Parallelwelten
Es ist kurz vor 10 Uhr. Riesige LKW stauen sich auf der Industriestraße. Ein buntes Völkchen überquert die Industriestraße und zieht mit Musik, Traktor, Pony-Gespann und einer riesigen Pappmachee Figur auf der „OB Schramma“ steht unter Polizeibegleitung Richtung Godorfer Hafen. Es sind die Gegner des Hafenausbaus, die Figur hat ein Gutachten vor Augen uns ist blind. Dazwischen schwarze Limousinen der Gäste der Feierlichkeiten der HGK. Schon an der Einfahrt an der Industriestraße der erste Security-Mann. Drei Schleusen mit Personenkontrolle und Abhaken auf der Gästeliste müssen die Teilnehmer des Spatenstichs der HGK durchlaufen, um zur eigentlichen Feierlichkeit zu gelangen. Für die Demonstranten ist weit vorher Schluss, dort wo das HGK-Gelände beginnt. Die Ausbaugegner wollen die Gunst der Stunden nutzen und Minister Lienenkämper eine Mappe mit Argumenten, die gegen den Hafenausbau sprechen überreichen, werden aber von der Polizei daran gehindert und der Minister braust an ihnen vorbei. Das ärgert die Ausbaugegner, aber man ist zäh, nun wird man die Mappe eben postalisch zustellen.

Wie auf dem Marienfeld
Wer die Schleusen erfolgreich durchlaufen hat, steht auf einem großen neu angelegten Schotterparkplatz, neben einer Art neuen Deich. Vor ihm eine strahlend weißes Dach, dass ein wenig an den Papsthügel auf dem Marienfeld erinnert. Man hat sich mit dem Design viel Mühe gegeben und alles wirkt sehr schnieke. Von fern hört man noch ganz leise die Trommeln der Gegner, nebenan die Industriegeräusche des riesigen Baggers der Sand verlädt. Unter dem Dach hat man eine Art symbolischen Bauzaun errichtet und ihn von einem Graffitikünstler besprühen lassen. Große organische grüne Blätter sind zu sehen, ein Kran, das HGK-Logo, kombiniert mit dem Hafenlogo. Später kurz vor der symbolischen Durchschneidung des Flatterbandes werden zwei als Bauarbeiter verkleidete Tänzerinnen an den Bauzaun hämmern und mit einer Flex Baugeräusche erzeugen und dazu tanzen. Für die Gäste gibt es danach Gegrilltes und einen ersten Rundgang durch das Hafeninformationszentrum.

Eine Leistung der Väter und Großväter
Alle Redner beim Spatenstich der HGK betonen, dass man Verständnis für den Protest der Anwohner habe, aber die Erweiterung um ein viertes Hafenbecken eine Maßnahme sei, die für die Zukunft des Logistik-Standortes Köln von immenser Bedeutung und mehr Menschen Vorteile statt Nachteile brächte. Dr. Rolf Bender, Vorstandssprecher der Häfen und Güterverkehr Köln AG bemüht gar die Generationenfrage, als er von einer Hafenstruktur spricht, die die Väter und Großväter schafft, damit die Nachfolger der zukünftigen Generationen erfolgreich sind und das umweltfreundliche Verkehrsmittel Schiff nutzen können. Der NRW-Bauminister Lienenkämper unterstreicht, dass NRW Industrieland bleiben soll und dass Logistik in dieser Strategie kein Selbstzweck sei, sondern Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität. Lienenkämper geht davon aus, dass die Binnenschifffahrt weiterhin ansteigen werde, auch wenn gerade eine konjunkturelle Delle sichtbar sei und der Rhein das Rückrat für den Ausbau der industriellen Produktion weiterhin sei. Der Gesamtmaßnahme komme nach Abwägung aller Tatsachen ein hoher Stellenwert für die Infrastrukturentwicklung der Region zu und sei nicht nur zum vergolden der Bilanz der HGK da, so der Minister in seinem Statement. Auch wenn man Verständnis für die subjektiven Beweggründe einzelner Gegner habe, folge der Ausbau des Godorfer Hafens einem übergeordneten Interesse der Region.

