„Die Zeit rast nur so an einem vorbei“
Vor 18 Tagen war ihr großer Tag. Markus Zehnpfennig, Hubert Hornung und Wolfgang-Martin Fritsch wandelten sich an diesem Abend zu Prinz Markus I, Bauer Hubert und Jungfrau Martina. Seit rund drei Wochen ziehen sie nun täglich geschminkt und im Ornat durch Kölns Säle. „Die Zeit rast nur so an einem vorbei“, erzählte heute Prinz Markus I. Das ist gerade bei ihm keine Verwunderung. Schließlich wurde Kölns Tollität vergangene Woche auch noch Vater. Sein Sohn Matteo kam auf die Welt. Das war sicherlich sein bewegenster Moment der Session.

Dennoch stand der Prinz schon wenige Tage später wieder auf der Bühne. Besonders die Auftritte in den Diakonien, Altersheimen und Krankenhäusern wollte er nicht verpassen. Denn die gefallen ihm inzwischen am besten. Vor der Session hatte er allerdings schon ein bisschen Angst davor, gestand er heute. „Doch hier kann man wirklich Freude schenken“, meint Prinz Markus I. Schade sei es nur, dass man dort so wenig Zeit habe. Denn nach so einem Termin falle es ihm schon manchmal schwer, den „Schalter umzulegen und auf eine lustige Damensitzung zu gehen“.

Anfassen erlaubt – aber nur in Maßen
Insgesamt hat sich das Dreigestirn überlegt, in dieser Session vor allem denjenigen Aufmerksamkeit zu schenken, die sonst wenig beachtet im Hintergrund arbeiten. Dazu gehören etwa die Kellner und Helfer in den Sälen. „Denn die freuen sich darüber besonders“, weiß Bauer Hubert. Er lässt sich dann auch mal von dem ein oder anderen das Kostüm anfassen. Viel Zeit sei zu so etwas allerdings nicht. Denn das Kölner Dreigestirn hat einen engen Zeitplan. Darum bleibt auch zum Bützen keine Zeit, meint Prinz Markus I. So bleibt das Dreigestirn selbst bei Mädchensitzungen meist ungebützt. Und das obwohl das diesjährige Sessionsmotto „in Kölle jebützt“ einen wahren Bütz-Wahn hätte provozieren können.

Und so manche Dame und mancher Herr scheinen das auch so aufgefasst zu haben, erzählt Jungfrau Martina. Manchmal wird es ihr dabei zu viel. Denn vor den Sälen wird sie öfters einmal an den Zöpfen gezogen, erzählt Kölns schönste Frau im Karneval. Beliebt sei es auch, die ausgepolsterte Oberweite zu erkunden. Das mag Jungfrau Martina nicht. Dennoch findet sie es spannend, einmal als Frau durch den Kölner Karneval zu ziehen. Dadurch habe sie einen ganz neuen Blick für das weibliche Geschlecht entdeckt, erzählt Kölns Jungfrau. „Niemals mehr werde ich meiner Frau Vorwürfe machen, seil sie im Bad zu lange braucht“, verspricht sie etwa. Das einschneidenste Erlebnis sei ihr Auftritt im Alten Wartesaal gewesen. Dort habe das Publikum über zehn Minuten lang ihr Lied „Oh, wie bist du schön“ gesungen. Da wurde der Auftritt zum Sport. Denn Jungfrau Martina hopste und tanzte die ganze Zeit im vollen Ornat mit.

Mit Zöpfen durch die jecke Zeit
Das Ornat stellt Wolfgang-Martin Fritsch auch vor so manch praktische Herausforderung. Denn die Perücke etwa kann er zwischendurch nicht absetzen, „auch wenn sie manchmal juckt“, so Kölns Jungfrau. Damit er sie nicht bekleckert, lässt er sich die Zöpfe darum beim Suppe-Essen hoch binden. Sieben verschiedene Perücken hat er abwechselnd an. Die sind jedoch nicht alle gleich dick. „Bei ein oder zwei Perücken müssen Prinz und Bauer immer etwas lauter sprechen, weil die Zöpfe genau über den Ohren hängen und ich einfach nichts höre“, berichtete Martina heute. Vielleicht war deswegen Bauer Hubert heute ein bisschen heiser – und das obwohl doch erst Halbzeit ist.

Heiße Duschen und Yoga zur Entspannung
Bis zu 14 Auftritte bewältigt das Kölner Dreigestirn an jedem Tag. Da ist Ausdauer gefragt. Abends fallen sie dann müde in ihre Betten in der Hofburg. Prinz Markus I hat in den letzten Wochen ein richtiges Ritual entwickelt. Zu allererst wird der Fernseher angemacht, dann stellt er sich gut 15 Minuten unter eine heiße Dusche und schminkt sich ab. Denn auch das gehört inzwischen zu seinem Alltag. „Danach hab ich mich wieder beruhigt“, meint Kölns Tollität. Bauer Hubert wendet manchmal Yoga zur Entspannung an. Motivieren müsse er sich dennoch vor kaum einem Auftritt, sagte er heute. Schwierig werde es nur, wenn sie zwischen den Sitzungen lange Pausen hätten. Denn dann müsste man sich immer wieder neu in die Feier-Stimmung bringen.

„Man ist ja keine Maschine“
Kölns Bauer hat einen kleinen Trick entwickelt, um sich auf den Saal vorzubereiten. Denn: „Man ist ja keine Maschine“, so Bauer Hubert. Er schleicht ein bis zwei Minuten früher als Prinz und Jungfrau in den Saal, um ein „Gespür für die Stimmung“ zu bekommen. Die sei je nach Publikum völlig unterschiedlich. Da sei es manchmal schwierig, sich auf die jeweilige Situation einzustellen. „Bislang bekommen wir jedoch sehr viel Zuspruch für unsere Auftritte“, meint Prinz Markus I. Eine Kölner Boulevardzeitung hingegen kritisiert das diesjährige Dreigestirn und hat ihnen bereits den Namen „Gähn-Gestirn“ verliehen. Von solch schlechter Beurteilung wollen sich die Drei jedoch nicht beeinflussen lassen, sagten sie heute. Tatsächlich täte den Tollitäten aber an manch einem Tag mehr Menschennähe gut.

So etwa am vergangenen Sonntag beim Besuch der Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum. Dort geriet der Weg durch das Foyer mehr zu einem Durchmarsch. Allein die Jungfrau lächelte und winkte den Menschen zu. Dabei freuten die sich, das Dreigestirn zu sehen. Für die zweite Hälfte der Session wünscht man sich neben mehr Volksnähe von den Tollitäten ein paar frische Ideen für die Bühne, auch wenn das vielleicht beim 14. Auftritt des Tages nicht leicht fällt. Der Appell muss lauten: Gönnt den Menschen ein bisschen mehr Volksnähe, liebe Tollitäten. Denn die Kölner beißen nicht – ganz im Gegenteil sie freuen sich über ein gut gelauntes Dreigestirn. Und für ein Lächeln, ein Winken  – und vielleicht das ein oder andere Bützje – ist doch immer Zeit…

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung