird Spitzenkandidat Olaf Scholz neuer Bürgermeister der Hansestadt. Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte die SPD 48,3 Prozent der Stimmen und holt somit 62 Sitze. Das ist die absolute Mehrheit, für die 61 Sitze notwendig waren. Es ist das beste Wahlergebnis der SPD in Hamburg seit 30 Jahren.

Klarer Verlierer des Abends waren die Christdemokraten mit 21,9 Prozent der Stimmen. Auch die Grünen waren trotz mehr Stimmen (11,2 Prozent) unzufrieden mit dem Wahlergebnis. Die Linkspartei kam auf 6,4 Prozent, hinter der FDP mit 6,6 Prozent. "An die Arbeit", rief Scholz am Sonntagabend auf der Wahlparty seinen Parteifreunden zu.

Die Besetzung des Kabinetts von Scholz ist noch offen. Bisher drang lediglich nach außen, dass etwa die Hälfte der Posten wohl mit Frauen besetzt werden soll.

SPD-Fraktionsvize Ingo Egloff verkündete jedoch, das die neue Regierung sicher nicht jeden glücklich machen werde. So seien beispielsweise die Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst fraglich.

Oppermann sieht Scholz-Wahlkampf als strategisches Erfolgsmodell für Bundes-SPD

Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sieht in dem pragmatischen Erfolgs-Wahlkampf von Olaf Scholz ein Erfolgsmodell für die SPD auf Bundesebene. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" sagte Oppermann angesichts des SPD-Sieges in Hamburg: "Olaf Scholz hat mit dem großartigen Wahlsieg gezeigt, dass es einen tiefgreifenden Wunsch nach solider Politik gibt, bei der wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit zusammengehören."

Die Hamburger hätten aber auch Bundeskanzlerin Merkel einen ordentlichen Denkzettel verpasst. "Ihre Politik, geprägt von Misswirtschaft und Klientel-Politik, ist unten durch", sagte Oppermann. In Hamburg habe man in allererster Linie Olaf Scholz gesehen, aber auch die maßgeblich von Olaf Scholz miterneuerte SPD auf Bundesebene. "Dieser Kurs zielt darauf ab, die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren, aber auch die gesellschaftliche Mitte zurückzugewinnen." Das sei Olaf Scholz gelungen "durch Pragmatismus und durch realistische politische Angebote", hob Oppermann hervor. "Er hat nichts versprochen, was er nicht halten kann.

Deshalb ist Hamburg für die SPD auch ein strategisches Muster, wie wir in Deutschland wieder mehr politischen Einfluss gewinnen können." Zu vorgezogenen Neuwahlen wird die Union wohl nicht kommen. "Auch Frau Merkel wird noch weitere Wahlniederlagen bei Landtagswahlen hinnehmen. Schwarz-Gelb wird sich bis zum letzten Tag an die Macht klammern und nicht vorzeitig aufgeben", meinte Oppermann.

Linken-Chef Ernst sieht Kurs durch Wahlergebnis in Hamburg bestätigt

Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, hat das stabile Ergebnis seiner Partei bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen trotz gewaltiger Zugewinne für die SPD als "Wählerauftrag begrüßt". Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) sagte Ernst: "Eine starke Linke ist notwendig, um auf die SPD aufzupassen, dass sie in Zukunft nicht wieder links blinkt und tatsächlich nach rechts abbiegt."

An die CDU-Vorsitzende Angela Merkel appellierte Ernst, "Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass der bisher maßgeblich von der FDP bestimmte Regierungskurs zu Lasten der CDU geht". Für Ernst gibt es deshalb nur "zwei logische Schlussfolgerungen: Frau Merkel muss sich schnell aus der Geiselhaft der FDP befreien. Guido Westerwelle taugt allenfalls zum Kellner, aber nicht zum Koch. Und zudem muss die Kanzlerin lernen, ihre Politik an den Interessen der Mehrheit und nicht länger an den Bedürfnissen der Banken auszurichten. Nur dann hat sie als Kanzlerin noch eine Chance", sagte Klaus Ernst.

[dts]