Das Symbolbild zeigt den Kreml in Moskau. | Foto:; via dts nachrichtenagentur

Tallinn | Nach Angaben der Regierung in Estland könnte Russland bereits in naher Zukunft weitere Soldaten in die Ukraine schicken. „Wir haben Hinweise, dass Russland eine neue Mobilisierungswelle vorbereitet, die möglicherweise schon ab dem Frühherbst stattfinden wird“, sagte Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur der „Welt“ (Montagsausgabe).

Forderungen für Ukraine

Darum sei es wichtig, dass der Westen seine Waffenlieferungen unverzüglich verstärkt und die Ausbildung ukrainischer Soldaten fortsetzt. „Die Ukraine braucht dringend mehr und schneller Waffen aus dem Westen: Munition, Luftverteidigung, Raketen und Präzisionswaffen“, sagte Pevkur. Wenn die Ukraine ihren Verteidigungskampf gegen Russland gewinnen soll, brauche das Land mehr Waffen. Hintergrund: Nach Angaben aus Kiew befinden sich derzeit etwa 520.000 russische Soldaten in der Ukraine.

2 Prozent reichten nicht aus

Laut Pevkur ist klar, „dass es schon sehr bald für alle Nato-Länder nicht mehr ausreichen wird, nur zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Verteidigung zu investieren“. Pevkur sagte weiter: „Wenn wir ernst nehmen, was die neuen Nato-Verteidigungspläne von allen Allianz-Mitgliedern verlangen und welche militärischen Fähigkeiten künftig erforderlich sein werden, dann ist das frühere Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das ja aus dem Jahr 2014 stammt, obsolet.“ Das sei die Realität, „ob sie uns passt oder nicht“, so der Minister.

Angriff Russlands?

Zwar bezögen sich die sogenannten Fähigkeitsanforderungen an die Nato-Streitkräfte erst auf die Jahre 2040 oder später, „aber das ist nicht das Wesentliche“. Es müsse jetzt schon investiert werden, um ausreichend Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten zu haben. „Russland wird den Westen angreifen, wenn er sich nicht ausreichend verteidigen kann.“ Laut Pevkur wird Estland ab 2026 etwa vier Prozent der Wirtschaftsleistung in Verteidigung investieren.

Atomwaffen

Skeptisch äußerte sich Pevkur mit Blick auf die Drohungen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, möglicherweise taktische, also kleinere, Atombomben, einzusetzen: „Wir müssen das ernst nehmen. Aber ich sehe keinen einzigen Vorteil, den Putin aus dem Einsatz von taktischen Atomwaffen ziehen könnte.“

Er würde damit nur den Tod von Zehntausenden Menschen riskieren. Damit ließe sich die Moral der Ukrainer nicht brechen. „Und ein russischer Atomwaffeneinsatz wäre nicht nur für viele Nato-Alliierte, sondern auch für zahlreiche Partner von Russland, wie China, eine rote Linie. Die Kosten eines Atomwaffeneinsatzes wären für Putin viel höher als der Nutzen“, erklärte der Minister.