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Brand gegen Mitternacht gelöscht

Der Brand in dem Chemieunternehmen INEOS in Köln-Worringen ist gelöscht. Mit einem massiven Schaumangriff gelang es der Feuerwehr, die Flammen zu ersticken. Dabei wurden bis zu 55.000 Liter Wasser pro Minute zur Bekämpfung des Feuers herangepumpt. Gegen 1.45 Uhr konnte die Einsatzleitung vor Ort Entwarnung geben.

Rund 1.200 Feuerwehrleute der Berufsfeuerwehr Köln, der Freiwilligen Feuerwehr und der umliegenden Berufsfeuerwehren waren im Einsatz. Unterstützt wurden sie von Mitarbeitern des Technischen Hilfswerks, des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter Unfallhilfe, des Malteser Hilfsdienstes und des Arbeiter-Samariter-Bundes.

Seit der Alarmierung der Feuerwehr am Montagnachmittag um 14.45 Uhr wurden sowohl von der Stadt Köln als auch vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz  und der Werkfeuerwehr regelmäßige Schadstoffmessungen durchgeführt, in der Spitze waren bis zu 16 Messfahrzeuge im Einsatz.Zuerst wurde keine erhöhte Schadstoffbelastung festgestellt. Die Messungen werden aber fortgesetzt.

Nach bisherigen Erkenntnissen begaben sich drei Personen wegen Hautreizungen in ärztliche Behandlung. Zwei der Betroffenen, die am Nachmittag vorsorglich in ein Krankernhaus gebracht worden waren, waren dort untersucht worden. Dabei wurden keinerlei Schadstoffe in Urin und Blut festgestellt, Beide konnten noch im Laufe des Abends entlassen werden. Auch die dritte Person, die sich im Bereich Dormagen an einen Hausarzt gewandt hatte,  konnte nach der Untersuchung nach Hause gehen.

Als Brandwache blieben am Einsatzort neben den Kräften der Werkfeuerwehr noch zwei Löschzüge der Berufsfeuerwehr in Bereitschaft. Der erhitzte Tank wurde die ganze Nacht über gekühlt und der Schaumteppich aufrechterhalten.

Die Sperrungen der Autobahn 57 und der S-Bahn-Strecke Köln-Neuss wurden wieder aufgehoben, ebenso die Straßensperrungen im Umfeld des Chemiewerks.

Am Montag waren in dem Chemiebetrieb INEOS in Köln-Worringen eine Ethylenrohrleitung und ein 3.000 Kubikmeter-Tank mit Acrylnitril in Brand geraten. Die Firma INEOS bittet die Anwohner in geschlossenen Räumen zu bleiben und Fenster und Türen geschlossen zu halten, bis der Sirenen-Signalton „Entwarnung“ ,ein lang anhalternder Ton, zu hören ist.
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16:25 Uhr: „Dieser Brand war für uns eine außergewöhnliche Herausforderung“

Köln, 18.03.2008, 16:25 > „Etwa 275 volle Badewannen in der Minute hätten wir mit dem Löschwasser gestern füllen können“, schätzt Stephan Neuhoff, Leiter der Feuerwehr Köln, wie viel Wasser für das Löschen des Großbrands auf dem sechs Quadratkilometer großen Werksgelände vom Chemieunternehmen Ineos notwendig gewesen waren. „Dieser Brand war auch für uns eine außergewöhnliche Herausforderung. Immer wieder schossen bis zu 40 Meter hohe Flammen aus dem Tank in die Höhe.“

Tank wird noch ausgekühlt
Einen Tag nach dem Großbrand hängt noch eine gräuliche Wolkendecke über dem Werksgelände, das im Industriegebiet Chempark angesiedelt ist. Nicht zu übersehen sind  lange, rote Wasserschläuche und in kleinen Gruppen sind noch einige Feuerwehrleute damit beschäftigt, den Tank zum Abkühlen zu bringen. Gestern Nachmittag gegen 14.30 hatte sich eine undichte Ethylenpipeline entzündet und das dort entstandene Feuer griff auf einen Tank über. Zunächst schaffte es die Feuerwehr, den Tank zu kühlen. Nachdem die Leitung von Marl nach Antwerpen umgeleitet worden war, konnte die  Feuerwehr  das verbliebene Ethylen kontrolliert verbrennen lassen. „Wir haben dann gegen 23.30 angefangen, sehr konzentriert Schaum auf das Feuer zu spritzen. Nach 20 Minuten war es gelöscht“, berichtete Neuhoff weiter. Die Einsatzkräfte begannen, sich gegen halb drei Uhr morgens zurückzuziehen. Zur Vorsorge wird der ausgebrannte Tank noch mit Wasser bespritzt, damit er auskühlen kann. Zudem wurde er mit einer Schaumschicht bedeckt, um das Austreten von giftigen Acrylinitrildämpfen zu verhindern.
Etwa 30 Einsatzkräfte von der Berufsfeuerwehr Köln und der Ineos-Werksfeuerwehr sind zurzeit noch im Einsatz.