Auch Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma machte aus seiner Sicht die Sinnhaftigkeit des Projektes deutlich. Das Projekt käme dem Umweltschutz zu Gute, da es weniger LKW Fahrten in Köln gäbe und würde Köln als Logistikstandort mit 70.000 Arbeitsplätzen leistungs- und wettbewerbsfähig halten. „Stillstand ist Rückstand, wir müssen Köln für die Zukunft rüsten“, rief das Stadtoberhaupt den Anwesenden zu. SPD Mann Johannes Waschek, MdR und Aufsichtsratsvorsitzender der HGK beschreibt seine und die Argumentation seiner Partei so: „Mit Blick auf die in Zukunft wieder ansteigenden Umschlagszahlen und eine prognostizierte Zunahme des Güterverkehrs um rund 70 Prozent bis 2025 müssen wir deshalb heute die Verkehrsinfrastrukturen und Hafenkapazitäten ausbauen, die wir morgen brauchen. Es geht darum, dass künftiges Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze nicht durch Engpässe in den Häfen und deren Anbindungen verringert werden.“

Die HGK hat in ausgedienten Seecontainern ein Informationszentrum errichtet, in dem sie über den Ausbau des Hafens aus Ihrer Sicht informiert. Über Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutz, den Bau des Hafens, Lärmschutzmaßnahmen und noch einmal darlegt, warum der Hafenausbau so dringend nötig sei.

So geht es weiter
Heute ist erst einmal Tag der offenen Tür am Godorfer Hafen und auch die anderen Tage ist das Informationszentrum geöffnet, Gruppen können sich anmelden und Führungen buchen. Dabei möchte die HGK ganz besonders auch Schulklassen einladen. Ab Juni wird der Rad- und Fußweg am Rhein umgelegt. Ab Mitte Juni wird der Kampfmittelräumdienst das Gelände absuchen und der Ausbau der Straßenverbindungen beginnen. Dann soll eine Abfahrt von LKW nach und durch Sürth nicht mehr möglich sein. Im Oktober beginnt die HGK mit den eigentlichen Baumassnahmen am Hafen. Zunächst wird die Lärmschutzwand am alten Hafengelände errichtet und ab November 2009 sollen dann die Spundwände für das vierte und neue Hafenbecken gesetzt werden. 2012 will man mit der Erweiterung fertig sein und 2013 das erste volle Geschäftsjahr mit der Erweiterung abwickeln.

Zweifel lassen sich nicht zu 100 Prozent zerstreuen
Auf dem Rhein herrscht an diesem wundervollen sonnigen Freitagmorgen vor allem Ruhe. Nur sehr, sehr selten und sporadisch dieselt ein Schiff am Godorfer Hafen vorbei. Dies seien die Auswirkungen der konjunkturellen Delle, beschreiben Minister, Oberbürgermeister und HGK Aufsichtsratschef und der für die SPD im Rat sitzende Waschek die Ruhe und bemühen Experten und Prognosen aus der Zeit vor der Wirtschafts- und Finanzkrise für die Zukunft. Und genau hier setzt die eigentliche Kritik der Gegner an, die bei den Reden von HGK, Bauminister und OB als Anwohnerinitiative, die nur ihre Partikularinteressen vertrete, zu Unrecht klein geredet wurden. Mit einem Gutachten, Auswertungen und Vorschlägen hat die Gegenbewegung immer wieder glaubhaft darauf aufmerksam gemacht, dass es aktuell und auch auf Jahre hinaus, genug Kapazitäten in Köln gibt und der Hafen in Niehl nicht voll ausgelastet ist und teilweise mit hafenfremden Industrien und Dienstleistungen belegt sei. Die Kölner Politik, allen voran die Befürworter CDU und SPD plus HGK sind zudem, und dass hätte für mehr Transparenz gesorgt, ein aktuelles Gesamtkonzept aller Häfen und auch Eisenbahnverkehre in Köln im gesamteuropäischen Kontext und eine echte faktische Widerlegung der Argumente der Ausbaugegner schuldig geblieben. Auch der Hinweis auf die Wirtschaftlichkeitsrechnung würde mehr Vertrauen schaffen, wenn auch die Gegenrechnung offen läge. Vielleicht wäre die sogar wirtschaftlicher? Die Öffentlichkeit hat ein Recht, auch weil viel Steuergeld eingesetzt wird, auf mehr Transparenz, genau an dieser Stelle. Konzepte und Planungen müssen zudem jederzeit, auch wenn Prozesse teilweise Jahre lang dauern, immer und zu jeder Zeit den aktuellen sich verändernden Parametern immer wieder angepasst werden, das weiß jeder verantwortungsvoll handelnde Unternehmer. Auch Väter und Großväter können mit ihrer Sicht auf die Zukunft auch irren, das hat die Geschichte schon vielfach eindrucksvoll bewiesen und an der Bastei wurde in Köln schon einmal ein Hafenbecken zugeschüttet, ohne dass je ein Schiff angelegt hat. Dort ist heute ein schöner Park. Das hätten sich die Planer dieses Hafenbeckens beim Spatenstich damals so sicher auch nicht vorgestellt.

Tag der offenen Tür: 30.Mai 2009, 10-17 Uhr Hafen Godorf

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung