Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivfuehrer, GDL am 16. September 2021 in Berlin bei einer Pressekonferenz. | Foto: IMAGO / Reiner Zensen

Berlin | dts | Der Vorsitzende der Lockführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hält die offenbar geplanten Bonuszahlungen für den Vorstand der Deutschen Bahn für Ausdruck eines „perversen Systems“ in einem „Selbstbedienungsladen“ für Führungskräfte.

„Bei mir ist das nichts Anderes als die Bestätigung dessen, was wir schon wissen: Ein pervertiertes System, geschaffen von den Bahnvorständen mithilfe von Beratungsunternehmen, die solche Dinge ausarbeiten, die solche Dinge dann als richtig und gut bescheinigen“, sagte Weselsky am Montag dem TV-Sender „Welt“. Und befördert werde das sowohl von den Vertretern des Eigentümers – Verkehrsministerium, Finanzministerium – als auch befördert „von der Hausgewerkschaft EVG“.

Sonst könne man so weit nicht kommen mit „so einem perversen System“. Gerade im Kontext der stockenden Tarifverhandlungen bei der Bahn sieht Weselsky die Boni als unangemessen: „Die Vorstände füllen sich die Taschen – und wenn den Mitarbeitern das Einkommen erhöht werden soll oder deren Arbeitszeiten verbessert werden sollen, dann haben wir kein Geld.“ Und dieser „Selbstbedienungsladen für 3.500 Führungskräfte“, sei das eigentlich Schlimme in dem Gesamtgefüge.

„Die haben keine Ahnung von der Eisenbahn und die füllen sich die Taschen.“ Die Bonuspläne müssten zu personellen Konsequenzen im Bahnvorstand führen, forderte Weselsky: „Ich hoffe darauf, dass dieser aufgedeckte Skandal die richtigen Schlussfolgerungen hervorbringt. Ich hoffe darauf, dass dieser Bahnvorstand hinweggefegt wird. Denn der hat die Eisenbahn zu dem werden lassen, was wir heute alle gemeinsam erleben.“

Söder legt Bahn Verzicht auf Bonus-Zahlungen nahe  

CSU-Chef Markus Söder legt der Bahn nahe, auf offenbar geplante Bonus-Zahlungen zu verzichten. „Die Bürger haben wenig Verständnis für Bahnstreiks an Feiertagen oder hohe Boni-Zahlungen in so schwierigen Zeiten“, sagte der bayerische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben). „Das Unternehmen Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft sollten sich beides gut überlegen.“

Söder appellierte an Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), „beides zu entschärfen“. Zuvor hatten NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ nach gemeinsamen Recherchen berichtet, dass die Deutsche Bahn ihren Vorständen für das Jahr 2022 offenbar rückwirkend Boni auszahlen will. Dies stößt auf Kritik: Die Bahn sei in einem „miserablen Zustand“, sagte etwa die Abgeordnete Sahra Wagenknecht dem „Spiegel“.

„Deutsche Bummelbahn“ laute die Leistungsbilanz der Führungsetage. „Dass sich die Konzernchefs in dieser Situation auch noch Boni zuschustern wollen, ist unverschämte Selbstbedienung.“ Die Bundesregierung „sollte als Eigentümer den Vorstand auswechseln, Boni streichen und Verhandlungen mit der GDL aufnehmen, um weitere Streiks im neuen Jahr zu verhindern“, so die Politikerin.

Auch aus der SPD kommt Kritik: Die verkehrspolitische der Sprecherin der SPD-Fraktion Isabel Cademartori sagte dem Nachrichtenmagazin: „Das ist angesichts der aktuellen Performance der Bahn wirklich ein schwieriges Signal, auch wenn es sich um eine verschobene Zahlung aus der Vergangenheit handelt.“ Es sei „gut, dass die Pünktlichkeit und generelle Performance des Personenverkehrs in Zukunft viel stärker bei der Vergütung der Vorstände berücksichtigt wird“.