"Rohr vor einigen Wochen überprüft"
Und auch das Unternehmen Ineos ist dabei, Schutzmaßnahmen zu ergreifen: „Wir pumpen das Acrylinitril ab. Das wird sicher noch einige Stunden in Anspruch nehmen“, erklärte Ineos-Geschäftsführer Patrick Giefers. Nach Angaben des Unternehmens mit 1.700 Mitarbeitern habe niemals eine Bedrohung für die Bevölkerung bestanden. Die Rohrleitung, die zuerst Feuer gefangen hatte, werde alle sechs bis 12 Monate überprüft. „Das letzte Mal war vor einigen Wochen“, sagte Giefers gegenüber report-k.de. Damals seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden, so Ineos-Sprecher Jörg Brückner. Indes konnte der Ineos-Geschäftsführer noch keine Angaben zur Schadenshöhe machen, ebenso sei dierandursache geklärt. Experten sagten, dass das entwichene Acrylinitril und das Ethylen vollständig verbrannt seien.

Feuerwehr informiert Worringer mit Lautsprechern
Inzwischen ist die Feuerwehr in Worringen dazu übergegangen, mit Lautsprechern darauf hinzuweisen, vorsorglich Fenster und Türen weiterhin geschlossen zu halten und auch Klimaanlagen auszuschalten. Messungen hatten heute Morgen ergeben, dass die Schadstoffwerte an drei Stellen in der Nähe des Werks ein wenig über dem Toleranzbereich lagen.
"Wir hoffen, dass wir heute Entwarnung geben können", sagte Stepahn Neuhoff.

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16:31 Uhr: THW mit 11 Ortsverbänden vor Ort
Köln, 18.03.2008, 16:28 > Auch das Technische Hilfswerk war beim gestrigen Einsatz beteiligt. THW-Einsatzkräfte aus dem Ortsverband Köln Nord-West koordinierten vor Ort die Arbeit von mehreren THW-Einheiten beim Aufbau einer Löschwasserversorgung.

Ingesamt unterstützten elf THW-Ortsverbände (Bergheim, Bergisch Gladbach, Bonn, Grevenbroich, Köln Nord-West, Mönchengladbach, Mülheim, Neuss, Siegburg, Solingen und Velbert) mit mehr als 100 Einsatzkräften die Löscharbeiten der Feuerwehr. Neben der Löschwasserversorgung aus dem Rhein mit vier Hochleistungspumpen hatte das THW an verschiedenen Stellen am Unglücksort die Beleuchtung und die Stromversorgung für die eingesetzten Einheiten von Feuerwehr und Rettungsdienst übernommen.

Fünf Kölner THW-Helfer waren mit einem Zugtrupp eingesetzt und koordinierten die Arbeit von mehreren Fachgruppen Wasserversorgung/Pumpen. Außerdem gehörten zwei THW-Fachberater aus dem Ortsverband Köln Nord-West der Gesamteinsatzleitung an.
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18:45 Uhr:  Minister Dr. Ingo Wolf dankt Feuerwehren nach schwerem Einsatz in Köln-Worringen
Innenminister Dr. Ingo Wolf hat heute den fast 700 Kräften von Feuer wehren, Hilfsorganisationen und Technischem Hilfswerk gedankt, die während der letzten beiden Tage in Köln-Worringen eingesetzt waren. Weitere 500 Feuerwehrleute aus dem Umland halfen in den Kölner Feuerwachen.  „Sie haben gemeinsam alles getan, um  einen größeren Schaden zu verhindern“, erklärte Wolf. Nach seiner Ansicht hat dieses Ereignis wieder gezeigt, wie wichtig das  engagierte Zusammenwirken der Kommunen und des Landes für den Feuer- und Katastrophenschutz ist. „Wir sind in Nordrhein-Westfalen gut gerüstet, dürfen aber in unseren Anstrengungen auch in Zukunft nicht nachlassen“, sagte der Innenminister.
 
