„In Chorweiler gibt es einen Investitionsstau von mehreren Jahrzehnten“, sagte Cornelia Wittsack-Junge von den Grünen während des Rundganges entlang der Osloer und Florentiner Straße. Viele der Stadtteilbewohner leben in einem der Hochhäuser, die in den 1970er Jahren entstanden sind. Einige dieser Häuser stehen unter Zwangverwaltung, da sich kein privater Investor für die teils sanierungsbedürftigen Immobilien findet. Die Treppenhäuser sind mit Schmiererein bedeckt, es riecht streng und es ist finster. Auch die Wohnungen im Inneren scheinen nicht in bester Ordnung zu sein.

Dies wird deutlich, als die Gruppe von Politikern, Interessenvertretern und Journalisten die Räume der Familie Matuzor betrifft. Herr Matuzor lässt die Gäste bereitwillig eintreten und deutet auf Schimmelflecken, die sich an der Küchendecke und dem Fenster deutlich ausbreiten. Auf dem Balkon sammelt sich das Wasser und droht ins benachbarte Wohnzimmer überzuschwappen. Im Schlafzimmer sind die Fenster undicht. Herr Matuzor erzählt, dass er bereits viele Briefe an die Zwangsverwaltung geschrieben hat, aber die Mängel werden nicht behoben.


In der Küche von Familie Matuzor breitet sich der Schimmel aus

Zuständigkeitsfragen verhindern Sanierung
Wenn in einem der Häuser der Fahrstuhl ausfalle, dauere es meist Wochen, bis er wieder repariert werde, gibt Barbara Moritz, Fraktionsvorsitzende der Kölner Grünen, die Erfahrungsberichte von Anwohnern wieder. In der Zwischenzeit bleibe den Bewohnern nichts anderes übrig, als die Treppen zu nutzen. Bei 23 Stockwerken ist dies schon für junge, gesunde Menschen eine große Herausforderung. Der Weg führt die Gruppe weiter zu einem kargen Platz, der nach den Worten von Cornelia Wittsach-Junge in den 90er Jahren als Spielplatz erbaut worden war. Heutzutage wuchern hier, direkt über dem Chorweiler City-Center gelegen, Unkraut und Müll auf dem zerstörten Platz. Alte Spielgeräte stellen eher eine Gefahr dar, als das sie zum Spielen geeignet wären. Zu einer Umgestaltung des Platzes kommt es nicht, da die Zuständigkeiten nicht geklärt seien, erklärt Wittsach-Junge.


Kein schöner Anblick – Ein alter "Spielplatz" in Köln-Chorweiler 

Schimmel, undichte Fenster, verdeckte Treppenhäuser, kaputte Fahrstühle – in einem privaten Mietverhältnis würden solche Mängel zu starken Mietminderungen führen, sagt Moritz. Doch viele der Wohnungsinhaber seien Empfänger von Transferleistungen und fehle es an den nötigen Anlaufstellen und Hilfen. Herr Matuzor etwa spricht nur wenig Deutsch und ist schwerhörig, erklärt Siggi Heidt, Leiterin des Mieterbüros. Dies stelle eine weitere Hürde da, um die nötige Hilfe zu bekommen. Möglichkeiten gebe es jedoch.

Fehlender Wille zur Verbesserung
So würde die Stadt die Mitgliedschaft im Mieterverein bezahlen. Auf diese Weise könnten sich die Betroffenen informieren und gemeinsam organisieren. Allerdings gebe es zu wenig Personal und einen zu großen akuten Bedarf. Zudem würden sich viele Mieter keinen großen Erfolg von dieser Maßnahme versprechen. Die Miete übernimmt bei den Bewohnern des zwangsverwalteten Hauses die öffentliche Hand. Für den Verwalter habe dies den Vorteil, dass er stets die Miete erhalte und die Wohnungen belegt seien, sagt Barbara Moritz. An einer Verbesserung der Situation gebe es daher kein Interesse, „weil die Knete stimmt“, fügt sie hinzu.

Keine Frage des Hauses – Ein positives Beispiel
Ein Gegenbeispiel bot sich den Teilnehmern des Rundganges in Form des Hauses 32 in Florentiner Straße. Dieses Hochhaus wird von der Wohnungsbaugesellschaft „Sahle Wohnen“ verwaltet Schon beim Betreten wird der Unterschied deutlich. Die Treppenhäuser sind sauber und hell erleuchtet, es gibt drei funktionierende Aufzüge. Es seien bereits kleine Dinge, die dazu beitrügen, dass sich die Menschen wohl fühlen, erklärte Heiderosa Semeira von „Sahle Wohnen“. Der Wohnungsgesellschaft sei es wichtig, eine Mischung von Mietern zu beherbergen. Die meisten der Bewohner bringen die Miete selbst auf, aber es gebe auch einige Parteien, die auf Unterstützung angewiesen seien. Das Klima innerhalb der Wohngemeinschaft sei gut. Ob sich Menschen zu Hause fühlen, sei keine Frage des Hauses, sondern eine des Seelenlebens in den Häusern, betonte Semeira.  

Für Barbara Moritz ist eine ausgewogene soziale Mischung in der Belegschaft eine der Bausteine, die zu einer Verbesserung der Lage im Stadtteil führen könnte. Ideal sei ein Anteil geförderten Wohnens von 30 Prozent in jedem Stadtteil, in jedem Mietshaus. Auf diese Weise könne in Zukunft eine ansprechende soziale Durchmischung erreicht werden, erklärte sie. Die Probleme der Mieter im zwangsverwalteten Haus scheinen jedoch weit entfernt von einer Lösung zu sein. Nach Aussage von Cornelia Wittsack-Junge sie hier die Finanzierung die entscheidende Frage. Bisher fehle es an einem Investor, der bereit sei, die vorhandenen Mängel zu beseitigen, die Folgekosten zu tragen und einen neuen Ansatz zu wählen.

[Björn Bourry für Report-k.de – Kölns Internetzeitung]