Vor dem Spiel herrschte zwischen VfL-Coach Sead Hasanefendic und seinem Melsunger Pendant Ryan Zinglersen Einigkeit: Beide schoben dem jeweiligen Gegner die Favoritenrolle zu. Das doppelte Understatement machte vor allem eines deutlich: Bei dem Spiel in der Kasseler Rothenbachhalle traten vermeintlich zwei Teams auf Augenhöhe an. Zwar rangiert der VfL in der Tabelle derzeit deutlich vor den Hessen, doch die MT verfügt über einen mit Nationalspieler gespickten Kader, dem alle Experten mehr zutrauen als der derzeitige Tabellenplatz 14. In der Anfangsphase bestätigte sich die Einschätzung der beiden Trainer, keine der beiden Mannschaften konnte sich absetzen. Das erste Tor des Spiels gelang MT-Angreifer Vladica Stojanovic. Er bezwang seinen Namesvetter Goran Stojanovic im VfL-Tor mit einem Rückraumtreffer. Der gut aufgelegte VfL-Außen Adrian Wagner sorgte für den Ausgleich.

Der Rhythmus Tor-Gegentor blieb bis zum 6:6 bestehen, dann jedoch legte der VfL einen beeindruckenden Zwischenspurt ein. Die Oberbergischen machten innerhalb von elf Minuten aus einem 6:6 ein 7:15 (23. Minute). Vedran Zrnic mit drei Treffern, Viktor Szilagyi mit einem Doppelpack, Kapitän Robert Gunnarsson, Adrian Wagner und Adrian Pfahl sorgten mit ihren Toren für Fassungslosigkeit unter den MT-Fans. Der VfL nutzte jeden Fehler der Gastgeber eiskalt und traf scheinbar nach Belieben. Auch eine Auszeit von Melsungen stoppte die Oberbergischen nicht, erst Vasilakis per Siebenmeter unterbrach in der 25. Minute den VfL-Torreigen. In der Schlussphase der ersten Halbzeit hatte sich die MT wieder gefangen und reduzierte den Acht-Tore-Rückstand auf fünf Tore. Beim Stande von 12:17 gingen die beiden Teams in die Kabine.

Der VfL hatte trotz Halbzeitpause nichts von seinem Schwung eingebüßt. Das Team von Trainer Sead Hasanefendic spielte konzentriert und diszipliniert und ließ sich nur selten in Verlegenheit bringen. Auch eine Zwei-Minuten-Strafe von Kapitän Robert Gunnarsson brachte die Blau-Weißen nicht aus der Spur. Der erneut stark aufspielende Viktor Szilagyi steuerte das VfL-Spiel gekonnt und trug sich allein in den ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit dreimal in die Torschützenliste ein – nach 40 Minuten lag der VfL mit 22:16 in Front. Ebenfalls auffällig agierten die beiden Außen der Blau-Weißen: Sowohl Vedran Zrnic als auch Adrian Wagner hatten einen starken Tag erwischt und strahlten viel Torgefahr aus. In der 45. Minute traf Vedran Zrnic erneut per Siebenmeter – eine Viertelstunde vor Schluss lag der VfL mit sieben Toren vorne: 18:25. Als Adrian Wagner per Tempogegenstoß zum 18:26 traf, skandierten die VfL-Fans „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, dass der VfL in der Rothenbachhalle derart souverän auftritt, hatte kaum jemand erwartet. Die Mannschaft zeigte sich spielfreudig, stand sicher in der Defensive und spielte mit einer geringen Fehlerquote – insgesamt zeigte der VfL sein bestes Auswärtsspiel in dieser Saison.

Drago Vukovic netzte in der 50. Minute zum 19:27 ein, daraufhin zog Ryan Zinglersen die grüne Karte und nahm eine Auszeit. Auch dieser letzte taktische Kniff zog nicht: Zwar trafen Vasilakis und Danner für Melsungen, doch die VfL-Außen Vedran Zrnic und Adrian Wagner hielten mit ihren Treffern den Acht-Tore-Vorsprung. In der Schlussphase trafen zudem die VfL-Youngster Steffen Fäth und Ole Rahmel. Das letzte Tor war aber dem Kapitän Robert Gunnarsson vorenthalten: Der Kreisläufer verwandelte einen Tempogegenstoß zum viel umjubelten 23:32. Der deutliche Auswärtssieg ist umso höher zu bewerten, weil der einzige Rückraumrechte des VfL, Adrian Pfahl, schon in der ersten Halbzeit verletzt die Platte verlassen musste und bis zum Ende des Spiels nur noch auf der Bank saß. Er wurde von Rechtshänder Geoffroy Krantz ersetzt, der auf der ungewohnten Position eine gute Leistung zeigte.

Der VfL geht nun mit 11:5-Punkten in die zweiwöchige Spielpause. Am Sonntag, 8. November, um 17.45 Uhr kommt es dann in der LANXESS arena zum Duell mit dem Tabellennachbarn Rhein-Neckar-Löwen.

VfL-Geschäftsführer François Xavier Houlet war verständlicherweise sehr zufrieden mit dem Auftritt seiner Mannschaft: „Das war eine sehr starke Leistung. Ich habe nicht erwartet, dass wir mit solch hoher Tordifferenz hier gewinnen. Die Mannschaft hat eine hervorragende Leistung gezeigt, die Mannschaft lebt und ist gesund, das war sehr beeindruckend heute. Wir waren die gesamte Spielzeit über das bessere Team und haben eine geschlossene Mannschaftsleistung gezeigt. Selbst den Ausfall von Adrian Pfahl hat das Team sehr gut kompensiert, da zeigt sich der hervorragende Zusammenhalt. Ich bin sehr stolz auf die Jungs, das habe ich den Spielern auch nach dem Spiel in der Kabine gesagt“, sagte der VfL-Chef nach dem Spiel.

Auch VfL-Coach Sead Hasanefendic war mit seinem Team absolut zufrieden. „Die Mannschaft hat die Vorgaben optimal umgesetzt. Sie hat das gesamte Spiel konzentriert gespielt, mit einer geschlossenen Verteidigung und einem starken Angriff. Es ist immer schwer in Melsungen zu gewinnen, daher bin ich heute sehr glücklich über die Leistung meiner Mannschaft. Wir haben die Fehler von Melsungen eiskalt ausgenutzt und damit den Gegner nervös gemacht. Wir waren über die gesamte Spielzeit das bessere Team und haben völlig verdient gewonnen. Wir hatten heute in jeder Spielsituation die richtige Lösung. Selbst als Adrian Pfahl verletzt ausfiel, hat die Mannschaft das kompensiert. Die Spieler arbeiten im Training sehr hart, daher war die Leistung heute kein Zufall. Wir können jetzt zwei Wochen lang den guten Tabellenplatz genießen und uns auf das Spitzenspiel gegen die Rhein-Neckar-Löwen freuen“, sagte Sead Hasanefendic.

Tore VfL: Krantz 1, Wagner 7, Vukovic 4, Fäth 1, Gunnarsson 4, Szilagyi 6, Pfahl 1, Rahmel 1, Zrnic 7/4
Paraden VfL: Stojanovic 14/1 Lucau 1
Zuschauer: 2128
Zeitstrafen: MT 4 Minuten/ VfL 4 Minuten

[ag; Quelle: VFL]