LANUV-Experten weiterhin vor Ort
Umweltminister Eckhard Uhlenberg dankte den Mitarbeitern des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), die noch in der Nacht erste Messungen der Luft auf Schadstoffe durch geführt hat. Die LANUV-Experten sind weiterhin mit ihrem Sondereinsatzwagen vor Ort und führen Messungen im Wohngebiet durch. Experten zur Sicherheit von Industrieanlagen waren heute Nachmittag bereits auf dem Betriebsgelände und haben sich ein erstes Bild der Lage gemacht. Gemeinsam mit den Fachleuten der Bezirksregierung werden sie in den nächsten Tagen aktiv an der Ursachenanalyse und Aufarbeitung des Falls mitwirken.

18:50 Uhr: Stadt Köln sieht Lage nach Brand in Chemieunternehmen weiter entspannt – Über 120 Messungen innerhalb von 24 Stunden
Die Lage nach dem Brand eines mit Acrylnitril gefüllten Tanks bei dem Chemieunternehmen INEOS in Köln-Worringen hat sich weiter entspannt, so die Auskunft der Sadt Köln.  Nach ganztägigen Messungen mit mehr als 10 Messwagen, werden zur Zeit konstant niedrige Konzentrationen knapp oberhalb der Nachweisgrenze gemessen. Unterhalb der Nachweisgrenze lagen am heutigen Nachmittag die Messdaten aus den Bereichen Roggendorf, Fühlingen, Langel und Blumenberg. Das bestätigen auch die separat durchgeführten Messergebnisse des Landesumweltamtes aus dem Zeitraum 16 Uhr bis 17:20 Uhr. Um die vorsorglichen Warnhinweise eventuell noch an diesem Abend aufheben zu können, wird derzeit der halbstündige Messrhytmus für Worringen weiter verkürzt.

Im Laufe des Tages waren zusätzlich zu den 48 Messergebnissen der Nacht über 80 Messergebnisse mobiler Messstationen ausgewertet worden. Leichte Überschreitungen von Schadstoffwerten waren punktuell am frühen Morgen im engsten Umfeld des Schadensortes aufgetreten. Während des Brandes, der kurz nach Mitternacht gelöscht werden konnte, waren an keiner Messstation erhöhte Werte gemessen worden. Die heute Morgen erstmals festgestellten kleinräumigen Überschreitungen lagen durchgehend im Toleranzbereich. Auffrischende Winde am heutigen Tage sorgten während des Tages für eine weitere Entlastung.

Der Betrieb von Kindergärten, Jugendeinrichtungen und sozialen Einrichtungen konnte aufrechterhalten werden, lediglich die Außenspielflächen wurden vorsorglich gesperrt. Der engere Bereich im Worringer Süd-Westen wurde heute tagsüber für den Durchgangsverkehr gesperrt. Der öffentliche Nahverkehr und der Anwohnerverkehr konnte ungehindert passieren.

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Foto oben: Die Unglücksstelle gegen Mitternacht, dicke schwarze Qualmwolken ziehen in Richtung Köln ab.

INFOBOX: Die Chemischen Stoffe
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Acrylnitril
Bei Acrylnitril handelt es sich um eine klare Flüssigkeit mit stechendem Geruch, die eine wichtige Komponente bei der Herstellung von Kunststoffen, Klebstoffen, Emulgatoren und Lösungsmitteln ist. Für die Herstellung von Acrylsäure, Acrylestern und Acrylamid wird Acrylnitril als Ausgangsstoff benötigt.

Acrylnitril ist leichtentzündlich, giftig und steht im Verdacht, beim Menschen Krebs zu erzeugen. Beim Erhitzen zersetzt es sich und bildet dabei sehr toxische Dämpfe. Dabei besteht immer akute Brand- und Explosionsgefahr.

Acrylnitril und seine Dämpfe wirken als Kontaktgift, was bedeutet, dass neben dem Einatmen bereits der Kontakt mit Haut und Schleimhäuten zu Reizungen und Gesundheitsbeeinträchtigungen führen kann. Insbesondere Schädigungen der Leber und des zentralen Nervensystems sind möglich.

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Ethylen (Ethen)
Ethylen ist ein farbloses, süßlich riechendes Gas. Es ist der einfachste Kohlenwasserstoff und in der chemischen Industrie von großer Bedeutung.
Ethylen ist hochentzündlich und bildet zusammen mit Luft leicht explosive Gemische.

In Deutschland und Teilen der Niederlande besteht ein Ethen-Pipelinesystem zum Transport zwischen den einzelnen Chemiestandorten von Rotterdam über Antwerpen in den Raum Köln und weiter in den Emscher-Lippe-Raum, sowie in das Rhein/Main-Gebiet und nach Ludwigshafen. Für den Menschen ist Ethylen kaum giftig.

Links:
www.gifte.de
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[cw, nh, Quellen: Stadt Köln, THW]